Die zeitliche Grenze des Verzichts auf die Umsatzsteuerbefreiung bei Grundstückskaufverträgen
Ende vergangenen Jahres hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden, dass der Verzicht auf die Umsatzsteuerbefreiung bei der Lieferung von Grundstücken letztmalig im notariellen Kaufvertrag erklärt werden kann. Wird die sogenannte Umsatzsteueroption erst in einer Vertragsergänzung oder -änderung ausgeübt, besteht künftig das Risiko einer Berichtigung der Vorsteuerbeträge des Verkäufers durch die Finanzverwaltung.
Keine Erklärung der Option im Grundstückskaufvertrag
Der Kläger hatte ein von ihm umsatzsteuerpflichtig verpachtetes Grundstück mit notariellem Kaufvertrag an seine Ehefrau veräußert, ohne dabei im notariellen Vertrag den Verzicht auf die Umsatzsteuerbefreiung zu erklären. Da nach Auffassung des Finanzamtes keine nicht steuerbare Geschäftsveräußerung im Ganzen vorlag, änderte das Finanzamt die Umsatzsteuerfestsetzung und berichtigte den Vorsteuerabzug zu Lasten des Klägers. Noch während des Verfahrens änderte der Kläger auf Anregung des Finanzgerichts hin den ursprünglichen Kaufvertrag über das Grundstück mit notariell beurkundeter (Neu-)Fassung dahingehend, dass der Verkäufer auf die Umsatzsteuerfreiheit verzichtete (Umsatzsteueroption). Die Klage des Verkäufers vor dem Finanzgericht hatte daraufhin Erfolg.
Entscheidung des Bundesfinanzhofs
Im Revisionsverfahren entschied der BFH mit Verweis auf den Gesetzeswortlaut, dass die Vorsteuerberichtigung zu Lasten des Klägers durch das FA zu Recht erfolgt war. Der Kläger habe das von ihm umsatzsteuerpflichtig verpachtete Grundstück umsatzsteuerfrei an seine Frau geliefert, da er nicht den Anforderungen des Umsatzsteuergesetzes entsprechend auf die Umsatzsteuerbefreiung verzichtet hat. Nach dem Gesetzeswortlaut könne der Verzicht nur in dem nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch notariell zu beurkundenden Vertrag erklärt werden. Damit sei der Vertrag gemeint, durch den sich ein Teil verpflichtet, das Eigentum an einem Grundstück zu übertragen oder zu erwerben. Der Wortlaut des § 9 Abs. 3 Satz 2 UStG schließe eine Erklärung in einer nachfolgenden Neufassung dieses Vertrages aus. Das gelte auch, wenn die Neufassung gleichfalls notariell beurkundet wird.
Praxishinweis
Das Urteil des BFH steht im Widerspruch zur Verwaltungsmeinung. Nach Auffassung des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) kann ein Verzicht noch in einer notariell zu beurkundenden Vertragsergänzung oder -änderung erklärt werden (vgl. BMF v. 31. März 2004). Das Urteil vom 21. Oktober 2015 wurde bislang nicht in den Bundessteuerblättern veröffentlicht, was dahingehend gedeutet werden kann, dass die im Urteil vom BFH vertretene Rechtsauffassung zur zeitlichen Grenze der Verzichtserklärung nicht von der Finanzverwaltung geteilt wird. Dennoch wird in der Praxis nunmehr zwingend sichergestellt werden müssen, dass die Erklärung über den Verzicht auf die Umsatzsteuer bereits im notariellen Kaufvertrag wirksam abgegeben wird. Anderenfalls besteht das Risiko einer Berichtigung der Vorsteuerbeträge des Verkäufers durch die Finanzverwaltung.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 21. Oktober 2015 – XI R 40/13
Lars-Olaf Leskovar, LL.M., Rechtsanwalt
Frankfurt