BGH zur Wirksamkeit von Kündigungsausschlüssen in Windenergie-Nutzungsverträgen
Mit Urteil vom 12. März 2025 - XII ZR 76/24 hat der Bundesgerichtshof (BGH) grundlegende Fragen zur rechtlichen Einordnung und zur Wirksamkeit von Kündigungsausschlüssen in vorformulierten Nutzungsverträgen über den Betrieb von Windenergieanlagen entschieden. Im Fokus standen insbesondere die Vertragsgestaltung während der sogenannten „Schwebezeit“ – dem Zeitraum zwischen Vertragsschluss und dem (ungewissen) Eintritt der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung – sowie die Zulässigkeit eines vertraglichen Ausschlusses der ordentlichen Kündigung.
Die Entscheidung im Überblick
Der BGH bestätigt, dass ein Nutzungsvertrag über ein Grundstück zur Errichtung und zum Betrieb einer Windenergieanlage als Mietvertrag zu qualifizieren ist, wenn dem Betreiber gegen Entgelt die Nutzung des Grundstücks eingeräumt wird. Die Besonderheit solcher Verträge liegt darin, dass die feste Vertragslaufzeit regelmäßig an den Eintritt eines ungewissen Ereignisses – hier die behördliche Genehmigung und den Baubeginn – geknüpft ist.
Schwebezeit und aufschiebende Bedingung
Wird der Beginn der festen Vertragslaufzeit an ein zukünftiges, ungewisses Ereignis geknüpft, liegt nach Auffassung des BGH eine aufschiebende Bedingung im Sinne von § 158 Abs. 1 BGB vor. Die Vertragsbindung besteht ab Vertragsschluss, die feste Mietzeit beginnt jedoch erst mit Eintritt der Bedingung (z.B. Baubeginn nach Genehmigung). Bis dahin ist die Mietzeit unbestimmt, grundsätzlich wäre eine ordentliche Kündigung möglich.
Ausschluss der ordentlichen Kündigung
Der BGH stellt klar, dass ein vertraglicher Ausschluss der ordentlichen Kündigung während der Schwebezeit – auch in Formularverträgen (AGB) – zulässig ist, sofern die Interessen beider Parteien angemessen berücksichtigt werden. Im entschiedenen Fall ergab sich aus der Auslegung zweier Vertragsklauseln, dass die Parteien einen solchen Ausschluss konkludent vereinbart hatten.
Angemessenheit des Kündigungsausschlusses
Ein formularmäßiger Ausschluss der ordentlichen Kündigung jedenfalls für einen Zeitraum von bis zu 60 Monaten hält der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 BGB stand. Im Kontext von Windenergie-Nutzungsverträgen ist der Grundstückseigentümer nach Auffassung des BGH während der Wartezeit nicht unangemessen benachteiligt, da er das Grundstück weiterhin landwirtschaftlich nutzen und wirtschaftlich verwerten kann. Zudem war im entschiedenen Fall die Wartezeit durch ein vertraglich eingeräumtes Rücktrittsrecht begrenzt, das gegriffen hätte, wenn die erforderliche Genehmigung nicht innerhalb von fünf Jahren erteilt worden wäre.
Folgen für die Praxis
Die Entscheidung schafft Rechtssicherheit für die Gestaltung von Nutzungsverträgen im Bereich der Windenergie- und sonstiger Energieanlagen.
Wird der Beginn der festen Vertragslaufzeit an ein zukünftiges, ungewisses Ereignis – etwa die behördliche Genehmigung oder den Baubeginn – geknüpft, besteht bis zum Eintritt dieses Ereignisses ein Mietverhältnis mit unbestimmter Laufzeit, das grundsätzlich mit gesetzlicher Frist ordentlich kündbar ist. Um in dieser Phase die Investitionen und Planungen beider Parteien abzusichern, empfiehlt sich ein klar formulierter, gegenseitiger Ausschluss der ordentlichen Kündigung, befristet auf einen angemessenen Zeitraum von bis zu 60 Monaten.
Betreiber können sich darauf verlassen, dass ein vertraglicher Ausschluss der ordentlichen Kündigung während der Planungs- und Genehmigungsphase wirksam ist, sofern die Interessen des Grundstückseigentümers durch Rücktrittsrechte und die Möglichkeit der außerordentlichen Kündigung gewahrt bleiben. Grundstückseigentümer sollten sich der Bindungswirkung solcher Verträge bewusst sein, profitieren jedoch weiterhin von der Nutzungsmöglichkeit ihres Grundstücks bis zum Baubeginn.
Die Entscheidung unterstreicht die Bedeutung einer sorgfältigen Vertragsgestaltung und einer interessengerechten Auslegung der Vertragsklauseln im Bereich der erneuerbaren Energien.
Der Volltext der Entscheidung kann unter diesem Link eingesehen werden.

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