Weitere Verschärfung der Sanktionen gegenüber Russland und Belarus
Die aufgrund des völkerrechtswidrigen Angriffs Russlands auf die Ukraine erlassenen Sanktionen wurden zwischenzeitlich weiter verschärft.
EU-Sanktionen gegen Russland
Auf der Grundlage der Verordnung (EU) 2022/345 vom 1. März 2022, ABl. v. 2.3.2022, Nr. L 63/1) EUR-Lex - 32022R0345 - DE - EUR-Lex (europa.eu) hat die EU ausgewählte russische Banken Bank (Otkritie, Novikombank, Promsvyazbank, Bank Rossiya, Sovcombank, Vnesheconombank (VEB) und VTB Bank) aus dem Zahlungssystem SWIFT ausgeschlossen. Der Ausschluss der russischen Banken vom SWIFT-System ist am 13.3.2022 in Kraft getreten. Ferner ist es zum einen verboten, in Projekte, die aus dem Russian Direct Investment Fund kofinanziert werden, zu investieren, sich an ihnen zu beteiligen oder anderweitig zu ihnen beizutragen; zum anderen auf Euro lautende Banknoten an Russland oder an natürliche oder juristische Personen oder Organisationen in Russland zu verkaufen, zu liefern, zu verbringen oder auszuführen. Darüber hinaus wurden Sanktionen gegen die staatseigenen russischen Medienunternehmen Russia Today und Sputnik wegen der Verbreitung staatlicher Desinformationen verhängt (Verordnung (EU) 2022/350 vom 1. März 2022, ABl. v. 2.3.2022, L65/1) EUR-Lex - 32022R0350 - DE - EUR-Lex (europa.eu).
Mit der Durchführungsverordnung (EU) 2022/396 vom 9. März 2022 (ABl. v. 9.3.2022 Nr. L 80/1) wurde der Anhang I der VO 269/2014 um die 146 Mitglieder des Föderationsrates der Russischen Föderation sowie um 14 weitere Personen erweitert. Ebenfalls am 9. März 2022 (ABl. L 81/1 v. 9.3.2022) wurde die Verordnung (EU) 2022/394 veröffentlicht. Deren Anhang XVI listet Güter und Technologien der Seeschifffahrt (Navigations- und Funkausrüstung) mit oder ohne Ursprung in der EU auf, für die ein Verbot besteht, diese unmittelbar oder mittelbar an Personen, Organisationen und Einrichtungen in Russland, zur Verwendung in Russland oder zum Mitführen an Bord eines Schiffes unter russischer Flagge zu verkaufen, zu liefern, zu verbringen oder auszuführen (Art. 3f VO 833/2014). Verboten sind auch Dienstleistungen im Zusammenhang mit solchen Gütern oder der Bereitstellung, Herstellung, Wartung und Verwendung der Güter oder Technologien für Personen in Russland oder zur Verwendung in Russland. Ausnahmen bestehen für Güter und Technologien für nicht-militärische Endnutzer für humanitäre Zwecke. Die Möglichkeit einer Ausnahmegenehmigung besteht zudem, wenn die Güter oder Technologien oder die damit verbundene technische Hilfe oder Finanzhilfe für die maritime Sicherheit bestimmt sind.
Mit der Durchführungsverordnung (EU) 2022/408 vom 10. März 2022 wurde Anhang I der Verordnung (EU) Nr. 269/2014 um die Listung von weiteren Personen und Organisationen ergänzt (ABl. L 84/2 v. 11.3.2022). Gleichzeitig hat der Rat die Sanktionen gegen diejenigen, die die territoriale Unversehrtheit, Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine untergraben oder bedrohen, um weitere sechs Monate bis zum 15. September 2022 verlängert. Die restriktiven Maßnahmen umfassen Reisebeschränkungen, das Einfrieren von Vermögenswerten sowie das Verbot der Zurverfügungstellung von Geldmitteln oder anderen wirtschaftlichen Ressourcen an die in der Liste aufgeführten Personen und Organisationen.
