August 2024 Blog

Importstrategie für Wasserstoff und Wasserstoffderivate vom Bundeskabinett beschlossen

Der von der Politik bereits seit langer Zeit angekündigte und vom Markt mit Spannung erwartete Rahmen für die Importe von Wasserstoff wurde nun doch noch kurz vor der Sommerpause bekannt gegeben. Am 24. Juli 2024 hat das Bundeskabinett die Importstrategie für Wasserstoff und Wasserstoffderivate beschlossen.

In der Importstrategie Wasserstoff, mit der die jüngst fortgeschriebene Nationale Wasserstoffstrategie ergänzt wird, geht die Bundesregierung im Ausgangspunkt von einem nationalen Bedarf an Wasserstoff und dessen Derivaten im Jahr 2030 in Höhe von 95 bis 130 TWh aus. Von diesem Bedarf müssen nach Einschätzung der Bundesregierung 50 bis 70 %, mithin 45 bis 90 TWh importiert werden. Bis zum Jahr 2045 könnte sich der Bedarf nach ersten Einschätzungen sogar massiv erhöhen (auf 360 bis 500 TWh Wasserstoff und ca. 200 TWh Derivate) und damit auch der Umfang der erforderlichen Importe.

Für den Import dieser Bedarfe verfolgt die Bundesregierung einen parallelen Aufbau von Infrastrukturen basierend sowohl auf Pipeline- als auch Schiffstransporten. Dabei geht sie davon aus, dass mittelfristig ein Großteil des Wasserstoffs über Pipelines importiert wird, bei Wasserstoffderivaten aber auch langfristig Schiffsimporte effizient sein dürften. Bezüglich des Aufbaus der Pipeline-Infrastruktur erkennt die Bundesregierung die großen Finanzierungsherausforderungen der zukünftigen Wasserstoffnetzbetreiber an und priorisiert daher die Finanzierung und den zügigen Aufbau von Wasserstoffpipelines sowie die Umnutzung von Erdgasfernleitungen. Insoweit verweist die Bundesregierung in der Importstrategie auf die aktuelle Planung des Wasserstoff-Kernnetzes und den von Anfang vorgesehenen Anschluss des Kernnetzes an das transeuropäische Wasserstoffnetz. Mit Blick auf die Schiffsimporte rechnet die Bundesregierung mit einem Rückgang des Imports fossiler Energieträger über Häfen zugunsten von Wasserstoffderivaten. Vor diesem Hintergrund ist die Errichtung und Umrüstung von entsprechenden Importterminals, wie sie aktuell u.a. in Hamburg, Wilhelmshaven und Brunsbüttel geplant werden, ebenso notwendig wie die Etablierung von nachhaltigen Transportwegen in Form von sog. grünen Korridoren, also emissionsfreien Schifffahrtsrouten.

Ein weiterer wesentlicher Baustein des aus insgesamt sechs Bausteinen bestehenden Instrumentenmix der Importstrategie ist neben der Schaffung einer nachhaltigen Importinfrastruktur vor allem die Stärkung der Nachfrage nach Wasserstoff und Wasserstoffderivaten. Diese Stärkung soll vor allem über finanzielle Förderinstrumente und regulative Anreize erfolgen.

