Update Wasserstoff 02/2024
++ Kraftwerksstrategie: weniger Gebühren und Abgaben geplant++ Einigung auf Kraftwerksstrategie – Ausschreibung von 10 GW wasserstofffähigen Gaskraftwerken++ Marktabfrage Wasserstoff für integrierte Netzplanung++ EnWG-Änderung für eine Netzentwicklungsplanung für Wasserstoff++ Forschungsprojekt „PORTAL GREEN II“ |
Umlagen, Abgaben, Steuern und Entgelte bei dem Strombezug für die Wasserstofferzeugung in Elektrolyseuren
Nachdem die „Kraftwerksstrategie“ der Bundesregierung auch eine Erleichterung bei den Abgaben und Gebühren für den zur Elektrolyse benötigten Strom vorsieht (siehe hierzu den Beitrag oben), sollen nachfolgend die derzeit bestehenden Umlagen, Abgaben, Steuern und Entgelte dargestellt werden, die den Strombezug für die Wasserstofferzeugung in Elektrolyseuren verteuern. Nicht aus dem Blick geraten darf dabei aber, dass der Gesetzgeber gleichzeitig bestimmte Ausnahmetatbestände geschaffen hat.
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Einigung auf Kraftwerksstrategie – Ausschreibung von 10 GW wasserstofffähigen Gaskraftwerke
Die Bundesregierung hat sich am 5. Februar 2024 auf eine „Kraftwerksstrategie“ geeinigt. Das Konzept umfasst insbesondere die Ausschreibung von Kapazitäten zur Errichtung wasserstofffähiger Gaskraftwerke, die zunächst übergangsweise mit Erdgas, im Anschluss ausschließlich mit Wasserstoff betrieben werden sollen. Der Zeitpunkt der Umstellung soll abhängig von den Entwicklungen des Netzausbaus, Energiebedarfs und Wasserstoffhochlaufs zwischen den Jahren 2035 und 2040 liegen; eine genaue Terminbestimmung ist im Jahre 2032 anberaumt.
Der Bau von bis zu zehn Gigawatt an wasserstofffähigen Gaskraftwerken, die an nicht näher bezeichneten „systemdienlichen Standorten“ errichtet werden sollen, soll zeitnah realisiert werden. Die Investitionen sollen mit Fördergeldern aus dem Klima- und Transformationsfonds unterstützt werden. Wie diese Fördergelder (geschätzte 15 bis 20 Mrd. EUR in den kommenden 15 Jahren) finanziert werden sollen und, ob die EU-Kommission diese für beihilferechtlich zulässig erachtet, muss allerdings noch geklärt werden. Für die Kapazitäten sind vier stufenweise Ausschreibungen zu je 2,5 Gigawatt (GW) vorgesehen. Kraftwerke, die ausschließlich mit Wasserstoff betrieben werden können, sollen bis zu 500 MW im Rahmen der Energieforschung gefördert werden. Damit bleibt die Bundesregierung hinter dem im August 2023 vorgestellten Rahmenkonzept zur Kraftwerksstrategie zurück, das eine Ausschreibung von 8,8 Gigawatt an reinen Wasserstoffkraftwerken sowie bis zu 15 Gigawatt an Transformationskraftwerken vorsah.
Die Einigung sieht zudem vor, den Ausbau der Wasserstoffwirtschaft durch den Abbau regulatorischer Hindernisse für die Errichtung und den Betrieb von Elektrolyseuren voranzutreiben. Konkret bedeutet das, dass bestehende Hemmnisse für die Errichtung und den Betrieb von Elektrolyseuren ohne Einschränkung abgebaut und alle Möglichkeiten genutzt werden sollen, um insbesondere den Zubau von Elektrolyseuren zu beschleunigen, die systemdienlich betrieben werden sollen. Es soll darüber hinaus keine Doppelbelastungen von Abgaben und Gebühren auf Strom zur Speicherung und Elektrolyse geben, so dass es marktliche und systemdienliche Anreize gibt, Wasserstoff zu produzieren. Die Nutzung von Überschussstrom soll uneingeschränkt ermöglicht werden; alle bestehenden regulatorischen Hürden sollen so weit wie möglich abgebaut werden. Auch die Planungs- und Genehmigungsverfahren für die in der Kraftwerksstrategie enthaltenen Kraftwerke sollen substanziell beschleunigt werden. Konkrete Gesetzesentwürfe, wie diese Pläne konkret umgesetzt werden sollen, liegen allerdings noch nicht vor.
Hintergrund der Einigung stellt das gesetzlich in § 1 Abs. 2 EEG 2023 verankerte Ziel dar, den Anteil des aus erneuerbaren Energien erzeugten Stroms am Bruttostromverbrauch bis zum Jahr 2030 auf mindestens 80 Prozent zu steigern. Die klimaneutrale Stromgewinnung soll zukünftig primär aus den Quellen Wind- und Sonnenenergie erfolgen. Um eine Stromversorgung auch in Zeiträumen geringer Wind- und Sonneneinwirkungen („Dunkelflauten“) gewährleisten zu können, beabsichtigt die Regierung den ergänzenden Zubau der „H2-ready-Kraftwerke“.