Am 16. März 2022 ist mit der Verordnung (EU) 2022/428 vom 15. März 2022 (ABl. L 87 I/13 v. 15.3.2022) das nach offizieller Lesart vierte Sanktionspaket in Kraft getreten. Dieses verbietet Investitionen im russischen Energiesektor mit begrenzten Ausnahme für die Kernenergie und den Rücktransport bestimmter Energieerzeugnisse in die EU. Das Verbot neuer Investitionen im russischen Energiesektor erstreckt sich insbesondere auf alle Investitionen, Technologietransfers, technische Hilfe und Finanzdienstleistungen für die Erschließung von Energiequellen und die Energieerzeugung. Zudem soll die Ausfuhr von Anhang II-Gütern (v.a. Rohre) nach Russland künftig verboten statt wie bisher nur genehmigungspflichtig sein; dasselbe gilt für darauf bezogene Dienstleistungen. Es sind aber Ausnahmen vorgesehen, wenn die Lieferungen/Dienstleistungen erforderlich sind für die Beförderung fossiler Brennstoffe aus oder durch Russland in die EU oder zur dringenden Abwendung oder Eindämmung von Ereignissen mit voraussichtlich schwerwiegenden Auswirkungen auf Mensch und Umwelt; zudem gibt es eine Altvertragsregelung für die Erfüllung bereits geschlossener Verträge bis zum 17. September 2022. Darüber hinaus ist es umfassend verboten (unmittelbar oder mittelbar) Geschäfte mit zwölf in Anhang XIX aufgeführten russischenStaatsbetrieben (OPK OBORONPROM, UNITED AIRCRAFT CORPORATION, URALVAGONZAVOD, ROSNEFT, TRANSNEFT, GAZPROM NEFT, ALMAZ-ANTEY, KAMAZ, ROSTEC (RUSSIAN TECHNOLOGIES STATE CORPORATION), JSC PO SEVMASH, SOVCOMFLOT, UNITED SHIPBUILDING CORPORATION) zu tätigen. Das Verbot gilt auch für juristische Personen, Organisationen oder Einrichtungen außerhalb der EU, deren Anteile zu über 50 % (unmittelbar oder mittelbar) von einer dieser gelisteten Organisationen gehalten werden, oder die im Namen oder auf Anweisung der gelisteten Organisationen oder deren mehrheitlich gehaltenen Töchtern handeln. Bereits geschlossene Verträge dürfen bis zum 15. Mai 2022 erfüllt werden; zudem sind Ausnahmen von dem Verbot für Transaktionen vorgesehen, die für den Kauf, die Einfuhr oder die Beförderung von fossilen Brennstoffen und bestimmten Metallen aus oder durch Russland in die EU unbedingt erforderlich sind. Ferner dürfen bestimmte, in Anhang XVII der VO 833/2014 aufgeführte Eisen- und Stahlerzeugnisse mit Ursprung in Russland oder aus Russland nicht mehr in die EU eingeführt werden. Ebenso wurde die Ausfuhr von in Anhang XVIII aufgelisteten Luxusgütern mit einem Wert von je grundsätzlich über EUR 300,- nach Russland beschränkt. Dabei handelt es um ein breites Spektrum an Gütern von Golfschlägern über Armbanduhren mit einem Wert über EUR 750,00 bis hin zu Fahrzeugen mit einem Wert von über EUR 50.000,-. Ferner wird die Bewertung Russlands und russischer Unternehmen durch EU-Rating-Agenturen und die Erbringung von Rating-Dienstleistungen für russische Kunden verboten. Des Weiteren wurde mit der Durchführungsverordnung (EU) 2022/427 vom 15. März 2022 (ABl. L 87 I/1) die Liste der sanktionierten Personen und Einrichtungen in der Verordnung (EU) Nr. 269/2014 um weitere Oligarchen und Wirtschaftseliten mit Verbindungen zum Kreml sowie um Unternehmen aus dem Militär- und Verteidigungsbereich erweitert, die die Invasion in die Ukraine logistisch und materiell unterstützen, sowie um weitere Akteure, die in der Desinformation tätig sind.
