Dezember 2013 Blog

Zur Auslegung von Bauverträgen: „Kästchen“ in den Formularverträgen sind anzukreuzen!

Nicht selten trifft man in der Praxis auf vorformulierte Verträge, bei denen verschiedene Textalternativen durch Ankreuzen des jeweiligen vorangestellten Kästchens ausgewählt werden können. Teilweise enthalten solche Verträge auch Leerräume innerhalb des Textes, der mit dem entsprechenden Text zu vervollständigen ist. Der BGH hat nunmehr entschieden, dass alleine das Ausfüllen solcher Leerstellen nicht dazu führt, dass die Textstelle als von den Vertragsparteien gewollt anzusehen ist, wenn nicht gleichzeitig auch das vorhergehende Kästchen angekreuzt wird.

Fragen der Vertragsauslegung spielen in der juristischen Praxis häufig eine (fall-) entscheidende Rolle. Den wirklichen Willen der Parteien zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses festzustellen, ist im Nachhinein meist schwierig. Zumal dann, wenn jede Partei für sich beansprucht, die einzige mögliche Auslegungsmöglichkeit zu vertreten und bei Vertragsschluss „alles ganz klar“ gewesen sei.

Zu diesem Themenkomplex steuert der BGH mit seinem Urteil vom 20. Juni 2013 Az.: VIII ZR 82/12 eine sehr interessante Entscheidung bei, deren Ergebnis nicht zwingend einleuchtend ist. Umso wichtiger ist es, diese Entscheidung zu kennen und bei der Vertragsgestaltung bzw. beim Abschluss von Verträgen zu beachten.

In dem von BGH entschiedenen Fall ging es darum, ob die in einem Formularvertag vorgesehene Vertragsstrafe wirksam vereinbart war oder nicht. Der Formularvertag enthielt verschiedene Alternativregelungen, wobei die jeweilige Alternative durch Ankreuzen des vorangestellten Kästchens auszuwählen war. An anderen Stellen im Vertrag hatten die Parteien entsprechend Kästchen auch tatsächlich angekreuzt. Lediglich bei den vorformulierten Vertragsbedingungen zur Vertragsstrafe hatten die Parteien keines der entsprechenden Kästchen angekreuzt. Sie hatten aber die im Text zur Vertragsstrafe befindlichen Leerstellen bezüglich der Höhe der Vertragsstrafe sowie deren Begrenzung ausgefüllt.  Als unbedarfter Betrachter hätte man daher durchaus daran denken können, dass die Parteien damit eine Vertragsstrafe in der entsprechenden Höhe übereinstimmend gewollt hatten und dies damit Parteiwille ist.

Der BGH sieht dies aber anders. Die Klausel sei nicht in den Vertag eingebracht worden (§ 305 Abs. 1 Satz 1 BGB). Es sei Sache des Verwenders der vorformulierten Vertragsbedingungen, darauf zu achten, dass seine Vertragsbedingungen klar und unmissverständlich in den Vertrag miteinbezogen würden. Alleine das Ausfüllen der Textlücken reiche hierfür noch nicht aus. Dies stelle - so der BGH - lediglich die Vorbereitung der Einbeziehung dar. Die Einbeziehung der Klausel selbst erfolge aber ausschließlich durch das Ankreuzen des entsprechenden Kästchens.

Die Berufungsinstanz (OLG Köln) hatte das Vertragswerk noch gänzlich anders beurteilt. Nach Auffassung des OLG Köln sollte hier eine Vertragsstrafe vereinbart sein. Denn ansonsten wäre das Ausfüllen der Textlücken „unsinnig und widersprüchlich“. Von einer Unklarheit – so das OLG Köln – im Sinne von § 305 c Abs. 2 BGB könne jedenfalls nicht ausgegangen werden.

Hinweise für die Praxis

Im Ergebnis ist die Entscheidung des BGH folgerichtig. Denn es ist tatsächlich für einen an den Vertragsverhandlungen Beteiligten objektiven Dritten nicht eindeutig erkennbar, ob es sich bei der Ausfüllung des Lückentextes nicht lediglich auch um einen Vorschlag des Verwenders der Vertragsklauseln handelte und ob diese Klausel in dieser Form in den Vertag einbezogen werden sollte oder nicht. Dies hätte allein das Ankreuzen des Kästchens signalisiert, zumal die Parteien dies bei den anderen Auswahlmöglichkeiten ebenfalls durch Ankreuzen der Kästchen kenntlich gemacht hatten.

Gleichwohl zeigt das Urteil, dass man in der Praxis gerade bei Formularverträgen nicht sorgfältig genug vorgehen kann.

(BGH, Urteil v. 20. Juni 2013 – VII ZR 82/12)

Johannes Schuhmann, Rechtsanwalt

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