Filesharing – Eltern haften für ihre Kinder?
Wer Kinder hat, die das Internet nutzen, muss ohne besonderen Anlass nicht permanent prüfen, ob sie rechtswidrig Musik- oder sonstige –dateien öffentlich zugänglich machen. Eine kindgerechte Belehrung reicht grundsätzlich aus. Das hat der Bundesgerichtshof kürzlich entschieden und, anders als die Vorinstanzen, die Klage verschiedener Plattenfirmen gegen die Eltern dreier Kinder zurückgewiesen.
Abmahnungen wegen der Verletzung von Urheberrechten sind häufig. Zwar seltener als die Verletzungen des Urheberrechts selbst, aber doch so massiert und vor allem teuer, dass viele sich beschweren und manche verängstigt fragen, was man tun kann, um nicht nur der „Abmahnindustrie“ zu entkommen, sondern auch den Gerichten, die den abmahnenden Anwälten regelmäßig recht geben.
Die Sache hat einen technischen und einen familiären Aspekt. Wie sicher muss das WLAN sein? Dazu sagt der BGH: So, dass der Zugang nach dem marktüblichen Technikstand – der nicht der allerneueste sein muss - gesichert ist (Urteil vom 12.5.2010, I ZR 121/08 – Sommer unseres Lebens).
Den familiären Aspekt hat der BGH nun in einem Urteil vom November angesprochen; soeben sind die Gründe veröffentlicht worden. Ein 13-jähriger hatte Musikdateien in erheblichem Umfang auf dem ihm überlassenen Rechner in einer Weise gespeichert, dass sie den „Mitgliedern“ einer Tauschbörse, potentiell also jedem, der einen Internetanschluss hat, zugänglich war. Der Junge meinte, das sei ihm nicht bewusst gewesen. Verklagt waren die Eltern. Sie hatten ihren Sohn im üblichen pädagogischen Rahmen über das Internet, die Technik und das Urheberrecht belehrt. Überprüft, was ihr Sohn macht und ob er sich rechtmäßig verhält, hatten sie allerdings nicht. Der BGH meint, dazu seien sie auch nicht verpflichtet gewesen. Die allgemeine Belehrung sei ausreichend. Zwar sei „nicht zu bestreiten, dass erfahrungsgemäß Kinder und Jugendliche aus pädagogischen Gründen auferlegte Verbote gelegentlich übertreten“. Daraus folge aber nicht, dass die Eltern strenger kontrollieren müssten. Überwachen müssten die Eltern ihre Kinder sehr wohl. In erster Linie aber darauf, ob sie sich selbständig zu verantwortungsbewusstem Handeln entwickelten. Zwar, so der BGH ausdrücklich, sei der Schaden für z.B. die Musikindustrie groß. Soweit die pädagogischen Pflichten der Eltern betroffen sind, sei aber wichtiger, Kindern z.B. den Umgang mit Feuer oder das Benehmen im Straßenverkehr beizubringen, als den korrekten Umgang mit Tauschbörsen. Man könnte, was der BGH an dieser Stelle nicht macht, auch an richtige Ernährung denken, hier gibt es aber keine Kläger. –
Die Klage wurde deshalb abgewiesen, anders als noch in den Vorinstanzen.
Was heißt das nun für die Eltern? Leider – aus Elternsicht – ist es nicht für jeden eine Entwarnung. Wer nämlich schon einmal erwischt wurde – was nicht schon beim Erhalt einer Abmahnung, sondern nur bei erwiesener Urheberrechtsverletzung der Fall ist -, darf sich nicht auf das allgemeine Belehren beschränken, sondern muss entweder technisch aufrüsten oder den PC wegschließen, sinngemäß.
(BGH, Urteil vom 15. November 2012 - I ZR 74/12 (Morpheus))
Dr. Kristofer Bott, Rechtsanwalt und Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz