16. Sanktionspaket der EU: Verschärfung der Russland- und Belarus-Embargomaßnahmen
Am 24. Februar 2025 sind anlässlich des dritten Jahrestages des russischen Angriffs auf die Ukraine mit dem 16. Sanktionspaket neue Verordnungen zur Verschärfung der EU-Sanktionen gegen Russland und Belarus veröffentlicht worden und einen Tag später in Kraft getreten.
Überblick
Das 16. Sanktionspaket umfasst sechs Verordnungen:
- Verordnung (EU) 2025/389 zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 269/2014 (VO 269/2014), durch die personenbezogene Sanktionen gegen die in Anhang I der VO 269/2014 aufgeführten Personen, Organisationen und Einrichtungen (POE) festgesetzt werden (Gebot des Einfrierens ihrer in der EU belegenen Vermögenswerte und eines Verbots, ihnen Gelder oder wirtschaftliche Ressourcen zur Verfügung zu stellen).
- Durchführungsverordnung (EU) 2025/390, durch die der Anhang I der VO 269/2014 um weitere POE ergänzt wurde.
- Verordnung (EU) 2025/392 zur Änderung der Belarus-Sanktionsverordnung (EG) Nr. 765/2006 (VO 765/2006).
- Verordnung (EU) 2025/395 zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 833/2014 (VO 833/2014), mit der weitere güter- , dienstleistungsbezogene und andere Sanktionen erlassen wurden.
- Verordnung (EU) 2025/398, durch die die Sanktionen in der Verordnung (EU) 2022/263 in Bezug auf die nicht von der ukrainischen Regierung kontrollierten Gebiete der Regionen Donezk, Luhansk, Cherson und Saporischschja insbesondere hinsichtlich der Erbringung sog. nicht-akzessorischer Dienstleistungen erweitert wurden.
- Verordnung (EU) 2025/401, durch die Sanktionen in der Verordnung (EU) Nr. 692/2014 als Reaktion auf die rechtswidrige Annexion der Krim und Sewastopol insbesondere hinsichtlich der Erbringung sog. nicht-akzessorischer Dienstleistungen erweitert wurden.
Neue Sanktionen gegen Russland
Neue personenbezogene Sanktionen
Mit dem 16. Sanktionspaket wurde der Anhang I zur VO 269/2014 um weitere 48 natürliche und 35 juristische Personen erweitert. Die in der EU befindlichen Vermögenswerte dieser Personen werden somit eingefroren; überdies ist es verboten, ihnen Gelder oder wirtschaftliche Ressourcen zur Verfügung zu stellen. Damit sind in der Verordnung VO 269/2014 nunmehr 1927 Personen sowie 542 Einrichtungen gelistet.
Zudem wurde Art. 3 Abs. 1 VO 269/2014 um zwei weitere Kriterien (lit. k) und l)) für die Aufnahme von POE in den Anhang I ergänzt. Lit. k) gilt für POE, die Schiffe besitzen, kontrollieren, verwalten oder betreiben, die an bestimmten Aktivitäten beteiligt sind, oder die anderweitig materielle, technische oder finanzielle Unterstützung für den Betrieb solcher Schiffe leisten. Lit. l) gilt für POE, die Teil des militärisch-industriellen Komplexes Russlands sind, diesen materiell oder finanziell unterstützen oder davon profitieren.
Weitere neue Sanktionen
Erweiterung von güterbezogener Sanktionen
Die Verbotsausnahmen in Art. 2 Abs. 3 und 3a sowie Art. 2a Abs. 3 und 3a VO 833/2014 werden deutlich eingeschränkt. Die alten Verbotsausnahmetatbestände finden sich nun teilweise in den Genehmigungstatbeständen der Absätze 4 und 4a der Artikel 2 und 2a VO833/2014 wieder.
Zudem verbietet Art. 2b Abs. 1 VO 833/2014 nunmehr den Verkauf, die Lieferung, die Verbringung oder die Ausfuhr von Dual-Use-Gütern sowie in Anhang VII gelisteten Gütern an in Anhang IV gelistete POE. Der neu eingefügte Abs. 1a verbietet überdies mit den in Abs. 1 genannten Waren im Zusammenhang stehende technische Hilfe, Vermittlungsdienste, andere Dienste, Finanzmittel oder Finanzhilfen oder den Verkauf von geistigem Eigentum. Zudem wurden 53 neue Unternehmen zum Anhang IV VO 833/2014 hinzugefügt, die den militärischen und industriellen Komplex Russlands in seinem Angriffskrieg gegen die Ukraine direkt unterstützen. Jedoch sind nur ca. ein Drittel dieser Unternehmen russische Unternehmen. Die übrigen neu aufgenommenen Unternehmen sind in Drittländern (China, Indien, Kasachstan, Singapur, Türkei, Vereinigte Arabische Emirate und Usbekistan) ansässig und haben sich beispielsweise an der Umgehung von Sanktionen beteiligt oder bei der Beschaffung sensibler Güter unterstützt, die etwa für Drohnen und Raketen für russische Militäreinsätze benötigt werden.
