März 2024 Blog

Einstweiliger Rechtsschutz gegen unrichtige Gesellschafterlisten

Die Gesellschafterliste hat erhebliche praktische Bedeutung bei M&A-Transaktionen. Wegen der Legitimationswirkung können zu Unrecht als Gesellschafter eingetragene Personen weitreichende Geschäftsführungsmaßnahmen bis hin zu satzungsändernden Beschlüssen veranlassen (§ 16 Abs. 1 GmbHG). Um drohende irreversible Schäden abzuwenden, ist sofortiges Handeln erforderlich. Wie wichtig dies auch für einen Käufer von GmbH-Anteilen ist, zeigt eine kürzlich ergangene Entscheidung des OLG Brandenburg.

Sachverhalt

Der Entscheidung des OLG Brandenburg lag ein Erwerb von GmbH-Geschäftsanteilen zu Grunde (Share Deal). Vor Abschluss des Anteilskaufvertrages (SPA) war der Antragsteller bereits als Gesellschafter mit einem Geschäftsanteil von 49 % in die Gesellschafterliste eingetragen. Er war der Auffassung, dass er darüber hinaus einen weiteren Geschäftsanteil erworben habe, der ihm die Mehrheit an der Gesellschaft verschaffe. Insoweit sei die Gesellschafterliste unrichtig. Im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes beantragte er, die GmbH zu verpflichten, eine neue Gesellschafterliste unter Berücksichtigung des angeblich hinzuerworbenen Geschäftsanteils zum Handelsregister einzureichen, hilfsweise, ihn als Mehrheitsgesellschafter zu behandeln.

Entscheidung

Das Gericht versagte dem Antragssteller die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes. Es sei ihm nicht gelungen, die Eilbedürftigkeit der Sache und mithin einen Verfügungsgrund darzulegen. Aus dem Vortrag des Antragstellers ergebe sich keine konkrete Gefährdung seiner Gesellschafterrechte (insb. von Informations-, Mitwirkungs-, oder Beteiligungsrechten), die es ihm unzumutbar mache, eine Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten.

Das Gericht führt zunächst aus, dass die Anträge auf Einreichung einer neuen Gesellschafterliste sowie auf Behandlung als Mehrheitsgesellschafter keinen rein vorläufigen Regelungsgegenstand haben. Vor dem Hintergrund des Verbots der Vorwegnahme der Hauptsache führe dies zu deutlich erhöhten Darlegungserfordernissen.

Insofern genüge es nicht, wenn der Antragsteller lediglich auf die rein hypothetische Gefahr hinweist, der zu Unrecht Eingetragene könne seine durch die Legitimationswirkung der Gesellschafterliste begründete Rechtsposition zu nachteiligen Beschlussfassungen missbrauchen. Erforderlich sei vielmehr die schlüssige Darlegung ganz konkret drohender Beschlussfassungen des fehlerhaft eingetragenen Gesellschafters. In einem zweiten Schritt sei sodann darzulegen, warum es auch nicht ausreiche, gegen solche Beschlussfassungen mit einer Anfechtungsklage sowie im einstweiligen Rechtsschutz (beispielsweise durch einstweilige Untersagung ihres Vollzugs) vorzugehen. Der Vortrag des Antragstellers genügte diesen hohen Anforderungen nicht.

Schließlich sei der Fall auch nicht mit Konstellationen vergleichbar, in denen bereits gegen die Einreichung einer fehlerhaften Gesellschafterliste vorgegangen wird (z.B. im Zusammenhang mit streitigen Einziehungen von Geschäftsanteilen). Derartige Konstellationen zielten auf die Aufrechterhaltung des Status quo ab, so dass mangels Vorwegnahme der Hauptsache eine weitergehende Darlegung der Eilbedürftigkeit, über die rein abstrakte Gefahr unrichtiger Gesellschafterlisten hinaus, nicht erforderlich sei.

Praxishinweis

Die vorliegende Entscheidung zeigt einmal mehr, wie wichtig es ist, alles zu tun, um Unsicherheiten über die Inhaberschaft von Geschäftsanteilen zu vermeiden. Insbesondere bei M&A-Transaktionen sollte daher stets eine sorgfältige Prüfung der Eigentumsverhältnisse durchgeführt werden (sog. Chain-of-Title-Prüfung). Darüber hinaus ist auf eine präzise vertragliche Ausgestaltung des Anteilskaufvertrages sowie eine ordentliche Dokumentation des Vollzugs Wert zu legen.

Sollte es dennoch einmal zu Streitigkeiten über die Inhaberschaft von Geschäftsanteilen kommen, ist Eile geboten. Dies gilt insbesondere dann, wenn zu befürchten ist, dass in unzulässiger Weise eine ungünstige Gesellschafterliste zum Handelsregister eingereicht werden könnte. Durch eine einstweilige Untersagung der Einreichung einer solchen Gesellschafterliste, an deren Erlass in der Regel keine überhöhten Anforderungen gestellt werden, kann regelmäßig ein langfristiger Einflussverlust auf die Gesellschaft verhindert werden.

Ist die fehlerhafte Gesellschafterliste erst einmal eingereicht, sind die Anforderungen an den einstweiligen Rechtsschutz – wie aufgezeigt – ungleich höher. Man wird regelmäßig darauf beschränkt sein, sich gegen jede drohende Einzelmaßnahme zeit- und kostenaufwändig mit ungewissem Ausgang zur Wehr zu setzen.

(OLG Brandenburg, Beschluss vom 22.11.2023 (Az.: 7 W 117/23)

 

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