Arbeit trifft auf Ballermann
Arbeiten, aber trotzdem gleichzeitig auf Mallorca, der Karibik oder an anderen traumhaften Urlaubsorten Sonne und Meer genießen: Zu schön, um wahr zu sein? In Zeiten der Digitalisierung nicht mehr unbedingt - zumindest für denjenigen, der seine Arbeit auch im Home-Office, das durch Corona richtig in Mode gekommen ist, erledigen kann.
Im sog. „Workation“-Modell können Arbeitnehmer ihre Arbeit (work) mit ihrem Urlaub (vacation) kombinieren. Es besteht praktisch kaum ein Unterschied zum Home-Office, außer demjenigen, dass sich der Arbeitsort eben nicht mehr in den eigenen vier Wänden befindet, sondern am Urlaubsort. Vielfach übersehen wird dabei aber, dass durch die Verlagerung des Arbeitsortes ins Ausland gleich eine ganze Reihe von Rechtsproblemen aufgeworfen wird.
Als Erstes stellt sich schon einmal die Frage, welches Arbeitsrecht anwendbar ist – deutsches oder das des jeweiligen Urlaubsortes. Eine Antwort auf diese Frage wird man in Art. 8 Abs. 1 Satz 2 Rom-I-VO suchen müssen. Danach richtet sich das anzuwendende Recht nach dem „gewöhnlichen Arbeitsort“. Ist der Auslandsaufenthalt also dauerhaft oder wird die Arbeit über einen längeren Zeitraum im Ausland erbracht und fällt der Ort der gewöhnlichen Arbeitsleistung damit ins Ausland, dürfte ausländisches Recht Anwendung finden. Hier kann man versuchen, mit Rechtswahlklauseln Abhilfe zu schaffen.
Ein zusätzlicher Stolperstein - vor allem für Arbeitgeber - ergibt sich aus § 2 Abs. 2 des Nachweisgesetzes in der seit dem 1. August 2022 geltenden Fassung, sofern der Arbeitnehmer seine Arbeit mehr als vier Wochen am Stück im Ausland verrichtet. Denn dann muss der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer noch einige Zusatzinformationen aushändigen, u.a. die Dauer der im Ausland auszuübenden Tätigkeit oder die Bedingungen einer Rückkehr.
Darüber hinaus schafft das Sozialversicherungsrecht zusätzliche Rechtsfragen bei Workation. Für die Frage der Anwendbarkeit welches Sozialversicherungsrechts gelten nämlich andere Grundsätze als für das Arbeitsrecht. Ausschlaggebend ist zunächst wieder, in welchem Staat sich der Arbeitsort befindet. Gemäß Art. 13 VO (EG) 883/2004 bleibt es für den Arbeitnehmer nur dann beim deutschen Sozialversicherungsrecht, wenn er einen Wohnsitz in Deutschland hat und höchstens 75 % seiner Tätigkeit im Ausland erbringt. Ist der Tätigkeitsanteil im Ausland höher, dann gilt das nur noch in Ausnahmefällen. Und außerhalb der EU kommt es vor allem darauf an, ob im Einzelfall zwischenstaatliche Sozialversicherungsabkommen bestehen. Falls nein, kann es auch schon mal zur doppelten SV-Pflicht kommen.
Schlussendlich stellt sich auch noch die Frage des Steuerrechts. Deutschland bleibt in der Regel aufgrund bestehender Doppelbesteuerungsabkommen steuerberechtigt, wenn der Arbeitnehmer einen Wohnsitz und der Arbeitgeber seinen Sitz in Deutschland hat und der Arbeitnehmer sich weniger als 183 Tage innerhalb eines Steuerjahres in einem anderen Staat aufhält. Es gibt jedoch durchaus auch Staaten, die beliebt für „Workation“ – weil attraktive Urlaubsländer – sind, mit denen aber kein DBA besteht. Hier muss besonders auf die Steuerpflichten geachtet werden.
Ganz abgesehen davon ist auch unbedingt noch zu prüfen, ob der im Ausland tätige Arbeitnehmer durch seine Tätigkeit nicht für den Arbeitgeber eine ausländische Betriebstätte begründet, was wiederum zu steuerlichen Folgen für den Arbeitgeber im Ausland führen würde.
Will man also Urlaub mit Arbeit oder Arbeit mit Urlaub verbinden, dann sollte das rechtlich sorgfältig vorbereitet sein. Und ganz abgesehen davon: Es ist natürlich immer auch die Zustimmung des Arbeitgebers nötig. Das Arbeitsgericht München hat bereits entschieden, dass kein Anspruch darauf besteht, aus dem Ausland arbeiten zu dürfen. Ein solcher kann allenfalls in Betriebsvereinbarungen oder Tarifverträgen vorgesehen werden, was aber – soweit ersichtlich – bislang noch nicht der Fall ist.