Keine actio pro socio bei Schadenersatzansprüchen der zweigliedrigen GmbH gegen Fremdgeschäftsführer
Warum im Zusammenhang mit der Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen gegen die Geschäftsführer einer zweigliedrigen GmbH auf Stimmrechtsverbote zu achten ist, verdeutlicht eine aktuelle Entscheidung des II. Zivilsenats am BGH.
Sachverhalt
An einer zweigliedrigen GmbH („Gesellschaft“) war die Klägerin mit 49 % und die X-GmbH mit 51 % beteiligt. Die Beklagten waren Geschäftsführer dieser beiden Gesellschaften und gemeinsam mit Familienangehörigen Gesellschafter der Y-GmbH, welche die überwiegende Anteilsmehrheit an der X-GmbH hielt. Die Klägerin warf den Beklagten vor, sie hätten von der Y-GmbH Geschäftsanteile an einer weiteren Gesellschaft zu einem weit überhöhten Kaufpreis erworben.
Auf Drängen der Klägerin leiteten die Beklagten unter Protest ein Umlaufbeschlussverfahren der Gesellschaft ein, in dem mit Blick auf den überhöhten Anteilserwerb u.a. beschlossen werden sollte, die Ansprüche der Gesellschaft gegen die Beklagten zu prüfen und gerichtlich geltend zu machen. Die Klägerin stimmte dafür, die Beklagten dagegen.
Mit ihrer Klage verlangte die Klägerin von den Beklagten Zahlung von EUR 22.479,- an die Gesellschaft und Feststellung, dass die Beklagten zum Ersatz aller weiteren Schäden der Gesellschaft aus dem Anteilserwerb verpflichtet sind.
Nach einem auf die gegebene Zulässigkeit der Klage beschränkten Ausspruch des Landgerichts wies das Oberlandesgericht (OLG) die Klage als unzulässig ab.
Entscheidung des BGH
Die Revision der Klägerin blieb ohne Erfolg. Der Klägerin fehlte für ihre als Gesellschafterin erhobene Klage die Prozessführungsbefugnis, da die Voraussetzungen für die Erhebung einer Gesellschafterklage („actio pro socio“) nicht vorlagen.
Nach der Rechtsprechung des Senats könne ein Gesellschafter einer GmbH Ansprüche der Gesellschaft aus § 43 Abs. 2 GmbHG gegen ihre Fremdgeschäftsführer nicht im eigenen Namen geltend machen, da die Gesellschafterklage gegenüber einem Tätigwerden der zuständigen Gesellschaftsorgane grundsätzlich subsidiär sei. Dieser Vorrang entfalle erst dann, wenn eine Klage der Gesellschaft undurchführbar, durch den Schädiger selbst vereitelt worden oder infolge der Machtverhältnisse in der Gesellschaft so erschwert ist, dass es für den betroffenen Gesellschafter ein unzumutbarer Umweg wäre, müsste er die Gesellschaft erst zu einer Haftungsklage zwingen.
Dies war vorliegend jedoch nicht der Fall. Insbesondere war die Gesellschaft selbst durch die Klägerin in der Lage, die Beklagten haftbar zu machen. Dafür habe es keines Geltendmachungsbeschlusses nach § 46 Nr. 8 GmbHG bedurft, da dies in einer zweigliedrigen GmbH, wenn der andere Gesellschafter einem Stimmrechtsausschluss nach § 47 Abs. 4 GmbHG unterliegt, eine überflüssige Formalität darstelle. So aber lagen die Dinge hier: Die Beklagten haben bei dem Beschluss über die Einleitung eines Rechtsstreits gegen sie selbst einem Stimmrechtsverbot unterlegen: Dessen Schutzzweck gelte nicht nur für Gesellschafter-, sondern auch für Fremd-Geschäftsführer. Infolge des Stimmrechtsverbots war die Klägerin als verbliebene stimmberechtigte Gesellschafterin einer zweigliedrigen GmbH zur Vertretung der Gesellschaft im Prozess berechtigt, ohne dass es dazu der Förmelei einer Beschlussfassung durch sie selbst bedurft hätte.
Praxistipp
Die Entscheidung zeigt deutlich die Fallstricke auf, die sich im innergesellschaftlichen und gesellschaftsrechtsprozessualen Geflecht bei der Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen gegen GmbH-Geschäftsführer ergeben können. Insbesondere bei Vorliegen einer zweigliedrigen Gesellschaft, bei der man im Zusammenhang mit der Geltendmachung von Ansprüchen aus § 43 Abs. 2 GmbHG standardmäßig die Thematik des Stimmrechtsausschlusses im Hinterkopf haben sollte, um nicht eine Klage, die zulässig in Vertretung der Gesellschaft eingereicht hätte werden können, mangels Prozessführungsbefugnis kostenpflichtig zu verlieren.
(BGH, Urteil vom 05.11.2024 – II ZR 85/23)

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