Geltendmachung von Ausgleichsforderungen in der Publikums-KG
Gründen Kommanditisten eine GbR mit dem Zweck, Beiträge von ihren Mitgesellschaftern einzuziehen und an eine Gläubigerin der KG weiterzuleiten, so ist die dieser GbR erteilte Ermächtigung zur Geltendmachung von Ausgleichsforderungen ihrer Gesellschafter gegen Mitgesellschafter wegen Verstoßes gegen Art. 1 § 1 RBerG gemäß § 134 BGB nichtig. Eine in gewillkürter Prozessstandschaft erhobene Klage der GbR ist unzulässig, da es dieser an der Prozessführungsbefugnis mangelt.
Bei der Klägerin handelte es sich um eine GbR. Sie war von drei Kommanditisten einer Publikums-KG mit über 200 Kommanditisten gegründet worden, um die in wirtschaftliche Schwierigkeiten geratene KG zu sanieren. Zu diesem Zweck sollten die übrigen Kommanditisten der Klägerin beitreten und entsprechende Beiträge an diese leisten. Die Klägerin sollte die Zahlungen der Gesellschafter einsammeln und an eine Gläubigerin der KG weiterleiten. Im Gegenzug wollte diese von Vollstreckungsmaßnahmen gegen die KG absehen. Mit der Klage machte die Klägerin Ansprüche ihrer Gesellschafter gegen den Beklagten, der als Kommanditist der KG keine Zahlungen geleistet hatte, in Höhe seines Verlustanteils geltend. Auf die Revision des Beklagten gegen die stattgebenden Urteile der Instanzgerichte hat der Bundesgerichtshof (BGH) die Klage als unzulässig abgewiesen.
Zur Begründung führt der BGH aus, dass die Klägerin nicht prozessführungsbefugt sei, so dass es an einer wesentlichen Verfahrensvoraussetzung fehle. Grund für die mangelnde Prozessführungsbefugnis sei die Unwirksamkeit der ihr erteilten Ermächtigung zur Einziehung der Forderungen ihrer Gesellschafter gemäß § 426 Abs. 1, 2 BGB gegenüber den Mitkommanditisten. Die Ermächtigung verstoße gegen Art. 1 § 1 Rechtsberatungsgesetz (RBerG), der ein gesetzliches Verbot im Sinne von § 134 BGB darstelle.
Die Klägerin ziehe geschäftsmäßig fremde Forderungen ein, ohne über die hierfür gemäß Art. 1 § 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 6 RBerG erforderliche Erlaubnis zu verfügen. Der Senat führt aus, geschäftsmäßig handele bereits, wer beabsichtigt, die Tätigkeit in gleicher Weise zu wiederholen und dadurch zu einem wiederkehrenden oder dauernden Bestandteil seiner Beschäftigung zu machen. Dies sei bei der Klägerin der Fall. Bei ihrer Gründung sei nicht absehbar gewesen, für wie viele Kommanditisten die Klägerin zukünftig Ausgleichsforderungen einziehen solle. Die Gründung sei daher in der Absicht erfolgt, bei jeder sich bietenden Gelegenheit, d.h. bei jedem Beitritt eines weiteren Kommanditisten, im Wege der Forderungseinziehung tätig zu werden. Da es an dem zwingend erforderlichen Gruppeninteresse fehle, liege letztlich auch keine berufsständische Vereinigung im Sinne des Art. 1 § 7 RBerG vor, so dass die Einziehung auch nicht nach dieser Vorschrift erlaubnisfrei sei.
Die Entscheidung des BGH betrifft einen Fall aus dem Jahre 2003, weshalb noch das RBerG Anwendung fand. Zu keinem anderen Ergebnis dürfte der BGH jedoch für Fälle gelangen, auf die das seit dem 1.7.2008 geltende Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG) Anwendung findet. Nach diesem ist zwar die unentgeltliche Rechtsdienstleistung, wozu nach § 2 Abs. 2 S. 1 RDG nach wie vor die Einziehung fremder Forderungen zählt, gemäß § 6 Abs. 1 RDG erlaubnisfrei. Außerhalb familiärer oder nachbarschaftlicher Verhältnisse bedarf es gemäß § 6 Abs. 2 RDG jedoch auch bei unentgeltlichen Rechtsdienstleistungen der Beratung und Anleitung durch juristisch qualifizierte Personen. An einer solchen Beratung dürfte es in Konstellationen wie der vorliegend entschiedenen oftmals fehlen.
(BGH – Urt. v. 12. April 2011 – II ZR 197/09)
Rechtsanwalt Florian Puschmann, Rechtsreferendar Julian Hoff