November 2022 Blog

Bauzeitverlängerung führt zu Mehrvergütung!

Zwischenzeitlich ist auch in der Praxis hinreichend bekannt, dass die Vereinbarung eines Pauschalhonorars keinen Schutz vor Mehrvergütungsansprüchen bietet.Das OLG Köln hat dies auch für den Architektenvertrag bestätigt. Der mit der Leistungsphase 8 beauftragte Architekt hatte erheblichen Mehraufwand, da es infolge von Mängeln in der Planung eines zuvor tätigen Architekten zu einer Bauzeitverlängerung von 18 Monaten kam.  Das Gericht billigte ihm daher einen Anspruch auf Anpassung der vereinbarten Vergütung zu.

Bauzeitverlängerung und Wegfall der Geschäftsgrundlage

Die Bauzeitverlängerung kann zu einem Wegfall der Geschäftsgrundlage des Architektenvertrages i.S.d. § 313 BGB führen, woraus sich ein Anspruch des objektüberwachenden Architekten auf eine Honoraranpassung ergeben kann.

Die Einhaltung einer vereinbarten Bauzeit kann Geschäftsgrundlage sein. Dabei kommt es maßgeblich auf den Vertragsinhalt an. Sofern im Vertrag eine Projektlauzeit – auch ohne Konsequenzen, insbesondere der Zahlung eines Zusatzhonorars – festgelegt ist, kann dieser Klausel im Umkehrschluss entnommen werden, dass bei Überschreitung der Bauzeit ein Zusatzhonorar in Betracht kommen soll. Änderungs- oder Zusatzleistungen nach Vertragsschluss können grundsätzlich einen Anspruch des Architekten auf Mehrvergütung auslösen, sofern nicht wirksam etwas anderes vereinbart wurde. Ebenso muss die Zumutbarkeitsgrenze überschritten werden. Hierbei kann insbesondere zusätzlich zu der zeitlichen Verzögerung ein Mehraufwand relevant werden. Grundsätzlich ist das vertragliche Risiko hinsichtlich etwaiger „Mehrleistungen“ bei Pauschalpreisabreden dem Architekten zuzuweisen. Etwas anderes gilt, wenn die Umstände für die zeitliche Verzögerung aus der Sphäre des Bestellers – wie hier Mängel in der Planung eines zuvor tätigen Architekten - stammen.

Der Anspruch richtet sich nach dem tatsächlichen Aufwand. Der tatsächliche Aufwand kann durch Stundenaufstellungen – auch eines beauftragten Nachunternehmers - dargelegt werden. Verweigert der Auftraggeber die Bezahlung der geltend gemachten Mehrvergütung in nicht unerheblicher Höhe kann dies den Architekten auch zur Kündigung des Vertrages berechtigen.

Praxishinweis

Mit dem Pauschalhonorar werden nur die im Vertrag beschriebenen Leistungen abgegolten. Mehrvergütungsansprüche des objektüberwachenden Architekten infolge Bauzeitverlängerungen (Corona-Pandemie, Lieferschwierigkeiten, Insolvenz usw.) ergeben sich im Einzelfall – sofern vertraglich nicht ausgeschlossen – über eine Störung der Geschäftsgrundlage. Eine ausdrückliche Regelung zu Mehrvergütungsansprüchen muss der Vertrag nicht enthalten. Eine bloße Aufwandsverlagerung, beispielsweise infolge eines Baustillstands, begründet allerdings regelmäßig keine Mehrvergütungsansprüche des Architekten.

Zur Vermeidung von Unsicherheiten ist dennoch anzuraten, auf eine Nachtragsvereinbarung mit dem Auftraggeber hinzuwirken. Denn im Streitfall ist die Berechtigung einer Mehrforderung darzulegen und nachzuweisen. Gerichtliche Entscheidungen sind allerdings nur schwer prognostizierbar, da bei Anwendung des § 313 BGB stets die Umstände des Einzelfalls zu werten sind. Auch mit dem Ausspruch einer Kündigung infolge der Zahlungsverweigerung sollte der Architekt zurückhaltend sein. Das Risiko, dass die Kündigung später vor Gericht als unwirksam erachtet wird,  trägt der Architekt. Hieraus entstandene Schäden des Auftraggebers sind zu ersetzen.

(OLG Köln, Urt. v. 15.01.2021 – 19 U 15/20, BGH, Beschluss vom 04.05.2022 – VII ZR 87/21 Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen)

 

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