März 2025 Blog

Achselzuck: Zum rechtsgeschäftlichen Bedeutungsgehalt von Emojis

Im Kontext einer kaufvertraglichen Streitigkeit erläutert das OLG München in einem dogmatisch blitzsauberen Urteil äußerst vergnüglich, in welchem Kontext verschiedenen Emojis welche rechtsgeschäftliche Bedeutung beizumessen ist.

Hintergrund

In dem zugrundeliegenden Fall war streitig, ob der Käufer eines Ferrari in einem Chatverlauf unter Verwendung von Emojis mit dem Verkäufer einer Vertragsänderung hinsichtlich des Lieferzeitpunkts des Wagens zugestimmt hatte. 

Entscheidung

Ausgangspunkt war die Feststellung des Senats, dass Willenserklärungen auch durch elektronisch übermittelte Erklärungen angegeben werden können und daher den allgemeinen Regeln der Rechtsgeschäftslehre unterliegen. Da der Erklärende seinen Willen auch vermittels Zeichen kundtun könne, sei dies auch in Gestalt von digitalen Piktogrammen wie Emojis möglich. Diese würden, so der Senat, häufig genutzt, um eine Aussage zu unterstreichen oder zu verstärken oder sollten klarstellen, in welchem Sinne etwas zu verstehen sei (z.B. ironisch). In dieser Funktion erfüllten Emojis im digitalen Diskurs ähnliche Funktionen wie Intonation, Gestik, Mimik und andere körpersprachliche Elemente in realen Gesprächen. Dabei sei es eine Frage der Auslegung, ob durch die Verwendung lediglich eine „Stimmungs- oder Gefühlslage“ mitgeteilt werden oder ein Rechtsbindungswille zum Ausdruck gebracht werden soll.

Wie auch sonst sei bei der Verwendung von Emojis zu fragen, wie ein verständiger Empfänger der Nachricht die Willenserklärung nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte verstehen durfte, §§ 133, 157 BGB, wobei „der Rechtsanwender“ zur Bestimmung des Bedeutungsgehalts von Emojis gegebenenfalls auch ein Emoji-Lexika zurate ziehen könne.

Ausgehend hiervon befand das Gericht, dass das Emoji:

😬

nicht als Zustimmung zu einer verspäteten Lieferung des Ferrari verstanden werden könne: Ausgehend von seiner in den gebräuchlichen Emoji-Lexika Emojipedia und Emojiterra angegebenen Bedeutung stelle der sog. „Grimassen schneidendes Gesicht“-Emoji grundsätzlich negative oder gespannte Emotionen dar, besonders Nervosität, Verlegenheit, Unbehagen oder Peinlichkeit. Dass die Parteien des Rechtsstreits – individuell oder aus Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe – diesem eine davon abweichende Bedeutung beigemessen hätten, sei weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Zudem sei der spezifische Kontext zu berücksichtigen. Der vom Kläger verwendete Ausdruck „Ups“ sei allenfalls als Ausruf der Überraschung oder des Erstaunens zu werten, keinesfalls aber sei damit eine zustimmende Aussage verbunden.

Gleiches gelte für die Verwendung des Emoji:

👍🏼

Zwar signalisier der sog. „Daumen hoch“-Emoji laut der oben angegebenen Emoji-Lexika und in Übereistimmung mit dem überwiegenden Verständnis dieser Geste bei physischer Verwendung regelmäßig Zustimmung, Einverständnis oder Anerkennung. Im Kontext des Chats sei dieses Emoji aber bei der Diskussion um die Konfiguration des Ferrari verwendet worden und nicht im Zusammenhang mit dem Liefertermin.

Zuletzt habe auch die Verwendung des Emoji:

😀

im Kontext einer zwischenzeitlichen Nachfrage des Klägers, wie es mit der Lieferung stehe, nicht zu einer konsentierten Verschiebung des Liefertermins geführt.

Im Ergebnis hat der Senat daher das erstinstanzliche Urteil aufgehoben und den beklagten Verkäufer zur Rückzahlung der Anzahlung in Höhe von knapp EUR 60.000,-verurteilt.

Anmerkung

Das OLG München wird so langsam aber sicher zu meinem Lieblings-Obergericht. Methodisch sauber und nicht ohne Witz. Also aufgepasst bei WhatsApp & Co.: Besser vorab im Emoji-Lexikon nachschlagen!

(OLG München, Endurteil v. 11.11.2024 – 19 U 200/24 e)

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