BImSchG-Novelle: Beschleunigung der Genehmigungsverfahren für Elektrolyseure
Der Gesetzgeber möchte die Genehmigungsverfahren für Elektrolyseure im Rahmen der Novelle des Bundesimmissionsschutzgesetzes (BImSchG) beschleunigen. Zu diesem Zweck soll unter anderem das Antragsverfahren digitalisiert, die Behördenbeteiligung gestrafft und auf den Erörterungstermin in der Regel verzichtet werden.
Hintergrund
Um die Änderungen der Novelle war monatelang gerungen worden: Seit Mitte 2023 hing der Entwurf im parlamentarischen Verfahren. Erst am 6. Juni hat der Bundestag und am 14. Juni 2024 der Bundesrat dem „Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Verbesserung des Klimaschutzes beim Immissionsschutz, zur Beschleunigung immissionsschutzrechtlicher Genehmigungsverfahren und zur Umsetzung von EU-Recht“ (BT-Drs. 20/7502) zugestimmt. Ausfertigung und Verkündung des Gesetzes im Bundesgesetzblatt stehen noch aus.
Ziel des Gesetzentwurfs (BImSchG-E) ist es, Genehmigungsverfahren nach dem Immissionsschutzrecht generell zu vereinfachen, damit Anlagen schneller gebaut werden können. So soll künftig ohne Absenkung von Umweltstandards schneller genehmigt und gebaut werden, in dem unter anderem das Antragsverfahren digitalisiert, die Behördenbeteiligung gestrafft und der Erörterungstermin nur noch fakultativ durchgeführt oder ausgesetzt wird.
Für Elektrolyseure gelten diese Regelungen, soweit sie immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftig sind. Für Elektrolyseure zur Herstellung von Wasserstoff aus erneuerbaren Energien gelten daneben zusätzliche Regelungen zur Verfahrensbeschleunigung, nämlich die gestraffte Behördenbeteiligung ohne Verlängerungsoption und der regelmäßige Verzicht auf den Erörterungstermin; letzteres kann auch für Wasserstoffspeicher gelten.
Digitalisierung des Antragsverfahrens
Zur Beschleunigung von Genehmigungsverfahren ist die vollständige Digitalisierung von Genehmigungsverfahren erforderlich. Die Novelle forciert daher die elektronische Antragstellung, die Bekanntmachung und Auslegung im Internet sowie die Durchführung eines Erörterungstermins in Form einer Onlinekonsultation: Die Genehmigungsbehörden sollen berechtigt sein, eine elektronische Antragstellung zu fordern und entsprechende technische Vorgaben zu machen, vgl. § 10 Abs. 1 BImSchG-E. Zudem wird mit den neuen Regelungen zur Art und Weise der öffentlichen Bekanntmachung sowie der Auslegung in § 10 Abs. 3 BImSchG-E die mit der Novelle des Verwaltungsverfahrensgesetzes eingeführte Pflicht zur Bekanntmachung und Auslegung im Internet (§§ 27a, 27b VwVfG) auch für immissionsschutzrechtliche Verfahren angeordnet. Schließlich besteht die Möglichkeit, den Erörterungstermin in Form einer Onlinekonsultation durchzuführen, vgl. § 10 Abs. 6 BImSchG-E. Mit der Möglichkeit der Onlinekonsultation wird die Regelung des § 5 Abs. 2 Plansicherstellungsgesetzes (PlanSiG) verstetigt. Der Gesetzgeber begründet dies damit, dass die Erfahrung gezeigt habe, dass die Durchführung einer Onlinekonsultation zu einer Vereinfachung, Versachlichung und Beschleunigung des Verfahrens führe. Neben der Onlinekonsultation kann der Erörterungstermin auch durch eine Video- oder Telefonkonferenz erfolgen. Mit dieser Ergänzung werden die Vorgaben des novellierten Verwaltungsverfahrensgesetzes (§ 27c VwVfG) unter Berücksichtigung der grundsätzlichen Öffentlichkeit des Erörterungstermins nach § 18 Abs. 1 der Verordnung über das Genehmigungsverfahren (9. BImSchV) in das immissionsschutzrechtliche Verfahren übernommen.
Straffung der Behördenbeteiligung und des behördlichen Verfahrens
Die Stellungnahmefrist für eine zu beteiligende Behörde wird auf einen Monat festgelegt; sie kann nicht verlängert werden. Zudem ist über einen Genehmigungsantrag grundsätzlich innerhalb von sieben Monate zu entscheiden. Maßgeblich ist der Zeitpunkt der Vollständigkeit der Unterlagen; sowohl die Vollständigkeit der Unterlagen als auch das Vollständigkeitsdatum werden zur Klarstellung legal definiert.
1. Gestraffte Behördenbeteiligung, § 10 Abs. 5 BImSchG-E
Nach dem neuen § 10 Abs. 5 BImSchG-E soll eine zu beteiligende Behörde bei einem Genehmigungsverfahren innerhalb einer Frist von einem Monat ihre Stellungnahme abgeben, andernfalls ist davon auszugehen, dass sie sich nicht äußern will. Bei Genehmigungsverfahren von Elektrolyseuren zur Herstellung von Wasserstoff aus erneuerbaren Energien ist eine Verlängerung der Stellungnahmefrist ausgeschlossen. Bleibt eine Stellungnahme der zu beteiligenden Behörde aus, kann die zuständige Behörde entweder zu Lasten der zu beteiligenden Behörde ein Sachverständigengutachten einholen oder selbst Stellung nehmen.
