August 2015 Blog

Kosten der Ersatzvornahme: Auftragnehmer trägt das Einschätzungs- und Prognoserisiko

Führt der Auftragnehmer das von ihm geschuldete Werk mangelhaft aus und lehnt er gleichwohl eine Mangelbeseitigung ab, trägt er das Risiko, dass der Auftraggeber im Wege der Ersatzvornahme Kosten verursacht, die objektiv nicht erforderlich waren. Auch objektiv nicht erforderliche Ersatzvornahmekosten müssen vom Auftragnehmer ersetzt werden.

Die Frage, in welcher Höhe der Auftraggeber (AG) vom Auftragnehmer (AN) Schadensersatz für im Wege der Ersatzvornahme durchgeführte Mangelbeseitigungsmaßnahmen verlangen kann, ist fast immer ein wesentlicher Streitpunkt im Falle einer Ersatzvornahme zwischen AN und AG. Einleuchtend dürfte sein, dass jedenfalls solche Mangelbeseitigungskosten nicht im Wege der Ersatzvornahme erstattungsfähig sind, die der AG böswillig verursacht hat. Schwieriger wird es dagegen bei der Frage, was mit den Kosten ist, die die Kosten einer objektiv notwendigen Mangelbeseitigung übersteigen, aber vom Auftraggeber gutgläubig beauftragt worden sind.

Sachverhalt
Diese Frage hatte zuletzt das OLG Hamm zu entscheiden. Dort ging es um die Behebung von tatsächlich vorliegenden Mängeln an einer Dachterrasse. Der AN hatte diese trotz Fristsetzung nicht behoben. Folglich war der AG zur Ersatzvornahme berechtigt. Soweit war der Fall unproblematisch. Diffizil wurde es dann bei der konkreten Umsetzung der Mangelbeseitigung. Der AG hatte einen Sanierungsplaner eingeschaltet, der verschiedene Sanierungsangebote eingeholt und dann vorgeschlagen hatte, die Arbeiten auf Stundenbasis durchzuführen. Gegen den im Rahmen der Sanierung angefallenen Stundenaufwand wendete der AN ein, dieser Aufwand sei völlig überhöht und nicht notwendig gewesen. Der von dem vorinstanzlichen Gericht beauftragte Sachverständige stellte dann auch tatsächlich fest, dass ca. ein Drittel des Stundenaufwandes nicht erforderlich gewesen sei. 

Die Entscheidung
Gleichwohl hat das OLG Hamm dem AG volle Kostenerstattung zugesprochen. Der Senat begründet seine Entscheidung damit, dass der AG im Zeitpunkt der Beauftragung die Zuziehung eines Fachplaners für die Sanierung für erforderlich und angemessen halten durfte. Es kommt, so das Gericht, nur darauf an, ob der AG die Maßnahmen subjektiv für erforderlich halten durfte. Maßnahmen, die sich in einer nachträglichen Bewertung als nicht erforderlich erweisen, unterfallen den sogenannten Einschätzungs- und Prognoserisiko, welches der AN zu tragen habe. Folglich können im Einzelfall auch diejenigen Kosten erstattungsfähig sein, die für eine fehlgeschlagene oder zu teure Mangelbeseitigungsmaßnahme aufgewendet wurden.

Hinweis für die Praxis
Das Urteil des OLG Hamm führt die Rechtsprechung des BGH (Urteil vom 7.3.2013, Az. VII Z R 119/10) weiter fort und verfestigt diese. Dies bedeutet für Auftragnehmer, dass sie sich vor Ablehnung der Beseitigung eines vom Auftraggeber geltend gemachten Mangels wirklich sicher sein sollten, dass kein Mangel besteht und damit bereits dem Grunde nach der Weg des Auftraggebers über eine Ersatzvornahme ausscheidet. Ist nämlich erst einmal der Weg für eine Ersatzvornahme des Auftraggebers eröffnet, hat es der Auftragnehmer nicht mehr in der Hand, welche Kosten der Auftraggeber im wahrsten Sinne des Wortes „fabriziert“.

(OLG Hamm, Urteil vom 25. November 2014 – 24 U 46/13)

Johannes Schuhmann, Rechtanwalt, Maître en Droit

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