Januar 2019 Blog

Grund­er­werb­steu­er­liche Kon­zern­klau­sel kei­ne ver­bo­tene Bei­hilfe

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat am 19. Dezember 2018 entschieden, dass die Steuerbefreiung für grunderwerbsteuerbare Umwandlungsvorgänge im Konzern nach § 6a Grunderwerbsteuergesetz europarechtskonform ist. Damit herrscht insoweit nun endlich Rechtssicherheit - ein erhebliches Steuerrisiko für Umstrukturierungen wurde beseitigt.

Hintergrund

Das Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG) unterwirft derzeit neben dem unmittelbaren Erwerb von Immobilien u.a. auch den Übergang von mindestens 95 % der Anteile an grundstückshaltenden Gesellschaften der GrESt. Ein solcher Übergang vollzieht sich regelmäßig nicht nur durch direkte Anteilserwerbe, sondern auch infolge von Anteilsvereinigungen bei Umstrukturierungen innerhalb eines Konzerns.

Wird beispielsweise die A-GmbH, die 100 % der Anteile an der grundstückshaltenden X-GmbH hält, auf die B-GmbH verschmolzen, handelt es sich um einen nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG steuerpflichtigen Vorgang. Die GrESt kann damit ein Hemmnis für wirtschaftlich sinnvolle und notwendige Umstrukturierungen sein. Der deutsche Gesetzgeber hat deshalb mit § 6a GrEStG bestimmte grunderwerbsteuerbare Vorgänge in Folge von Umwandlungen im Konzern von der Steuer befreit.

Im Jahr 2017 stand beim Bundesfinanzhof (BFH) der oben skizzierte Fall zur Entscheidung an, weil das Finanzamt die Steuerbefreiung versagt hatte. Beim BFH ergaben sich nunmehr Zweifel, ob es sich bei der Befreiung um eine „selektive Maßnahme“ und damit eine europarechtswidrige staatliche Beihilfe handeln könnte, insbesondere, da die Vorschrift nur für Umwandlungen und nicht für andere Maßnahmen zur Umstrukturierung gilt. Zum anderen seien konzernzugehörige Unternehmen vom Anwendungsbereich des § 6a GrEStG ausgeschlossen, wenn das herrschende Unternehmen im Konzern nicht die geforderte Beteiligung von mindestens 95 % oder fünf Jahren an einer abhängigen Gesellschaft aufweisen kann.

Die Folgen einer verbotenen Beihilfe wären gravierend: Die Vorschrift und damit die Vergünstigung sind dann nicht nur für die Zukunft, sondern auch rückwirkend nicht mehr anwendbar. Auch bereits verwirklichte Sachverhalte wären damit unabhängig von Bestandskraft, Verjährung oder einer verbindlichen Auskunft der Finanzverwaltung steuerpflichtig.

Die Entscheidung des EuGH

Glücklicherweise hat der EuGH anders entschieden: Die Voraussetzungen einer Beihilfe seien zwar erfüllt und diese auch geeignet, den Handel zwischen den Mitgliedsstaaten zu beeinträchtigen sowie den Wettbewerb zu verzerren. Allerdings hält der EuGH die Ungleichbehandlung von konzerninternen und -externen Vorgängen für gerechtfertigt, weil § 6a GrEStG einer übermäßigen Doppelbesteuerung entgegenwirke: Da bereits der Erwerb eines Grundstücks durch eine Konzerngesellschaft Grunderwerbsteuer auslöst, solle nicht auch die „Verlagerung“ desselben Grundstücks innerhalb des Konzerns besteuert werden. Auch die Mindesthaltedauer von fünf Jahren sei gerechtfertigt, um Mitnahmeeffekte und Missbrauch zu verhindern.

Auswirkungen für die Praxis

Für die Praxis bedeutet die Entscheidung erfreulicherweise ein deutlich höheres Maß an Rechtssicherheit. § 6a GrEStG ist mit der Entscheidung des EuGH unionsrechtlich insoweit „rehabilitiert“. Soweit Rückstellungen für entsprechende Vorgänge gebildet worden sein sollten, sind diese erfolgswirksam auszubuchen.

Bei Umstrukturierungen ist aber angesichts der anstehenden GrESt-Reform sowie der grundsätzlich restriktiven Auslegung der Regelung des § 6a GrEStG durch die Finanzverwaltung weiterhin Vorsicht geboten.

EuGH Urteil vom 19. Dezember 2018 (C-374/17)

Lars-Olaf Leskovar, LL.M., Rechtsanwalt
Frankfurt

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