Februar 2025 Blog

Ausschluss eines besonders begünstigten Kommanditisten aus zweigliedriger KG

Nach Auffassung des OLG Schleswig rechtfertigt bereits das Ansinnen eines Kommanditisten, sich ohne korrespondierenden Verzicht auf eine üppige Gewinnbeteiligung wesentlicher Verpflichtungen zu entledigen dessen Ausschluss aus der Gesellschaft.

Sachverhalt

Der Kläger ist mit einer Beteiligung von 90 % am Komplementär einer mit dem Beklagten als einzigem Kommanditisten gegründeten KG, deren Gegenstand die Vermittlung und Betreuung von Versicherungen war. 

Aus der Präambel des Gesellschaftsvertrags („GV“) ergab sich das Ziel einer langfristigen Partnerschaft, durch die auch die Familien und Nachkommen der Gesellschafter abgesichert werden sollten. Eine vorzeitige Auflösung sollte daher „unbedingt vermieden“ werden.

Nach § 8 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrags („GV“) oblag dem Kläger die Geschäftsführung, der Beklagte war als Rechtsanwalt zugelassen und gemäß § 8 Abs. 2 GV zur Übernahme zahlreicher im Einzelnen aufgeführten Tätigkeiten verpflichtet, u.a. der Betreuung der KG in rechtlichen Angelegenheit und – soweit rechtlich zulässig – der rechtlichen Beratung von Kunden in Schadensfällen und ggf. auch zu deren außergerichtlicher Vertretung. Hierfür hatte er bis zu 17 Stunden wöchentlich einzusetzen. Hinsichtlich der Gewinnverteilung war im GV geregelt, dass der Beklagte – mangels eines anderslautenden einstimmigen Beschlusses mindestens 40 % und maximal 50 % erhält.

Vor der KG-Gründung hatte es Diskussionen gegeben, ob und ggf. inwieweit die standesrechtlichen Pflichten des Beklagten als Rechtsanwalt zu Kollisionen mit seinen Verpflichtungen aus § 8 Abs. 2 GV führen könnten. Angesichts der geplanten hohen Gewinnbeteiligung des Beklagten hatte der Kläger dabei keine Zweifel daran gelassen, dass er die Verpflichtungen des Beklagten explizit in den Gesellschaftsvertrag aufnehmen wollte. 

Nach Eintragung der KG und zu Beginn der werbenden Tätigkeit legte der Beklagte ein anwaltliches Privatgutachten vor, das in § 8 Abs. 2 GV eine Reihe von Verstößen gegen die BRAO erkannt haben will. Er forderte daher dessen Streichung, was der Kläger ablehnte. Nachdem keine Einigung gefunden werden konnte, erhob der Kläger Ausschließungsklage aus wichtigem Grund: Der Beklagte entziehe sich fortlaufend seinen Verpflichtungen, weshalb eine künftige Zusammenarbeit mit diesem für ihn nicht in Betracht komme. Das Landgericht gab dem Kläger Recht.

Entscheidung des OLG

Das Oberlandesgericht Schleswig (OLG) hielt die Klage ebenfalls für begründet. Die Voraussetzungen der §§ 140 Abs. 1 Satz 1, 161 Abs. 2, 133 HGB in der bis zum 31.12.2023 geltenden Fassung („a.F.“) iVm. § 17 Abs. 3 GV lagen vor. Danach war eine Ausschließungsklage bei Vorliegen eines wichtigen Grundes möglich, der gemäß der abschließenden Definition in § 17 Abs. 3 GV dann vorliege, wenn ein Gesellschafter eine ihm nach dem Gesellschaftsvertrag obliegende wesentliche Verpflichtung vorsätzlich oder aus grober Fahrlässigkeit verletzt. So hätten die Dinge hier gelegen.

Der Beklagte habe seine wesentlichen Gesellschafterpflichten verletzt, indem er bereits zeitnah nach dem Abschluss des Gesellschaftsvertrages nachhaltig versuchte, sich von seinen Tätigkeitspflichten aus § 8 Abs. 2 GV sanktionslos loszusagen, ohne im Gegenzug an der für ihn äußerst günstigen Gewinnverteilung in Höhe von 40% bzw. 50% Änderungen anzubieten. Hierin liege eine Verletzung der gesellschafterlichen Treuepflicht gegenüber dem Kläger, der seinerseits durch den Gesellschaftsvertrag verpflichtet war, seine ganze Arbeitskraft der Geschäftsführung der Gesellschaft zu widmen (§ 8 Abs. 1 GV). Wären die Tätigkeitspflichten des Beklagten in § 8 Abs. 2 GV, wie vom Beklagten verlangt, aus dem Gesellschaftsvertrag gestrichen worden, so wäre ein treuwidriges Ungleichgewicht zwischen Arbeitseinsatz und Gewinnverteilung entstanden. Im Übrigen habe es der Beklagte selbst in der Hand gehabt, durch Rückgabe seiner Zulassung als Rechtsanwalt jedwede (mögliche) Pflichtenkollision zu beenden, davon jedoch treuwidrig abgesehen. Vor diesem Hintergrund ergebe die erforderliche umfassende Interessenabwägung in der gebotenen Gesamtschau, dass dem Kläger die Fortsetzung der Gesellschaft unzumutbar war, da für die Zukunft ein sinnvolles Zusammenwirken der Gesellschafter nicht mehr zu erwarten gewesen sei. Dies hätten auch zahlreiche ehrrührige Äußerungen des Beklagten über den Kläger belegt, die dieser während der Auseinandersetzung – auch Dritten gegenüber – getätigt hatte. Sie seien Zeugnis eines tiefen und nicht mehr zu kittenden Zerwürfnisses.

Praxistipp

Im vorliegenden Fall hatte das OLG noch weitere schwere Pflichtverletzungen des Beklagten festgestellt, die ebenfalls eine Ausschließung des Beklagten rechtfertigen konnten. So hatte der Beklagte den Kläger mehrfach gegenüber Geschäftskunden diskreditiert und ihm die Fähigkeit zur adäquaten sozialen Interaktion sowie zur Geschäftsführung abgesprochen. Auch dieses schwere Fehlverhalten hatte den Ausschluss gerechtfertigt. Interessanter ist jedoch die Argumentation des OLG, wonach eine besondere Treuwidrigkeit darin zu sehen sei, dass der Kommanditist sich seiner gesellschaftsvertraglichen Pflichten entledigen wollte, ohne zugleich eine Änderung der für ihn äußerst günstigen Gewinnverteilung anzubieten. Abstrakt betrachtet heißt dies nicht mehr und nicht weniger, dass – jedenfalls in einer zweigliedrigen Gesellschaft – ein Ausschluss bereits derjenige riskiert, der „nur“ die gesellschaftsvertragliche Balance zwischen Rechten und Pflichten erheblich zu ändern sucht. 

(OLG Schleswig Urt. v. 17.9.2024 – 9 U 84/23)

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