Anhang VII, der die Liste der Güter, die zur militärischen und technologischen Stärkung Russlands oder zur Entwicklung seines Verteidigungs- und Sicherheitssektors beitragen könnten, wurde durch die Aufnahme von Gütern erweitert, die von Russland im Angriffskrieg gegen die Ukraine verwendet wurden, sowie durch Aufnahme von Gütern, die zur Entwicklung oder Herstellung seiner militärischen Systeme beitragen. Darunter sind unter anderem chemische Ausgangsstoffe für Reizstoffe (riot control agents), Software im Zusammenhang mit numerisch gesteuerten Werkzeugmaschinen (CNC-Maschinen), Chromverbindungen und Steuerungen für Drohnen.
Durch ds 16. Sanktionspaket wird nunmehr auch der KN-Code 7601 (Aluminium in Rohform) in Anhang XXI gelistet. Somit dürfen auch hiervon erfasste Güter gemäß Art. 3i Abs. 1 VO 833/2014 nicht mehr gekauft oder in die EU eingeführt oder verbracht werden. Art. 3i Abs. 3cg sieht eine bis zum 26. Februar 2026 befristete Ausnahme vom Verbot für die Einfuhr dieser Waren vor, maximal jedoch 275.000 Tonnen in dem gesamten Zeitraum. Zudem sieht 3i Abs. 3ch eine Altvertragsregelung vom 26. Februar 2026 bis zum 31. Dezember 2026 vor für Verträge vor, die vor dem 25. Februar 2025 geschlossen wurden, maximal jedoch 50.000 Tonnen für diesen Zeitraum.
Zudem wurde der Anhang XXIII um verschiedene KN-Codes erweitert, die nun ebenfalls dem Verkaufs-, Ausfuhr-, Lieferungs- und Verbringungsverbot des Art. 3k Abs. 1 VO 833/2014 unterliegen. Erweitert oder neu aufgenommen wurden u.a. folgende KN-Codes: 2518 (Dolomit), 2519 (Magnesia), 2520 (Gips), 2615 (verschiedene Erze), 3604 (pyrotechnische Artikel), 3605 (Zündhölzer), 3604 (Cer-Eisen), 4811 41 und 4811 49 (Papier und Pappe), 7007 19 und 7007 21 (Einschichten- und Mehrschichten-Sicherheitsglas), 7320 10 (Blattfedern und Federblätter aus Eisen oder Stahl).
Auch der Verkauf, die Lieferung, Weitergabe oder Bereitstellung von Software des Anhangs II an russische POE oder zur Verwendung in Russland, einschließlich seiner ausschließlichen Wirtschaftszone und seines Festlandsockels, ist verboten. In Anhang II werden verschiedene Arten von Software für die Erdöl- und Erdgasexploration gelistet.
Das bestehende Verbot gemäß Art. 3t Abs. 1 VO 833/2014 hinsichtlich des Verkaufs, der Lieferung, Verbringung oder Ausfuhr von Güter, Technologien und Dienstleistungen, die der Fertigstellung von im Bau befindlichen Flüssigerdgas-Projekten wie Terminals und Anlagen dienen, wurde nunmehr auch auf die Fertigstellung von Rohöl-Projekten in Russland, wie Explorations- oder Förderprojekten, erweitert.
Erweiterung des Warenkatalogs mit besonderen Sorgfaltspflichten
Zudem werden die Sorgfaltsplichten des Art 12gb Abs. 1, 2 und 3 VO 833/2014 ab dem 26. Mai 2025 auf Güter ausgedehnt, die in Anhang XLVIII gelistet sind. Dies umfasst bisher aber nur Waren mit den KN-Codes 8502 20 (Stromerzeugungsaggregate) und 8536 50 (Schalter).
Weitere Sanktionen gegen die „Schattenflotte“
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Aufnahme von 74 Schiffen aus Drittländern in den Anhang XLII, der nunmehr 153 Schiffe listet. Diese Schiffe sollen Teil der sog. „Schattenflotte“ sein, mit der die Ölpreisobergrenze umgangen wird oder mit denen militärische Ausrüstung oder gestohlenes ukrainisches Getreide befördert wurde. Die Schiffe unterliegen nun den Sanktionen nach Art. 3s VO 833/2014 und damit unter anderem dem Verbot des Zugangs zu Häfen und Schleusen der EU-Mitgliedstaaten sowie zu einer Vielzahl von Dienstleistungen im Zusammenhang mit dem Seeverkehr.