Ebenfalls am 15. März 2022 hat sich die EU zusammen mit anderen Mitgliedern der Welthandelsorganisation (WTO) darauf geeinigt, russischen Produkten und Dienstleistungen den Meistbegünstigungsstatus auf den EU-Märkten zu verweigern. Dieser Schritt war von den G7-Staaten (Deutschland, Frankreich, Italien, Japan, Kanada, Vereinigtes Königreich, Vereinigte Staaten) am 11. März 2022 bereits angekündigt worden. Die sogenannte Meistbegünstigung ist ein zentrales Prinzip der WTO und besagt im Wesentlichen, dass einem Land dieselben Handelsvergünstigungen gewährt werden wie auch anderen Handelspartnern. Russland den Status der Meistbegünstigung zu entziehen, ermöglicht es den Handelspartnern, gegen Russland höhere Zölle zu verhängen. Möglich ist dies unter Berufung auf die Ausnahme der nationalen Sicherheit, nach der die WTO-Mitglieder Maßnahmen treffen können, die „nach ihrer Auffassung zum Schutz ihrer wesentlichen Sicherheitsinteressen notwendig“ sind, etwa „in Kriegszeiten oder bei sonstigen ernsten Krisen in den internationalen Beziehungen“.
EU-Sanktionen gegen Belarus
Mit der Verordnung (EU) 2022/398 vom 9. März 2022 (ABl. L 82/1 vom 9.3.2022) wurden zudem die Sanktionen gegen Belarus nochmals deutlich ausgeweitet (SWIFT-Ausschluss bestimmter Banken; Transaktionsverbot mit der belarussischen Zentralbank; Verbot des Börsenhandels mit belarussischen staatlichen oder teilstaatlichen juristischen Personen; Bereitstellungverbot in Bezug auf öffentliche Finanzmittel oder Finanzhilfen für den Handel mit Belarus oder Investitionen in Belarus; Verbot, von belarussischen Staatsangehörigen oder in Belarus ansässigen natürlichen Personen oder von in Belarus niedergelassenen juristischen Personen, Einlagen entgegenzunehmen, wenn der Gesamtwert der Einlagen pro Kreditinstitut 100.000 Euro übersteigt; Verbot des Führens von Konten belarussischer Kunden durch die Zentralverwahrer der EU sowie Verbot des Verkaufs von auf Euro laufenden Wertpapieren an belarussische Kunden; Verbot des Exports oder der Bereitstellung von Euro-Banknoten).
Weitere Sanktionen der USA gegen Russland
Auch die USA haben weitere Sanktionen erlassen. Mit der Executive Order 14066 vom 8. März 2022 haben die USA insbesondere die Einfuhr von russischem Öl, Flüssigerdgas und Kohle in die USA sowie Investitionen durch US-Investoren in den russischen Energiesektor verboten. Die USA haben mit der Executive Order (EU) vom 8. März 2022 ein Importverbot im Energiesektor verhängt, das Rohöl, Petroleum, Petroleumbrennstoffe und Öle einschließlich Destillationsprodukte sowie Flüssigerdgas, Kohle und Kohleprodukte mit Ursprung in Russland betrifft. Erfasst sind darüber hinaus neue Investitionen im Energiesektor in Russland durch U.S.-Personen. Schließlich wurden auch Genehmigungen, Finanzierungen, Erleichterungen oder Garantien von Transaktionen einer ausländischen Person durch eine U.S.-Person verboten, wenn die Transaktion nach den Vorschriften der EU verboten wäre, wenn sie durch eine U.S.-Person oder innerhalb der USA durchgeführt würde. Nach der General License No. 16 vom 8. März 2022 können die mit der EO vom 8. März 2022 verbotenen Importe noch bis zum 22. April 2022 00:01 Uhr Eastern Daylight Time eingeführt werden, wenn die Verträge oder Vereinbarungen vor dem 8. März 2022 schriftlich geschlossen wurden ebenso wie Neuinvestitionen, die geschäftsüblich sind und für den Import der genannten Produkte erforderlich sind.
Die „Executive Order on Prohibiting Certain Imports, Exports, and New Investment with Respect to Continued Russian Federation Aggression“ (Executive Order 14068) vom 11. März 2022 verbietet unter anderem die Einfuhr von Fisch, von Meeresfrüchten, von alkoholischen Getränken und von Rohdiamanten mit russischem Ursprung sowie die Ausfuhr, die Wiederausfuhr, den Verkauf oder die Lieferung von Luxusgütern nach Russland.
Da sich der Umfang der Sanktionen täglich ändern kann, gilt es, diese weiter aufmerksam zu beobachten. Unternehmen müssen sich darauf einstellen, unter Umständen auch sehr kurzfristig auf sich ändernde Sanktionsregime reagieren zu können.