Nun wird die Einigung zur Kraftwerksstrategie mit der EU-Kommission in Brüssel beraten und anschließend mit der Öffentlichkeit konsultiert; es ist eine beihilfenrechtliche Genehmigung der EU-Kommission erforderlich. Die Regelungen zur Umsetzung der Kraftwerksstrategie werden zeitnah erwartet. Sie sollen spätestens im Sommer verabschiedet werden und Investitionssicherheit für die Energiebranche bieten.
Marktabfrage Wasserstoff für integrierte Netzplanung
Am 7. Februar 2024 haben die Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB) und die Fernleitungsnetzbetreiber (FNB) erstmals eine gemeinsame Marktabfrage der Infrastrukturbedarfe für Strom und Wasserstoff gestartet. Hierzu haben die ÜNB und FNB eine Plattform entwickelt, über die bis zum 22. März 2024 Bedarfe mitgeteilt werden können https://infrastrukturbedarf-abfrage-nep.de/.
Die Abfrage erfolgt in Vorbereitung auf die von den ÜNB und FBG nach dem EnWG regelmäßig zu erstellenden Netzentwicklungspläne für Strom sowie für Gas und Wasserstoff. Als Grundlage für die Erstellung dieser Netzentwicklungspläne haben die ÜNB und FNB Szenariorahmen zu erstellen, in denen konkrete Bedarfe sowie energie- und klimapolitische Zielsetzungen zu berücksichtigen sind. Die Ergebnisse der jetzt gestarteten Marktabfrage sollen in den Szenariorahmen 2024 Berücksichtigung finden, weshalb die abgefragten Daten bis spätestens 22. März 2024 mitzuteilen sind.
Abgefragt werden Informationen einerseits zur zukünftigen Wasserstofferzeugung, -speicherung und -verwendung und andererseits zum Stromverbrauch von Großverbrauchern einzelner Marktteilnehmer (Betriebe mit einer künftigen Anschlussleistung von mindesteins 10 MW) sowie Verteilnetzbetreibern. Zwar ist die Teilnahme an der Abfrage freiwillig, aber sowohl von den ÜNB und FNB als auch von der BNetzA wird für eine rege Teilnahme geworben, um die Netzentwicklungsplanung zu verbessern.
Detaillierte Informationen zur Teilnahme an der Marktabfrage sind hier zur Verfügung gestellt https://infrastrukturbedarf-abfrage-nep.de/#FAQ . Darüber hinaus bieten die ÜNB und FNB am 14. Februar 2024 ein öffentliches Webinar zur Beantwortung von Fragen der Marktteilnehmer und VNB an, zu dem man sich über die Abfrageplattform anmelden kann.
EnWG-Änderung für eine Netzentwicklungsplanung für Wasserstoff
Mit dem Entwurf eines „Dritten Gesetzes zur Änderung des Energiewirtschaftsgesetzes“ (BT-Drs. 20/10014) soll – aufbauend auf der geplanten Schaffung eines Wasserstoff-Kernnetzes als erste Stufe – eine Netzentwicklungsplanung für ein flächendeckendes, vermaschtes Wasserstoffnetz eingeführt werden. Nach der ersten Beratung im Bundestag am 18. Januar 2024 wird das Gesetz aktuell in den Ausschüssen beraten.
Nachdem bereits Regelungen zur Errichtung eines Wasserstoff-Kernnetzes in das EnWG implementiert worden sind, stellen die neuen §§ 15a bis 15f EnWG-E (EnWG-Entwurf) Vorschriften zum Aufbau eines darüberhinausgehenden flächendeckenden und ineinandergreifenden Wasserstoffnetzes dar. Damit soll eine fortlaufende Netzentwicklungsplanung für Wasserstoff und Gas ab dem Jahr 2025 im EnWG etabliert und der notwendige rechtliche und regulatorische Rahmen gesetzt werden. Die gesetzliche Grundlage der bisherigen isolierten Netzentwicklungsplanung der Fernleitungsnetzbetreiber für Erdgas (§ 15a EnWG) soll aufgehoben und durch die entsprechenden Regelungen ersetzt werden. Gleichzeitig soll die Erstellung des Netzentwicklungsplans Gas und Wasserstoff mit dem Netzentwicklungsplan Strom zeitlich vereinheitlicht werden.
Für den Ausbau des Wasserstoffnetzes soll ab dem Jahr 2025 alle zwei Jahre ein „Netzentwicklungsplan Gas und Wasserstoff“ erstellt werden, § 15a Abs. 1 EnWG-E. Die Netzentwicklungsplanung richtet sich an den Bedarfen der verschiedenen deutschen Regionen sowie den klima- und energiepolitischen Zielen der Bundesregierung aus. Zudem sind Auswirkungen auf die Versorgungssicherheit, die Festlegungen der Systementwicklungsstrategie des BMWK sowie lokale oder regionale Wärmepläne angemessen zu berücksichtigen. Die Netzentwicklungsplanung für Gas und Wasserstoff soll ebenso wie die Netzentwicklungsplanung Strom grob in zwei Schritten erfolgen: Erst soll der Szenariorahmen gemäß § 15b EnWG-E erstellt werden, anschließend auf dieser Grundlage der Netzentwicklungsplan Gas und Wasserstoff gemäß § 15c EnWG-E. Nach einer Öffentlichkeitsbeteiligung und Prüfung bestätigt die Regulierungsbehörde den Netzentwicklungsplan.