Neue Finanzsanktionen
Zum ersten Mal verhängt die EU ein Transaktionsverbot für Kredit- oder Finanzinstitute mit Sitz außerhalb Russlands, die das „System for Transfer of Financial Messages“ (SPFS) der russischen Zentralbank nutzen. SPFS ist ein spezialisierter Finanznachrichtendienst, der von der russischen Zentralbank entwickelt wurde, um die Auswirkungen restriktiver Maßnahmen zu neutralisieren. Gemäß Art. 5ac Abs. 2 VO 833/2014 ist es verboten, sich an Transaktionen mit einer der in Anhang XLIV aufgeführten außerhalb Russlands niedergelassenen POE zu beteiligen. Gelistet wurden jedoch nur drei Banken (Bank BelVEB, Belgazprombank und VTB Bank (PJSC) Shanghai Branch).
Zudem wurden 13 regionale russische Banken in Anhang XIV der VO 833/2014 gelistet, die fortan gemäß Art. 5h VO 833/2014 aus dem Finanzkommunikationssystem SWIFT ausgeschlossen sind.
Erweiterter Schutz für Wirtschaftsbeteiligte der EU
Um die ordnungsgemäße Umsetzung der Sanktionen und den angemessenen Schutz der Wirtschaftsbeteiligten der Union zu gewährleisten, können Wirtschaftsbeteiligte aus der Union gemäß Art. 11a und 11b VO 833/2014 für bestimmte Schäden, die ihnen aufgrund von Ansprüchen entstanden sind, welche die in Art. 11 Abs. 1 lit. a), b) oder c) VO 833/2014 in Bezug genommenen Personen oder Organisationen geltend gemacht haben, vor einem zuständigen Gericht eines EU-Mitgliedstaats Schadensersatz einfordern.
Diese Vorschriften wurden weiter konkretsiert, u.a. wurde der Bezug zu russischen Rechtsvorschriften korrigiert und klargestellt, dass Schadenersatzansprüche auch von Wirtschaftsbeteiligten aus der Union geltend gemacht werden können, die Eigentümer der in Art. 11 Abs. 1 lit. a), b) oder c) VO 833/2014 in Bezug genommenen Organisationen oder Einrichtungen sind oder diese kontrollieren.
In Situationen, in denen Russland oder ein anderes Drittland Maßnahmen ergreift, um die Einhaltung der VO 833/2014 zu unterlaufen, kann davon ausgegangen werden, dass die Wirtschaftsbeteiligten aus der Union de facto keinen wirksamen Zugang zu den Rechtsbehelfen im Rahmen dieser nationalen Gerichtsbarkeit haben.
Um die effektive Umsetzung der restriktiven Maßnahmen sicherzustellen und möglichen Fällen der Rechtsverweigerung abzuhelfen, hat die EU in Art. 11d VO 833/2014 eine Notzuständigkeit („forum necessitatis“) eingeführt, damit ein Gericht eines Mitgliedstaats ausnahmsweise über eine Schadenersatzforderung gemäß den Art. 11a und 11b VO 833/2014 entscheiden kann, wenn das Unionsrecht oder das Recht eines Mitgliedstaats nicht die Zuständigkeit eines Gerichts eines bestimmten Mitgliedstaats festlegt. Die Notzuständigkeit sollte jedoch nur ausgeübt werden, wenn die Sache einen ausreichenden Bezug zu dem Mitgliedstaat des angerufenen Gerichts aufweist, z. B., wenn der Kläger seinen Wohnsitz in diesem Mitgliedstaat hat oder nach dem Recht dieses Mitgliedstaats gegründet wurde.
Sonstige Änderungen der VO 833/2014
Ferner verlieren acht in Anhang XV aufgenommene Medienunternehmen ihre Sendelizenz, weil sie daran beteiligt sind, den Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine voranzutreiben und zu unterstützen und die Nachbarländer Russlands sowie die EU und ihre Mitgliedstaaten zu destabilisieren.
Zudem wurde das EU-Flugverbot gemäß Art. 3d VO 833/2014 auf Luftfahrtunternehmen ausgeweitet, die Inlandsflüge innerhalb Russlands durchführen oder Flugzeuge oder andere Luftfahrtgüter und -technologie an ein in Anhang XLVI gelistetes russisches Luftfahrtunternehmen und die von diesen kontrollierten Einrichtungen exportieren. Anhang XLVI ist jedoch noch leer.
