PFAS im Trinkwasser: Neue Grenzwerte und rechtliche Folgen für Stadtwerke und Kommunen ab 2026
Die Diskussion um per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen (PFAS) hat in den vergangenen Monaten deutlich an Dynamik gewonnen. Auslöser sind neue Erkenntnisse zur Persistenz und Gesundheitsrelevanz dieser PFAS-Stoffe sowie der zunehmend flächendeckende Nachweis von PFAS im Grund- und Trinkwasser in Deutschland.
Vor diesem Hintergrund treten am 12. Januar 2026 neue strenge PFAS-Grenzwerte für Trinkwasser in Kraft. Sie stellen Stadtwerke und Kommunen nicht nur vor technische Herausforderungen, sondern werfen auch erhebliche rechtliche und finanzielle Fragen auf – insbesondere mit Blick auf Haftung, Kosten und mögliche Rückgriffsansprüche gegen PFAS-Verursacher.
Neue PFAS-Grenzwerte nach der Trinkwasserverordnung
Die neuen Grenzwerte sind in der Trinkwasserverordnung (TrinkwV) geregelt. § 7 TrinkwV verpflichtet dazu, chemische Stoffe im Trinkwasser so zu begrenzen, dass eine Gesundheitsgefährdung ausgeschlossen ist. Konkret bestimmt Anlage 2 zur TrinkwV:
- ab 12. Januar 2026 einen Summengrenzwert von 0,1 µg/l für eine Gruppe von 20 relevanten PFAS („PFAS 20“),
- ab 12. Januar 2028 einen nochmals verschärften Grenzwert von 0,02 µg/l für vier besonders relevante PFAS („PFAS 4“).
Hinzu kommt nach § 28 TrinkwV eine umfassende Untersuchungspflicht für Betreiber von Wasserversorgungsanlagen auf PFAS im Trinkwasser. Für viele Wasserversorger bedeutet dies erstmals eine systematische Auseinandersetzung mit der Frage, ob und in welchem Umfang PFAS-Belastungen im Rohwasser oder Grundwasser vorliegen – und ob kurzfristig technische oder organisatorische Maßnahmen erforderlich werden.
Mit diesen Regelungen setzt der deutsche Gesetzgeber die EU-Trinkwasserrichtlinie (EU) 2020/2184 um. Die Richtlinie erlaubt den Mitgliedstaaten unterschiedliche Parameteransätze („PFAS gesamt“ oder „Summe der PFAS“) und gibt hierfür verbindliche Mindeststandards vor. Deutschland setzt diese Mindestvorgaben zunächst mit dem ab 2026 geltenden Summengrenzwert von 0,1 µg/l für 20 PFAS um und verschärft die Anforderungen ab 2028 mit einem deutlich niedrigeren Grenzwert für vier besonders relevante PFAS national weiter.
PFAS in Deutschland: kein Randproblem mehr
PFAS sind weder sichtbar noch geschmacklich wahrnehmbar, lassen sich aber im Wasser analytisch zuverlässig nachweisen. Inzwischen sind weit über tausend belastete Standorte in Deutschland bekannt. Die Ursachen sind vielfältig und reichen von industrieller Produktion über den Einsatz von Feuerlöschschäumen bis hin zu Deponien, Altlasten sowie militärischen oder und zivilen Flugplätzen.
Für Stadtwerke und Kommunen entsteht daraus ein komplexes Spannungsfeld zwischen Versorgungssicherheit, Gesundheitsschutz, Investitionsbedarf und rechtlicher Verantwortung. Technisch kommen zur PFAS-Entfernung vor allem Aktivkohle- und Ionenaustauscheranlagen sowie vereinzelt Membranverfahren zum Einsatz. Diese Lösungen sind wirksam, aber kostenintensiv – sowohl im Aufbau als auch im laufenden Betrieb.
Wo Aufbereitung allein nicht ausreicht, bleibt häufig nur die Erschließung alternativer Wasserressourcen oder der Anschluss an Fernwasserversorgungen. Allerdings zeigt sich zunehmend, dass PFAS auch in überregionalen Versorgungssystemen kein Einzelfall mehr sind. Für viele Kommunen entwickelt sich die PFAS-Thematik damit zu einer strategischen Infrastrukturfrage.
Rechtliche Fragen rücken in den Vordergrund
Während die öffentliche PFAS-Debatte häufig Umwelt- und Gesundheitsaspekte in den Mittelpunkt stellt, gewinnen für die kommunale Praxis daneben zunehmend haftungsrechtliche und kostenrechtliche Fragen an Bedeutung.
Die steigende Belastung des Grundwassers mit PFAS, strengere Grenzwerte und damit einhergehend neue Untersuchungspflichten führen bei Wasserversorgern zu erheblichen Aufwendungen. Damit rückt die Frage nach rechtlichen Rückgriffsmöglichkeiten gegen PFAS-Verursacher in den Fokus – etwa nach Umwelt-, Zivil- oder öffentlichem Recht sowie im Kontext europäischer PFAS-Beschränkungen nach der REACH-Verordnung.
Einordnung und Ausblick
Vor diesem Hintergrund empfiehlt es sich, die eigene Versorgungssituation frühzeitig und strukturiert zu analysieren: Welche PFAS-Messdaten liegen vor? Wo bestehen potenzielle Eintragsquellen? Und welche technischen, organisatorischen und rechtlichen Schritte sind absehbar? Kann der Umweltschaden insgesamt angegangen werden und/oder sind Maßnahmen der Trinkwasseraufbereitung umzusetzen?
Die neuen PFAS-Grenzwerte im Trinkwasser markieren keinen bloßen Detailwechsel im Umwelt- oder Trinkwasserrecht, sondern einen strategischen Wendepunkt für die kommunale Wasserversorgung in Deutschland. Es geht nicht allein um die Einhaltung technischer Vorgaben, sondern um langfristige Versorgungssicherheit, die Begrenzung finanzieller Risiken und die Sicherung eigener Rechtspositionen.
PFAS-Fälle sind komplex und erfordern regelmäßig ein abgestimmtes Vorgehen zwischen Technik, Verwaltung und Recht. Eine frühzeitige und integrierte Betrachtung stärkt die Handlungsspielräume – rechtlich, wirtschaftlich und organisatorisch – in einem Themenfeld, das Stadtwerke und Kommunen noch über Jahre beschäftigen wird.

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