Es soll zudem durch die Fernleitungsnetzbetreiber und die regulierten Betreiber von Wasserstofftransportnetzen bis zum 31. Mai 2024 eine gemeinsame Koordinierungsstelle eingerichtet werden, welche den Vorgang unterstützend begleitet, unter anderem indem sie eine Datenbank mit den für die Erstellung des Netzentwicklungsplans relevanten Daten erstellt. Zudem legt die Koordinierungsstelle den Szenariorahmen und den Netzentwicklungsplan Gas und Wasserstoff der Regulierungsbehörde vor und fungiert damit als zentrale Schnittstelle zwischen der Regulierungsbehörde und den betroffenen Netzbetreibern, vgl. § 15a Abs. 2 EnWG-E.
Forschungsprojekt „PORTAL GREEN II“
Leitfäden für den Bau, den Betrieb und die Genehmigung von Wasserstoff-Netzinfrastrukturen
Wir freuen uns, das Forschungsprojekt „PORTAL GREEN II“ zu unterstützen. Corinna Lindau und Saskia Soravia werden in einem Workshop am 28. Februar in Bonn über ihre Erfahrungen bei der Genehmigung für den Neubau von Wasserstoff-Netzinfrastrukturen berichten.
Der Aufbau einer Wasserstoffinfrastruktur wird derzeit in Deutschland mit großen Schritten vorangetrieben, insbesondere durch die Fortschreibung der nationalen Wasserstoffstrategie und den Beschluss der EnWG-Novelle. In der Praxis fehlen Netzbetreibern bislang jedoch praktische Erfahrungen als auch etablierte Vorgehensweisen bezüglich der dafür erforderlichen Genehmigungsverfahren. Planer, Betreiber und Behörden sehen daher einen großen Klärungsbedarf, sowohl was die Neuerrichtung als auch die Umstellung bestehender Erdgasnetze betrifft. Darüber hinaus lässt sich insbesondere auch aufgrund der sehr dynamischen Entwicklungen im Wasserstoff-Sektor der Wissenstransfer zu bereits durchgeführten grundlegenden Untersuchungen zwischen den Netzbetreibern noch weiter ausbauen.
PORTAL GREEN II leistet zu all diesen Fragestellungen einen Beitrag durch die Entwicklung von Leitfäden durch die Konsortialpartner DBI Gas- und Umwelttechnik GmbH, Deutscher Verein des Gas- und Wasserfaches e.V. (DVGW) und der Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit gGmbH (GRS). Darin werden zum einen die genehmigungsrechtlichen Abläufe und Anforderungen beschrieben. Zum anderen bringen sie technische Erkenntnisse für den Aufbau einer Wasserstoff-Infrastruktur in die breite Praxis. Bei der Erstellung der Leitfäden werden die Stakeholder aus der Praxis in wiederkehrenden Abständen mit Hilfe von Workshops und Umfragen einbezogen, um die Leitfäden möglichst praxisnah zu gestalten.
Die ersten Workshops zur Entwicklung eines genehmigungsrechtlichen und technischen Leitfadens für den Aufbau eines Wasserstoffnetzes finden am 28. und 29.02.2024 in Bonn statt. Am ersten Tag werden das Projekt sowie der aktuelle Stand der Arbeiten am genehmigungsrechtlichen Leitfaden vorgestellt. U.a. werden Corinna Lindau und Saskia Soravia (Graf von Westphalen) über Erfahrungen bei der Genehmigung für den Neubau von Wasserstoffleitungen berichten. Am zweiten Tag werden der Status der Arbeiten am technischen Leitfaden sowie die ersten Ergebnisse einer Umfrage vorgestellt, die bei Verteilnetzbetreibern zu ihren bisherigen Erfahrungen, Fragen und Untersuchungen zur Umstellung ihrer Gasnetze durchgeführt wurde. Darüber hinaus wird u.a. Niklas Zigelli (THÜGA) über praktische Erfahrungen bei der Umstellung von Erdgasleitungen auf Wasserstoff im Rahmen des Projekts H2Direkt berichten.
Im Vorgängerprojekt PORTAL GREEN wurden ein genehmigungsrechtlicher und ein technischer Leitfaden für die Errichtung und den Betrieb von Power-to-Gas-Anlagen erstellt und veröffentlicht.
Projektlaufzeit: 01.2023 - 12.2025
Weitere Informationen zu PORTAL GREEN II: DVGW e.V.: PORTAL GREEN II
Weitere Informationen zu PORTAL GREEN: DVGW e.V.: G 201735 Portal Green
Eine Anmeldung zum Workshop ist bis 15.02.24 hier möglich: Portal Green II | GRS gGmbH
(Gastbeitrag von Josephine Glandien, DBI)