Update Lebensmittel- und Futtermittelrecht 02/2024
Das Wichtigste in Kürze:++ OVG Bautzen: Anforderung zur Widerlegung der Chargenvermutung++ EuG: "Halloumi" bleibt weiterhin als Ursprungsbezeichnung geschützt++ BVerwG: umfassende Meldepflicht der Laborverantwortlichen nach § 44 Abs. 4a LFGB++ VGH Mannheim: Hygienepranger - Veröffentlichung nach § 40 Abs. 1a LFGB++ LG Hamburg: Geringere Füllmenge bei gleicher Packungsgröße++ LG Bochum: (kein) Müsli gegen Müdigkeit++ Regulatorische Entwicklung: Vorschlag einer Richtlinie über Umweltaussagen |
Anforderungen an die Chargenvermutung
Nachdem die Anforderungen an eine „eingehende Prüfung“ zur Widerlegbarkeit der sogenannten Chargenvermutung im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 bisher nur in sehr wenigen gerichtlichen Entscheidungen konkretisiert wurden, hat sich nun erstmalig auch das Sächsische Oberverwaltungsgericht in einem Beschluss vom 05.10.2023 vertieft mit den rechtlichen Kriterien der widerlegbaren Vermutung auseinandergesetzt.
weitere Entscheidungen
EuG: "Halloumi" bleibt weiterhin als Ursprungsbezeichnung geschützt
Das EuG, Rs. T-361/21 - Papouis Dairies u.a./Kommission -, hat eine Klage gegen die Eintragung des Namens "Halloumi", einem zyprischen Käse, als geschützte Ursprungsbezeichnung abgewiesen. Die EU-Kommission muss bei der Prüfung, ob die Eintragung als g. U. im Einklang mit dem Unionsrecht steht, nicht untersuchen, ob das im Antrag auf Eintragung beschriebene Verfahren zur Gewinnung des Erzeugnisses einem bereits bestehenden nationalen Erzeugungsstandard entspricht. Die Nichtigerklärung eines von den Behörden des betreffenden Mitgliedstaats im Rahmen der nationalen Phase des Eintragungsverfahrens erlassenen Rechtsakts durch ein nationales Gericht verpflichtet nach der Eintragung des Namens zwar die Kommission, die Konsequenzen zu bestimmen, die aus einer derartigen gerichtlichen Nichtigerklärung zu ziehen sind, jedoch führt dies nicht von Rechts wegen zur Nichtigkeit des Eintragungsaktes der Kommission.
BVerwG: umfassende Meldepflicht der Laborverantwortlichen nach § 44 Abs. 4a LFGB
Das BVerwG bestätigte mit Urteil vom 14.12.2023 - BVerwG 3 C 7.22 die Urteile der Vorinstanzen und stellte klar, dass ein Laborverantwortlicher nach § 44 Abs. 4a Satz 1 LFGB Grund zu der Annahme hat, dass ein Lebensmittel einem Verkehrsverbot nach Art. 14 Abs. 1 Verordnung (EG) Nr. 178/2002 unterliegen würde, wenn sich aus dem Ergebnis der von dem Labor durchgeführten Analyse und gegebenenfalls weiteren Umständen ergibt, dass es voraussichtlich nicht den Anforderungen an die Lebensmittelsicherheit entspricht; unter dieser Voraussetzung hat er die zuständige Behörde auch dann u.a. von dem Ergebnis der Analyse und deren Auftraggeber zu unterrichten, wenn das Labor die Analyse im Rahmen einer sogenannten Freigabeuntersuchung durchgeführt hat, d.h. wenn der auftraggebende Lebensmittelunternehmer das Inverkehrbringen des Lebensmittels von einer beanstandungsfreien Analyse abhängig gemacht bzw. dem Labor erklärt hat, das Lebensmittel in dem unsicheren Zustand nicht in den Verkehr zu bringen.
VGH Mannheim: Hygienepranger - Veröffentlichung nach § 40 Abs. 1a LFGB
In einem Produktionsraum, in dem Vesperbrötchen und Laugenbrezeln hergestellt wurden, lief eine Maus an Gärkörben entlang. Zudem befand sich an den äußeren Seitenflächen mehrerer dieser Gärkörbe Mäusekot. Die Behörde beabsichtigte eine Veröffentlichung wegen des Inverkehrbringens zum Verzehr ungeeigneter Lebensmittel i.S.v. Art. 14 Abs. 2 lit. b), Abs. 5 Verordnung (EG) Nr. 178/2002. Der VGH Mannheim hat mit Beschluss vom 01.02.2024 – 9 S 1954/23 die Veröffentlichung zu Recht untersagt. In Fällen, in denen stoffliche Veränderungen bzw. Beeinträchtigungen nicht im Raume stehen, sondern die allein Ekel und Widerwillen bei Verbrauchern auslösen können, dürften grundsätzlich nicht unter die Vorschrift des Art. 14 Abs. 1, Abs. 2 lit. b) Verordnung (EG) Nr. 178/2002 fallen.
LG Hamburg: Geringere Füllmenge bei gleicher Packungsgröße
Eine Reduzierung der Füllmenge von 500 auf 400 Gramm Streichfett pro Becher stellt nach Ansicht des LG Hamburg, Urteil vom 13.02.2024 – 406 HKO 121/122, eine wettbewerbsrechtlich unzulässige Irreführung dar, wenn die Verpackung (ohne deutlich sichtbaren, aufklärenden Hinweis über die geänderte Füllmenge) unverändert bleibt. Die auf der Produktseite angegebene Füllmenge werde dem Durchschnittsverbraucher vielfach entgehen. Er werde aufgrund des übereinstimmenden Erscheinungsbildes der Verpackungen (jedenfalls für einen Übergangszeitraum von 3 Monaten) davon ausgehen, ein auch hinsichtlich der Füllmenge unverändertes Produkt zu erwerben.
LG Bochum: (kein) Müsli gegen Müdigkeit
Nach Ansicht des LG Bochum, Urteil vom 06.12.2023 – I-13 O 51/23, stellt die Auslobung „Dieses Vitalis Müsli enthält Magnesium, das zur Verringerung von Müdigkeit und Ermüdung beiträgt“ eine unzulässige nährwertbezogene Angabe dar, wenn die Menge des Müslis, dessen Verzehr vernünftiger Weise erwartet werden kann, nicht 15% der Referenzmenge an Magnesium enthält.
Regulatorische Entwicklung: Vorschlag einer Richtlinie über Umweltaussagen
Das Europäische Parlament verabschiedete eine legislative Entschließung über den Vorschlag einer Richtlinie über Umweltaussagen. Mit einer Verabschiedung der Richtlinie dürfte jedoch erst in der nächsten Legislaturperiode zu rechnen sein, da sich die Mitgliedstaaten im Europäischen Rat noch nicht abschließend positioniert haben.