Oktober 2025 Blog

BGH stärkt Vermieterrechte: Eigenbedarfskündigung trotz Umbau- und Verkaufsabsicht wirksam

Mit Urteil vom 24. September 2025 – VIII ZR 289/23 hat der Bundesgerichtshof (BGH) die Abgrenzung zwischen Eigenbedarfskündigung (§ 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB) und Verwertungskündigung (§ 573 Abs. 2 Nr. 3 BGB) weiter präzisiert – und dabei die Position von Vermietern deutlich gestärkt.

Sachverhalt

Der Kläger war Eigentümer und Bewohner einer Wohnung im vierten Obergeschoss eines Mehrparteienhauses sowie des darüberliegenden Dachgeschosses. Die Beklagte mietete seit 2006 die darunterliegende, ähnlich geschnittene Wohnung, die ebenfalls im Eigentum des Klägers stand. Der Vermieter plante, das Dachgeschoss auszubauen und mit seiner eigenen Wohnung zu verbinden, um diese erweiterte Einheit anschließend zu verkaufen. Während der Bauphase wollte er die Wohnung der Mieterin selbst bewohnen. Entsprechend kündigte er wegen Eigenbedarfs.

Das Amtsgericht gab der Räumungsklage statt, das Landgericht Berlin wies sie mit der Begründung ab, es liege in Wahrheit keine Eigenbedarfskündigung, sondern eine Verwertungskündigung vor, deren Voraussetzungen nicht vorlägen.

Entscheidung des BGH

Der BGH hob das Urteil des Landgerichts auf. Die Begründung: Das Berufungsgericht habe die Maßstäbe für das Vorliegen von Eigenbedarf verkannt. Der BGH stellte klar:

  • Der Begriff des „Benötigens“ im Sinne von § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB verlangt keine zwingende Notlage. Es genügt ein ernsthafter, vernünftiger und nachvollziehbarer Eigennutzungswunsch.
  • Die Gerichte haben die Lebensplanung des Vermieters zu respektieren und dürfen nicht ihre eigenen Vorstellungen von „angemessenem Wohnen“ an deren Stelle setzen.
  • Auch ein willentlich herbeigeführter Bedarf – etwa durch geplante Umbaumaßnahmen oder beabsichtigten späteren Verkauf – kann einen rechtlich anerkannten Eigenbedarf begründen, solange kein Rechtsmissbrauch vorliegt.

Damit erteilte der BGH der Annahme einer Verwertungskündigung, deren rechtliche Voraussetzung sehr hoch liegen, eine Absage: Der Kläger wollte die vermietete Wohnung nicht verwerten, sondern vorübergehend und tatsächlich selbst nutzen. Dass mit der Lebensplanung zugleich ein wirtschaftlicher Vorteil verbunden ist, ändert daran nichts.

Folgen für die Praxis

Die Entscheidung ist ein wichtiges Signal zugunsten von Vermietern:

  • Gestaltungsfreiheit des Eigentümers: Vermieter dürfen ihre Wohn- und Lebensverhältnisse aktiv gestalten. Selbst wenn der Eigenbedarf im Zusammenhang mit Umbau- oder Verkaufsabsichten steht, kann er wirksam geltend gemacht werden – sofern der Eigennutzungswunsch ernsthaft und nachvollziehbar ist.
  • Sorgfältige Begründung der Kündigung: In der Praxis sollte der Nutzungswunsch klar dokumentiert und die Lebensplanung des Vermieters nachvollziehbar dargelegt werden. Das schließt auch wirtschaftliche Überlegungen ein, solange der Selbstnutzungswille im Vordergrund steht.
  • Rechtssicherheit bei komplexen Lebenssituationen: Das Urteil stellt klar, dass Gerichte die Eigenverantwortung des Vermieters stärker zu achten haben und die Schwelle zum Rechtsmissbrauch hoch anzusetzen ist.

Für Vermieter bedeutet dies: Eine Eigenbedarfskündigung bleibt auch dann möglich, wenn der Bedarf mit einer Modernisierung oder späteren Veräußerung verbunden ist. Entscheidend bleibt allein, dass die Selbstnutzung ernsthaft beabsichtigt ist und nicht nur als Vorwand zur wirtschaftlichen Verwertung dient.

Die Entscheidung ist unter diesem Link im Volltext abrufbar.

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