Zu den Förderinstrumenten gehört neben dem Förderprogramm Klimaschutzverträge unter anderem das Förderinstrument H2Global, bei dem die Ergebnisse der ersten Ausschreibungsrunde im Juli veröffentlicht worden sind. Danach werden zwischen 2027 und 2033 mindestens 259.000 Tonnen grüner Ammoniak nach Deutschland exportiert (https://www.bmwk.de/Redaktion/DE/Pressemitteilungen/2024/07/20240711-h2global.html). Zudem soll die Nachfrage nach Wasserstoff in Deutschland durch die am 23. August 2024 veröffentlichte Förderrichtlinie „Bundesförderung Industrie und Klimaschutz (BIK)“ angereizt werden (https://www.bmwk.de/Redaktion/DE/Pressemitteilungen/2024/08/20240823-neue-foerderrichtlinie-dekarbonisierung-mittelstand.html). Ziel dieses Förderprogramms ist die Unterstützung des industriellen Mittelstands bei der Dekarbonisierung. Hierfür stehen für die gesamte Programmlaufzeit ca. EUR 3,3 Mrd. zur Verfügung und der erste Förderaufruf wird voraussichtlich bereits im September 2024 erfolgen. Schließlich soll die Nachfrage nach Wasserstoff durch das Kraftwerkssicherheitsgesetz erhöht werden, das der tUmsetzung der Kraftwerkstrategie der Bundesregierung dient (siehe unseren Artikel in Ausgabe 7) und dessen Entwurf mit Spannung erwartet wird.

Die regulativen Anreize für deutsche Unternehmen zum verstärkten Einsatz von Wasserstoff und Derivaten sollen einerseits der EU-Emissionshandel und andererseits die Festlegung von Quoten für die Nutzung Wasserstoff bilden.

In den Anwendungsbereich des EU-Emissionshandelssystem I fallen seit seiner letzten Änderung alle Sektoren, die nach Ansicht der Bundesregierung zu den zentralen Anwendern von Wasserstoff gehören. Mit dem EU-Emissionshandelssystem II, welches das nationale BEHG obsolet macht, wird ab 2027 ein flankierendes Emissionshandelssystem für die Sektoren Wärme und Verkehr geschaffen. Schließlich ist auf den CO2-Grenzausgleichmechanimus hinzuweisen (Carbon Border Adjustment Mechanism – CBAM), dessen rechtliche Grundlage sich in der am 17. Mai 2023 in Kraft getretenen europäischen Verordnung (EU) 2023/956 findet, die in Deutschland unmittelbar anwendbar ist. Danach müssen für importierten Wasserstoff und dessen Derivat Ammoniak ab 2026 Zertifikate für die bei der Herstellung entstandenen Emissionen erworben und abgegeben werden, was perspektivisch auch dazu führen soll, dass mit fossilen Brennstoffen hergestellter Wasserstoff relativ teurer wird als emissionsarmer Wasserstoff.

Die rechtlichen Grundlagen für die Nutzungsquoten sind die europäische Richtlinie für erneuerbare Energien (Renewable Energy Directive – RED) sowie die für den Flugverkehr relevante europäische Verordnung ReFuelEU Aviation und die im Schiffsverkehr maßgebliche europäische Verordnung FuelEU Maritime. Die in 2023 in Kraft getretene zweite Novelle der RED (RED III) setzt für die Nutzung von erneuerbaren Kraftstoffen nicht biogenen Ursprungs (renewable fuels of non-biological origin – RFNBO) Ziele in der Industrie sowie Quoten im Verkehrssektor. Diese Vorgaben werden in Deutschland für den Verkehrssektor durch die THG-Quotenregelungen in § 37a BImschG in nationales Recht umgesetzt.

Die weiteren Bausteine des Instrumentenmix der Importstrategie für Wasserstoff sind Produktanforderungen und Zertifizierungsprozesse, Förderung des internationalen Angebots an Wasserstoff und Derivaten, internationale Kooperationen sowie Forschung und Entwicklung, die jeweils mit einer Vielzahl von Einzelmaßnahmen unterlegt sind.

Die von der der Bundesregierung beschlossene Importstrategie für Wasserstoff und Wasserstoffderivate besteht also aus einem komplexen Maßnahmenkatalog, siehe hierzu auch das Schaubild auf S. 17 der veröffentlichten Strategie, und es bleibt daher mit Spannung abzuwarten, ob die einzelnen Maßnahmen reibungslos zusammenwirken und die hohen Importziele erreicht werden können.

Anmeldung zum GvW Newsletter

Melden Sie sich hier zu unserem GvW Newsletter an - und wir halten Sie über die aktuellen Rechtsentwicklungen informiert!