Keine Aufklärungspflicht der beratenden und vertragsfremden Bank über negativen Marktwert eines Währungsswap-Vertrages
Eine beratende Bank, die selbst nicht Vertragspartnerin eines von ihr empfohlenen Währungsswap-Vertrages ist, muss einen in Fremdwährungsdarlehen und einfachen Swap–Geschäften erfahrenden Kunden nicht über den anfänglichen negativen Marktwert des Vertrags aufklären. Dies jedenfalls dann nicht, wenn die Gewinnchancen des Vertrags, also seine Werthaltigkeit, nicht durch übermäßige Kosten- und Gewinnbestandteile beeinträchtigt werden.
Im zu entscheidenden Fall hatte der Kunde selbst der beratenden Bank das von ihm für den Swap–Vertrag gewünschte Währungspaar, Türkische Lira und Schweizer Franken, vorgegeben und sich in dem Beratungsgespräch bei Unterzeichnung eines Kundenformulars „Kundenangaben für Geschäfte in Finanzinstrumente" als "spekulativ" eingeordnet. Zudem hatte die Bank vor ihrer Empfehlung die Kenntnisse und Erfahrungen des Kunden, seine Risikobereitschaft, seine finanziellen Möglichkeiten und sein Anlageziel ermittelt und dem Kunden daraufhin einen Cross-Currency-Swap-Vertrag einer Landesbank empfohlen, den der Kunde und spätere Kläger bei dieser über eine feste Laufzeit von drei Jahren unter Festlegung fester Bezugsgrößen in Türkische Lira und Schweizer Franken sowie weiterer Konditionen abschloss.
Ein bei der beratenden Bank eingerichtetes Fremdwährungskonto, auf das die von der Landesbank geleisteten Zinszahlungen eingingen, hatte der Kunde und spätere Kläger zur Sicherheit an die beratende und später verklagte Bank verpfändet. Zusätzlich ein Avalkredit-Rahmenvertrag über 150.000 Euro geschlossen, der als "Risikolinie" für den CCS-Vertrag genutzt werden sollte. Während der Vertragslaufzeit wertete die Türkische Lira gegenüber dem Schweizer Franken ab, so dass sich der Barwert des CCS-Vertrags zu Ungunsten des Klägers entwickelte. Nach mehrfach erfolgloser Aufforderung der beklagten Bank zu einer Barunterlegung, stellte sie im September 2011 den CCS-Vertrag glatt, verwertete das an sie verpfändete Fremdwährungskonto und belastete ein weiteres Konto des Klägers in Höhe des noch offenen Restbetrages von 180.151,24 Euro. Der Kunde klagte daraufhin auf Rückzahlung des letztgenannten Betrags und unterlag in 2 Instanzen.
Der XI. Senat des BGH hat nun entschieden, dass die beklagte Bank bereits aus Rechtsgründen nicht verpflichtet war, den Kläger über den anfänglichen negativen Marktwert des Swap-Vertrags aufzuklären. Dieser spiegele lediglich den Marktwert des Vertrags im Zeitpunkt des Vertragsschlusses wider, also denjenigen Wert, der in diesem Zeitpunkt durch Glattstellung des Vertrags zu erzielen wäre. Er träfe dagegen keine Aussage über die positive oder negative Entwicklung des Geschäfts. Für den Kunden bedeute dies, dass er zunächst die einstrukturierte Bruttomarge erwirtschaften muss, um seinerseits in die Gewinnzone zu gelangen. Zugleich müsse er bei sofortiger Lösung vom Vertrag einen Verlust in Höhe des negativen Marktwerts tragen. Diese Situation stelle sich damit mit Rücksicht auf das Verlustrisiko nicht anders als bei sonstigen Finanzprodukten dar, die, wie insbesondere außerbörsliche Derivatgeschäfte, einen negativen Marktwert aufweisen, über den ebenfalls nicht aufzuklären ist.
Soweit der gleiche Senat im Jahr 2011 für einen CMS Spread Ladder Swap-Vertrag entschieden hat, dass eine Bank, die - anders als im vorliegenden Fall - zugleich Vertragspartnerin des Swap-Vertrags ist, im Rahmen eines daneben bestehenden Beratungsvertrags einen anfänglichen negativen Marktwert zu offenbaren hat, weil darin ein schwerwiegender, für den Kunden nicht offensichtlicher Interessenkonflikt zum Ausdruck kommt, der geeignet ist, die Interessen des Anlegers zu gefährden (vgl. BGH, Urt. v. 22. März 2011 - XI ZR 33/10 Rn. 33 ff. - BGHZ 189, 13, m.w.N.), sei die dieser Entscheidung zugrundeliegende Fallgestaltung mit der vorliegenden nicht vergleichbar, weil die Beklagte Bank nicht zugleich Vertragspartnerin des CCS-Vertrages war und es damit von vornherein an einem schwerwiegenden Interessenkonflikt fehlte.
(BGH, Urteil vom 20. Januar 2015 – XI ZR 316/13)
Stephen-Oliver Nündel, Rechtsanwalt