September 2015 Blog

Gewerbliches Mietrecht: Neues zur „äußeren Form“ (Schriftform)

Die Rechtsprechung zur Schriftform bei langfristig geschlossenen Mietverträgen entwickelt sich ständig weiter fort. Nachdem der BGH im Jahre 2010 bereits die Rechtsfigur der „äußeren Form“ bezüglich eines nicht innerhalb der Annahmefrist schriftformgerecht angenommenen Angebotes auf Abschluss eines Mietvertrages bemüht hat, hat der BGH nunmehr diese Rechtsfigur auch auf einen anders gelagerten Fall – konsequenterweise – angewandt.

Sachverhalt
Im vorliegenden Fall hatte der Mieter dem Vermieter ein unterzeichnetes Exemplar des Mietvertrages zugesandt, welches der Vermieter zwar unterzeichnete, dem Mietvertrag aber eine Anlage mit Abänderungen, welcher er ebenfalls unterschrieben hatte, mitübersandt. Diese wurde dann vom Mieter allerdings nicht akzeptiert und auch nicht von ihm unterzeichnet. In der Folge lebten die Parteien den Mietvertrag so, wie es sich aus den von beiden unterschriebenen Mietvertragsteil ergab, d.h. die Anlage mit den abändernden Regelungen, welche nur vom Vermieter unterschrieben war,  wurde nicht vollzogen.

Entscheidung des BGH
Anders als die Vorinstanzen, hat der BGH entschieden, dass der Vertragsschluss nicht den strengen Anforderungen des § 126 BGB (gesetzliche Schriftform) genügt. Denn durch die Ergänzung habe der Vermieter das Angebot des Mieters auf Abschluss eines Mietvertrages nicht angenommen, sondern seinerseits ein neues Angebot auf Abschluss eines Mietvertrages mit den geänderten Regelungen unterbreitet, vgl. § 150 Abs. 2 BGB. Dieses neue Angebot wurde aber vom Mieter nicht schriftformgerecht angenommen, da er die abgeänderte Anlage nicht unterzeichnet hatte.

Gleichwohl sieht der BGH aber das Schriftformerfordernis des § 550 Satz 1 BGB für Mietverträge mit einer Laufzeit von mehr als einem Jahr als erfüllt an. Denn für die Wahrung der Schriftform des § 550 BGB reiche bereits die Einhaltung der „äußeren Form“ aus. Damit meint der BGH, dass ein nur mündlich oder gar nur konkludent abgeschlossener Mietvertrag die Form des § 550 BGB wahren kann, wenn sämtliche wesentlichen Regelungen schriftlich dokumentiert sind. Der Schutzzweck des § 550 BGB sei bereits dann gewahrt, wenn ein künftiger Erwerber sich aufgrund der schriftlich niedergelegten Regelungen vom Umfang und Inhalt der auf ihn übergehenden Rechte und Pflichten zuverlässig unterrichten kann. 

Praxishinweis
In seiner Entscheidung zitiert der BGH ausdrücklich sein Urteil vom 24.2.2010 (XII ZR 120/06 = NJW 2010, 1518) und erweitert damit den Anwendungsbereich der von ihm geschaffenen Rechtsfigur der „äußeren Form“. Es vermag die Entscheidung des BGH im Einzelfall folgerichtig und praktikabel sein, trotzdem wirft die Entscheidung neue Fragen auf. Unklar bleibt nämlich, wann genau die „äußere Form“ erfüllt ist. Reicht evtl. gar der Austausch der mietvertraglichen Regelungen in Textform, ohne dass Unterschriften der Parteien auf dem Dokument enthalten sind? Dies geht aus der Entscheidung des BGH jedenfalls nicht eindeutig hervor. Hier wird man aber vorsichtig sein müssen, die „äußere Form“ zu weit auszudehnen. Da es im Fall des BGH um eine von beiden Parteien unterzeichnetes Dokument ging, wird man dies wohl als Mindestvoraussetzung für die „äußere Form“ annehmen müssen. Es bleibt abzuwarten, wie der BGH seine diesbezügliche Rechtsprechung künftig handhaben wird.

(BGH, Urteil vom 17.06.2015 – XII ZR 98/13)

Johannes Schuhmann, Maître en Droit, Rechtsanwalt

Anmeldung zum GvW Newsletter

Melden Sie sich hier zu unserem GvW Newsletter an - und wir halten Sie über die aktuellen Rechtsentwicklungen informiert!