Mai 2021 Blog

BAG ändert Recht­sprechung zu arbeits­vertrag­lichen Aus­schluss­klauseln

Eine Ausschlussklausel in Arbeitsverträgen ist regelmäßig nichtig, wenn sie nicht ausdrücklich Schadensersatzansprüche aus vorsätzlicher Vertragsverletzung und aus vorsätzlicher unerlaubter Handlung ausnimmt. Damit hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) seine bisherige Rechtsprechung geändert. Für Arbeitgeber, die in ihren Arbeitsverträgen „zu knappe“ Vefallklauseln verwenden, besteht Handlungsbedarf.

Sachverhalt

Ein Unternehmen forderte von seiner früheren Arbeitnehmerin gut 100.000 € Schadensersatz. Es warf der Frau vor, zugunsten des damaligen Geschäftsführers Falschbuchungen durchgeführt und auch zahlreiche eigene Verbindlichkeiten beglichen zu haben. Das Unternehmen berief sich auch auf abgetretene Ansprüche eines anderen geschädigten Unternehmens mit Sitz in Luxemburg.

Der zwischen den Parteien ursprünglich geschlossene Arbeitsvertrag enthielt folgende Verfallklausel: „Alle Ansprüche, die sich aus dem Arbeitsverhältnis ergeben, sind binnen einer Ausschlussfrist von zwei Monaten nach Fälligkeit schriftlich geltend zu machen und im Fall der Ablehnung durch die Gegenpartei binnen einer Ausschlussfrist von einem Monat einzuklagen.“

Entscheidung

Das BAG hat den Rechtsstreit zur weiteren Aufklärung des Sachverhalts an die Berufungsinstanz zurückverwiesen.

Die Urteilsbegründung enthält eine Abkehr von der bisherigen Auslegung vorformulierter arbeitsvertraglicher Verfallklauseln: Nunmehr geht das BAG davon aus, dass eine in einem Arbeitsvertrag geregelte Ausschlussklausel, die Ansprüche aus vorsätzlicher Vertragsverletzung oder vorsätzlicher unerlaubter Handlung nicht ausdrücklich ausnimmt, gemäß § 134 BGB nichtig ist. Solche pauschalen, weit formulierten Klauseln sind derart auszulegen, dass sie auch vertragliche Schadensersatzansprüche und Schadensersatzansprüche aus unerlaubter Handlung umfassen, selbst wenn der Schädiger vorsätzlich gehandelt hat. Der Wirksamkeit einer solchen Regelung steht das gesetzliche Verbot des § 202 Abs. 1 BGB entgegen, die Verjährung bei Haftung wegen Vorsatzes im Voraus durch Rechtsgeschäft zu erleichtern.

Anders als bei „nur“ AGB-rechtlich unwirksamen Klauseln (wie z.B. kürzere Ausschlussfristen als 3 Monate, Schriftform für die Geltendmachung von Ansprüchen) kann sich nicht nur der Arbeitnehmer, sondern auch der Arbeitgeber auf die Nichtigkeit einer solchen Klausel berufen. Das war im vorliegenden Fall für das Unternehmen von Vorteil, weil es von der früheren Arbeitnehmerin Schadensersatz verlangte.

Praxishinweis

Insbesondere Arbeitgeber können von einer wirksamen Ausschlussklausel im Arbeitsvertrag profitieren. Denn Zahlungsansprüche aus einem Arbeitsverhältnis richten sich regelmäßig gegen den Arbeitgeber. Falls die in Arbeitsverträgen verwendete Verfallklausel Ansprüche wegen vorsätzlicher Vertragsverletzung oder vorsätzlicher unerlaubter Handlung nicht ausdrücklich ausnimmt, empfiehlt sich eine Vertragsanpassung. Ansonsten können Arbeitnehmer restliche Zahlungsansprüche noch innerhalb der dreijährigen Regelverjährungsfrist geltend machen.

(BAG, Urteil vom 26.11.2020, Az. 8 AZR 58/20)

Karsten Kujath, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Arbeitsrecht
Frankfurt a.M.

Anmeldung zum GvW Newsletter

Melden Sie sich hier zu unserem GvW Newsletter an - und wir halten Sie über die aktuellen Rechtsentwicklungen informiert!