Februar 2015 Blog

Mängelanzeige per E-Mail führt nicht zur Verlängerung der Gewährleistungsfrist

Gemäß § 13 Abs. 5 Nr. 1 S. 2 VOB verjähren die Gewährleistungsrechte bezüglich des gerügten Mangels frühestens in 2 Jahren nach der schriftlichen Mangelbeseitigungsaufforderung.   Nach Ansicht des LG Frankfurt ist zur Einhaltung dieser vertraglich vereinbarten Schriftform eine eigenhändige Unterschrift erforderlich. Eine Mangelanzeige per E-Mail genüge diesem Erfordernis nur, wenn eine qualifizierte elektronische Signatur vorliegt. 

Sachverhalt
Der Auftragnehmer baute im Jahr 2010 Kältemaschinen in einem Bürogebäude ein. Die Leistungen wurden im August 2010 abgenommen. Der VOB-Vertrag sieht für die Kälteanlagen eine Verjährungsfrist von 2 Jahren vor. In dem Vertrag ist weiter vereinbart, dass bei Änderungen und Ergänzungen des Vertrages Schriftform unter Ausschluss der telekommunikativen Übermittlung (mit Ausnahme von Telefax) erforderlich ist. 

Im August 2011 teilt die Auftraggeberin dem Auftragnehmer per E-Mail mit: „Die Kälteanlage hat keine Störungsanzeige im Display, läuft aber nicht an.“ Eine Mangelbeseitigung erfolgt nicht. Im Mai 2013 fordert die Auftraggeberin den Auftragnehmer unter Fristsetzung zur Mangelbeseitigung auf. Der Auftraggeber beruft sich auf Verjährung. 

Entscheidung des LG Frankfurt 
Das LG Frankfurt gibt dem Auftragnehmer Recht und bejaht die Verjährung. Die schriftliche Mangelanzeige im Mai 2013 sei nach Ablauf der zweijährigen Gewährleistungsfrist (August 2012) erfolgt, weil die E-Mail aus August 2011 der Schriftform des § 13 Abs. 5 Nr. 1 S. 2 VOB/B nicht genügt und deshalb keine verjährungsverlängernde Wirkung gehabt habe. Die nach § 126 BGB erforderliche eigenhändige Unterschrift könne nur durch die in § 126a BGB geregelte qualifizierte elektronische Signatur ersetzt werden. Ebenso sehen es das OLG Frankfurt (Urteil vom 30.04.2012 – 4 U 169/11) und das AG Berlin-Wedding (Urteil vom 06.02.2009 – 21 a C 221/08).

Das sieht die überwiegende Ansicht in Rechtsprechung und Literatur anders. Demnach genügen sowohl eine E-Mail ohne qualifizierte elektronische Signatur als auch ein Fax dem Schriftformerfordernis des § 13  Abs. 5 Nr. 1 S. 2 VOB/B, soweit sich aus dem Vertrag kein anderer Wille der Parteien ergibt. Begründet wird diese Ansicht – zutreffend – damit, dass die Mangelanzeige der in § 127 Abs. 2 BGB (nicht §§ 126, 126a BGB) geregelten Form entsprechen muss. Da die VOB/B in den Vertrag einbezogen, also vereinbart werden muss, handele es sich bei der Schriftform nach § 13 Abs. 5 N. 1 S. 2 VOB/B um eine vereinbarte Form nach § 127 Abs. 2 BGB. Danach genüge - soweit nicht ein anderer Wille der Vertragsparteien anzunehmen ist - die „telekommunikative Übermittlung“. Das umfasse sowohl eine einfache E-Mail als auch ein Fax. Gestützt wird diese Ansicht wird unter anderem gestützt durch Gesetzesentwurf zur Anpassung der Formvorschriften des Privatrechts vom 14.12.2000 (BT-Druck 1474987, S. 20), Werner/Pastor (Der Bauprozess, 15. Auflage 2015, Rn. 2918), das OLG Zweibrücken (Beschluss vom 04.03.2013 – 3 W 149/12) und das OLG München (Urteil vom 26.01.2012 – 23 U 3798/11 und Urteil vom 09.10.2014 – 29 U 857/14).

Entscheidend für die Frage, ob eine E-Mail ohne qualifizierte elektronische Signatur zur Einhaltung der Schriftform nach § 13 Abs. 5 Nr. 1 S. 2 VOB/B ausreicht sind mithin die konkreten Vereinbarungen der Vertragsparteien. Wird lediglich die Geltung der VOB/B vereinbart, gilt § 127 Abs. 2 BGB und eine einfache E-Mail ist ausreichend. Treffen die Parteien darüber hinaus ausdrückliche Regelungen zur Schriftform oder ergeben sich solche Regelungen im Rahmen der Vertragsauslegung, gilt die vereinbarte Schriftform. 
Im Ergebnis hat so auch das LG Frankfurt entschieden. Das LG hat aus der (Zusatz-) Vereinbarung der Parteien bzgl. der Formanforderungen für Änderungen und Ergänzungen des Vertrages deren Willen entnommen, dass zur Wahrung der Schriftform einfache E-Mails grundsätzlich ausgeschlossen sein sollen. Stimmt man dieser – wohl sehr weitgehenden Auslegung zu – gilt dieses vereinbarte Formerfordernis und eine einfache E-Mail ist nicht ausreichend. 

Fazit und Ausblick
Obwohl nach der überwiegenden Ansicht in Rechtsprechung und Literatur eine einfache E-Mail und auch ein Fax zur Wahrung der Schriftform nach § 13 Abs. 5 Nr. 1 S. 2 VOB/B ausreicht, soweit die Parteien keine abweichende Regelung getroffen haben, sollte das Urteil des Landgerichts Frankfurt berücksichtigt werden. Es muss damit gerechnet werden, dass Regelungen zur Schriftform – auch wenn diese sich nicht ausdrücklich auf Mangelanzeigen beziehen – als generelle Regelung ausgelegt werden. 
Für die Praxis bedeutet das, dass Mangelanzeigen, immer per Brief oder E-Mail mit qualifizierter elektronischer Signatur versendet werden müssen. Nur so kann (gerichtsfest) sichergestellt werden, dass die zusätzliche zweijährige Verjährung nach § 13 Abs. 5 Nr. 1 S. 2 VOB/B in Gang gesetzt wird. 

(LG Frankfurt Urteil vom 08. Januar 2015 - 2-20 O 229/13)

Melanie Eilers, Rechtsanwältin, Fachanwältin für Bau- und Architektenrecht

 

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