2. Entscheidungsfrist für Genehmigungen, § 10 Abs. 6a BImSchG
Nach § 10 Abs. 6a BImSchG-E ist über den Genehmigungsantrag innerhalb einer Frist von sieben Monaten, in vereinfachten Verfahren innerhalb einer Frist von drei Monaten, zu entscheiden. Mit der Novellierung soll die zuständige Behörde die Frist nur noch ausnahmsweise und einmalig um bis zu drei Monate verlängern können. Voraussetzung dafür ist, dass dies wegen der Schwierigkeit der Prüfung oder aus Gründen, die dem Antragssteller zuzurechnen sind, erforderlich ist. Die Fristverlängerung ist gegenüber dem Antragsteller zu begründen. Der Gesetzgeber hofft, mit dieser Regelung die Behörde zu einer Entscheidung innerhalb der vorgegebenen Frist zu motivieren.
Eine weitere Verlängerung ist nur auf Antrag oder mit Zustimmung des Antragstellers möglich. Allerdings bleibt keine Fristüberschreitung ohne Konsequenzen, denn jede Fristüberschreitung ist der Aufsichtsbehörde zu melden.
3. Vollständigkeitsprüfung, § 7 Abs. 1 Satz 3 9. BImSchVO-E
Die Entscheidungsfrist für Genehmigungen nach § 10 Abs. 6a BImSchG beginnt mit dem vollständigen Einreichen aller erforderlichen Unterlagen. Die Vollständigkeitsprüfung ist in § 7 Abs. 1 9. BImSchVO-E geregelt. Mit der Novellierung wird festgelegt, dass die Behörde generell (und nicht mehr nur „in der Regel“) die Unterlagen innerhalb eines Monats auf Vollständigkeit zu prüfen hat.
Zum anderen wird festgelegt, dass in Fällen, in denen die Behörde den Antragsteller nicht zur Ergänzung des Antrags auffordert, von der Vollständigkeit der Unterlagen auszugehen ist und die Frist des § 10 Abs. 6a BImSchG-E in Gang gesetzt wird. Für den Fall, dass die Unterlagen aus Sicht der Behörde noch nicht vollständig sind und sie Unterlagen nachfordert, regelt § 7 Abs. 1 9. BImSchV-E nunmehr, dass mit Eingang der von der Behörde nachgeforderten Unterlagen die Genehmigungsfrist zu laufen beginnt.
Schließlich wird in § 7 Abs. 2 9. BImSchV-E eine Legaldefinition zur Vollständigkeit der Unterlagen ergänzt:
„Unterlagen sind vollständig, wenn die Unterlagen in einer Weise prüffähig sind, dass sie sich zu allen rechtlich relevanten Aspekten des Vorhabens verhalten, und die Behörde in die Lage versetzen, den Antrag unter Berücksichtigung dieser Vorgaben näher zu prüfen. Fachliche Einwände und Nachfragen stehen der Vollständigkeit nicht entgegen, sofern die betreffende Unterlage eine fachliche Prüfung überhaupt ermöglicht.“
Die Legaldefinition basiert auf der von der Rechtsprechung (vgl. nur VGH München, Beschluss vom 29. November 2016 - 22 CS 16.2101, Rn. 24) entwickelten Definition der Vollständigkeit der Unterlagen; sie soll der Klarstellung und damit ebenfalls der Beschleunigung dienen. Demselben Zweck dient die Definition des Vollständigkeitsdatums, für das der Eingang der Unterlagen maßgeblich ist.
Regelmäßiger Verzicht auf den Erörterungstermin, § 16 Abs. 1 9. BImSchV
Mit der Änderung des § 16 Abs. 1 9. BImSchV soll regelmäßig auf einen Erörterungstermin verzichtet werden bei der Errichtung oder Änderung von Elektrolyseuren zur Herstellung von Wasserstoff aus erneuerbaren Energien. Die Soll-Regelung zum Verzicht auf den Erörterungstermin wird auf die Errichtung oder Änderung von Anlagen zur Speicherung von Wasserstoff aus erneuerbaren Energien erweitert, sofern diese im unmittelbaren räumlichen Zusammenhang mit Elektrolyseuren zur Herstellung von Wasserstoff aus erneuerbaren Energien stehen. Ein Erörterungstermin soll in diesen Fällen nur auf Antrag durchgeführt werden. Auch diese Regelung dient der Beschleunigung von Genehmigungsverfahren.
Einsetzung von Projektmanagern, § 2b 9. BImSchV
Nach dem neu eingefügten § 2b 9. BImSchV soll die Genehmigungsbehörde in jeder Stufe des Verfahrens auf Antrag oder mit Zustimmung des Vorhabenträgers einen Projektmanager einsetzen. Die auf den Projektmanager übertragbaren Aufgaben werden in einem – nicht abschließenden – Katalog aufgelistet, der im Wesentlichen den bereits existierenden Parallelregelungen in anderen Fachplanungsgesetzen (vgl. etwa § 43g EnWG) entspricht.
Fazit
Auch wenn der Planungsbeschleunigungspakt von Bund und Ländern nicht vollständig in der BImSchG-Novelle umgesetzt wurde, so enthält der Gesetzentwurf doch einiges an Beschleunigungspotential für den Wasserstoffhochlauf in Deutschland: Durch die Digitalisierung des Genehmigungsverfahrens, die gestraffte Behördenbeteiligung, feste Entscheidungsfristen und den regelmäßigen Verzicht auf den Erörterungstermin könnten die Genehmigungsverfahren tatsächlich wesentlich beschleunigt werden. Ob dieses Potential auch ausgeschöpft wird, wird sich zeigen. Dabei wird es nicht nur auf die Beschleunigungsgesetzgebung, sondern auch und insbesondere auf die Personalkapazitäten der zuständigen Behörden ankommen.