Außerdem werden gemäß dem neu eingeführten Art. 5ae Abs. 1 und 2 jegliche Transaktionen mit in den Anhängen XLVII aufgeführten Häfen, Schleusen (Teil A des Anhangs) und Flughäfen (Teil B des Anhangs) in Russland verboten, die für den Transfer von Drohnen, Raketen und zugehöriger Technologie und Komponenten nach Russland oder für die Umgehung der Ölpreisobergrenze oder anderer restriktiver Maßnahmen genutzt werden. Dies schließt den Zugang zu Anlagen der gelisteten Häfen und Schleusen und die Erbringung von Dienstleistungen für Schiffe oder Luftfahrzeuge ein. Es sind angemessene Ausnahmen vorgesehen, um nachteilige Auswirkungen auf den rechtmäßigen Handel oder auf direkte persönliche Kontakte zu verhindern. Das Transaktionsverbot ist auf Infrastruktur in Russland beschränkt.
Auch das bestehende Verbot der Beförderung von Gütern auf der Straße nach Art. 3l VO 833/2014 wurde verschärft. Künftig verbietet Art. 3l Abs. 1b VO 833/2014 jegliche Änderungen der Kapitalstruktur von Kraftverkehrsunternehmen in der EU, die den prozentualen Anteil einer russischen natürlichen oder juristischen Person über 25 % erhöhen würden.
Zudem ist nunmehr auch die Erbringung von Dienstleistungen im Bereich des Bauwesens gemäß Art. 5n Abs. 2 VO 833/2014 verboten. Dies schließt auch Hoch- und Tiefbauarbeiten ein. Außerdem wird in dem neu eingefügten lit. c) zu Art. 5n Abs. 3 VO 833/2014 klargestellt, dass auch der Verkauf, die Erteilung von Lizenzen und die anderweitige Übertragung von Rechten des geistigen Eigentums sowie die Weitergabe von Geschäftsgeheimnissen im Zusammenhang mit Software verboten ist.
Neue Sanktionen gegen Belarus
Die für die VO 833/2014 vorgesehenen Änderungen und Erweiterungen wurden entsprechend spiegelbildlich in der VO 765/2006 gegen Belarus umgesetzt. Insoweit sei auf obige Ausführungen verwiesen. Neue personenbezogene Sanktionen nach Art. 2 VO 765/2006 wurden hingegen nicht verhängt.
Neue Sanktionen betreffend die Krim und Sewastopol sowie die Oblaste Donezk, Cherson, Luhansk und Saporischschja
Die Verordnung 2025/401 verschärft die bestehenden Sanktionen betreffend die Krim und Sewastopol, und die Verordnung 2025/398 verschärft weitgehend identisch die bestehenden Sanktionen betreffend die russisch besetzten Oblaste Donezk, Cherson, Luhansk und Saporischschja, die nicht von der ukrainischen Regierung kontrolliert werden.
Die neuen Sanktionen verbieten jeweils vor allem die Erbringung von Dienstleistungen in den Bereichen Rechnungswesen, Wirtschaftsprüfung, Buchführung, Steuerberatung, Unternehmens- und Public-Relations-Beratung, Bauwesen, Architektur, Ingenieurwesen, Rechtsberatung, IT-Beratung, Markt- und Meinungsforschung, technische, physikalische und chemische Untersuchungen und Werbung. Zudem wurde auch die Bereitstellung, Lieferung, Weitergabe und Ausfuhr bestimmter Software für die Unternehmensführung und Software für Industriedesign und Fertigung verboten. Auch dürfen keine Rechte des geistigen Eigentums, Geschäftsgeheimnisse oder Lizenzen im Zusammenhang mit der sanktionierten Software verkauft, verteilt oder anderweitig weitergegeben werden.
Fazit
Die jüngsten Anpassungen der Sanktionen gegen Russland und Belarus sind eher gradueller Natur. Das Sanktionspaket zielt auf wichtige Sektoren der russischen Wirtschaft, insbesondere auf die Bereiche Energie, Handel, Verkehr, Infrastruktur und Finanzdienstleistungen. Außerdem werden weitere Maßnahmen hinzugefügt, um die Umgehung der Sanktionen einzudämmen.
Bemerkenswert ist insbesondere, dass vermehrt POE in Drittländern gelistet werden. Europäische Unternehmen sind gut beraten, weiterhin mit Blick auf die zunehmend komplexer werdenden Russland- und Belarus-Sanktionen sehr wachsam zu bleiben und die jüngsten Sanktionsverschärfungen in ihren betriebsinternen Compliance-Strukturen abzubilden.

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