April 2020 Blog

Corona be­schleu­nigt AWG-Novelle – Strenge Prü­fung aus­län­disch­er Inves­ti­tio­nen

Im Lichte der Corona-Krise hat das Deutsche Bundeskabinett am Mittwoch, dem 8. April 2020, früher als ursprünglich geplant einen Gesetzesentwurf zur Novellierung des Außenwirtschaftsgesetzes (AWG) beschlossen und damit den Weg für das parlamentarische Verfahren freigemacht. Ausländische Direktinvestitionen sollen dadurch strenger und effektiver überprüft werden.

Anpassung an EU-Screening-Verordnung

Die geplante Novelle passt die Regelungen des AWG insbesondere an die im April 2019 in Kraft getretene Verordnung (EU) 2019/452 zur Schaffung eines Rahmens für die Überprüfung ausländischer Direktinvestitionen in der Union (sog. EU-Screening-Verordnung) an, die erstmals auf europäischer Ebene Vorgaben zur Investitionsprüfung macht. Konkret wird nach dem Entwurf der Novelle bei ausländischen Investitionen künftig geprüft, ob die öffentliche Ordnung oder Sicherheit „voraussichtlich beeinträchtigt“ ist, statt wie bislang eine „tatsächliche und hinreichend schwere Gefährdung“ vorauszusetzen. Mit dem Maßstab der „voraussichtlichen Beeinträchtigung“ der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit würden die Prüfungsbefugnisse der Bundesregierung im Hinblick auf kritische Unternehmenserwerbe erweitert. Dies dürfte zugleich zu einem erhöhten Melde- und Prüfaufkommen führen. Auch die wirtschaftliche Due-Diligence dürfte dadurch aufwändiger werden. Neben den Auswirkungen eines Erwerbs in Deutschland sollen künftig auch Auswirkungen auf andere EU-Mitgliedstaaten sowie auf EU-Programme und  Projekte stärker in den Fokus der Prüfung rücken.

Erwerb während Prüfung „schwebend unwirksam“

Darüber hinaus wird nach dem vorgelegten Entwurf zukünftig jedes meldepflichtige Erwerbsgeschäft für die Dauer der Prüfung schwebend unwirksam sein. Die neu eingeführten strafbewehrten Handlungsverbote verhindern, dass die Erwerbsbeteiligten durch einen faktischen Vollzug des Erwerbs während der laufenden Prüfung vollendete Tatsachen schaffen und damit die Ziele der Investitionsprüfung unterlaufen. Bisher ist dies nur in einigen wenigen Fallkonstellationen, etwa im Rüstungssektor, der Fall. Eine Regelungs- und Verfolgungslücke würde damit geschlossen. Nach Auffassung des Bundeskabinetts haben gerade die vergangenen Wochen (Stichwort: Corona-Krise) gezeigt, dass die Versorgung der deutschen Bevölkerung mit lebenswichtigen Gütern wie z.B. medizinischer Ausrüstung und Impfstoffen manchmal von einem einzigen Unternehmen abhängen kann. Abflüsse von Gütern, einschließlich Technologie, die gravierende Folgen für die öffentliche Ordnung und Sicherheit Deutschlands haben könnten, sollen daher künftig besser verhindert werden können.

Weitere Anpassungen

Zudem sieht der Entwurf vor, dass im Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie (BMWi) eine „Nationale Kontaktstelle“ für den durch die EU-Screening-Verordnung geschaffenen Kooperationsmechanismus eingerichtet werden soll. Der europaweite Austausch von Informationen und die koordinierte Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten und der Europäischen Kommission sollen die Transparenz erhöhen und einen besseren Schutz vor kritischen Firmenübernahmen gewährleisten. Daneben passt die Novelle das Außenwirtschaftsgesetz an die neunummerierte EU-Anti-Folter-Verordnung an und integriert die bislang im Satellitendatensicherheitsgesetz geregelte Erwerbsprüfung für Betreiber von Erdfernerkundungssystemen in die Investitionsprüfung nach Außenwirtschaftsgesetz und Außenwirtschaftsverordnung.

Ausblick

Die Novellierung des AWG ist der erste Schritt zur Verschärfung des deutschen Investitionsprüfungsrechts. Das BMWi plant darüber hinaus, in Kürze ergänzende Vorschläge zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung vorzulegen. Der aktuelle Gesetzesentwurf kann auf der Webseite des BMWi eingesehen werden. Zu diesem kann nun zunächst der Bundesrat Stellung nehmen, bevor der Entwurf dem Bundestag zugeleitet wird.

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Marian Niestedt, Rechtsanwalt
Nina Kunigk, Rechtsanwältin
beide Hamburg

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