Januar 2021 Blog

Corona-Arbeits­schutz­verordnung: zusätz­liche Pflichten für Arbeit­geber und Arbeit­nehmer

Ab dem 27.01.2021 gelten für Arbeitgeber und Arbeitnehmer zusätzliche Pflichten. Grundlage ist die SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung (Corona-ArbSchV) des BMAS vom 21.01.2021. Beispielsweise müssen Arbeitgeber ihren Büromitarbeitern anbieten, im Homeoffice zu arbeiten, und Arbeitnehmer sind verpflichtet, die vom Arbeitgeber bereitgestellten Atemschutzmasken zu verwenden.

Aus Sicht der Bundesregierung genügen die bisherigen präventiven Maßnahmen zum Infektionsschutz nicht, die fortschreitende Ausbreitung des Coronavirus hinreichend einzudämmen. Die Bekämpfung der Covid-19-Pandemie hat bereits zu erheblichen Kontaktbeschränkungen im privaten Bereich geführt. Nun soll auch das Infektionsgeschehen mit betrieblichem Bezug weiter reduziert werden, ohne aber dadurch die wirtschaftliche Betätigung der Unternehmen übermäßig einzuschränken.

Weitergehende Vorschriften des Bundes und der Länder sowie die SARS-CoV-2-Arbeitsschutzregel bleiben von der Verordnung unberührt.

Regelungszweck

Die Verordnung zielt darauf ab, das Risiko einer Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 bei der Arbeit zu minimieren sowie die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten besser zu schützen.

Um das das Infektionsrisiko zu minimieren, steht bei der Verordnung die Vermeidung unnötiger persönlicher Kontakte im Betrieb im Vordergrund. Der Arbeitgeber hat zu diesem Zweck alle geeigneten und zumutbaren technischen und organisatorischen Maßnahmen zu ergreifen. Soweit persönliche Kontakte im Betrieb unvermeidlich sind, greifen weitere Maßnahmen des betrieblichen Arbeitsschutzes. Das soll potenzielle Infektionsketten unterbrechen.

Die Verordnung enthält die folgenden sechs konkreten Arbeitgeberpflichten:

1. Tätigkeit im Homeoffice anbieten

Der Arbeitgeber muss allen Beschäftigten, die Büroarbeit oder vergleichbare Tätigkeiten ausüben, anbieten, ihre Arbeit im Homeoffice auszuführen. Diese Pflicht gilt ausnahmsweise nicht, wenn einer solchen Homeoffice-Tätigkeit zwingende betriebsbedingte Gründe entgegenstehen (§ 2 Abs. 4 Corona-ArbSchV).

Was unter solchen zwingenden betriebsbedingten Gründen zu verstehen ist, führt die Verordnung nicht aus. Bloßer organisatorischer Mehraufwand, die naturgemäß unpersönlichere Zusammenarbeit zwischen Arbeitskollegen oder überschaubarer Kostenaufwand für technische Geräte genügen nicht, um die Pflicht auszuschließen. Ist eine Homeoffice-Tätigkeit mangels technischer Ausrüstung nicht möglich, muss der Arbeitgeber dieses Hindernis unverzüglich beheben, z.B. den Beschäftigten eine Grundausstattung zur Verfügung stellen.

Sofern weder der Arbeitsvertrag noch kollektivrechtliche Regelungen wie eine Betriebsvereinbarung eine Homeoffice-Tätigkeit vorsehen, bedarf die Verlagerung der Arbeitstätigkeit in die Wohnung der Zustimmung des/der Beschäftigten.

Praxistipps:

  • Bevor sich der Arbeitgeber an seine Beschäftigten wendet, sollte er die Mitarbeitervertretung beteiligen. Dadurch können unnötige Konflikte vermieden und die Akzeptanz der vom Arbeitgeber erstrebten Regelung erhöht werden.
  • Bei Homeoffice-Vereinbarungen sollten die Empfehlungen zum Arbeitsschutz beachtet werden (vgl. insbesondere Ziffer 4.2.4 SARS-CoV-2-Arbeitsschutzregel, https://www.baua.de/DE/Angebote/Rechtstexte-und-Technische-Regeln/Regelwerk/AR-CoV-2/AR-CoV-2.html).
  • Jeder Arbeitgeber sollte nachweisen können, dass er seinen Beschäftigten mit Bürotätigkeit angeboten hat, ihre Arbeit im Homeoffice zu erbringen. Dabei sollte das Homeoffice-Angebot an die Geltungsdauer der Corona-Arbeitsschutzverordnung gekoppelt sein.
  • Soweit dem Homeoffice-Angebot dringende betriebliche Gründe entgegenstehen, ist es zweckmäßig, diese Gründe nachvollziehbar zu dokumentieren.

2. Gleichzeitige Nutzung von Räumen

Der Arbeitgeber hat die gleichzeitige Nutzung von Räumen durch mehrere Personen auf das betriebsnotwendige Minimum zu reduzieren (§ 2 Abs. 2 S. 1 Corona-ArbSchV).

Ist der nicht nur kurzzeitige Aufenthalt mehrerer Personen in einem Raum nicht zu vermeiden, darf eine Mindestfläche von 10 m² für jede im Raum befindliche Person nicht unterschritten werden, soweit die auszuführenden Tätigkeiten dies zulassen. Erforderlichenfalls muss der Arbeitgeber andere geeignete und zumutbare Schutzmaßnahmen ergreifen, um einen gleichwertigen Schutz der Beschäftigten sicherzustellen. Als Beispiele nennt die Verordnung Lüftungsmaßnahmen oder geeignete bauliche Abtrennungen zwischen den anwesenden Personen (§ 2 Abs. 5 Corona-ArbSchV).

3. Betriebsbedingte Zusammenkünfte

Persönliche Besprechungen und andere betriebsbedingte Zusammenkünfte hat der Arbeitgeber auf das betriebsnotwendige Minimum zu reduzieren. Sie sollen nach Möglichkeit digital durchgeführt werden, etwa durch Videokonferenzen. Soweit das nicht möglich ist, muss der Arbeitgeber andere Schutzmaßnahmen ergreifen, vgl. oben zu Ziffer 2 (§ 2 Abs. 3 Corona-ArbSchV).

4. Arbeitsgruppen

In Betrieben mit mehr als zehn Beschäftigten hat der Arbeitgeber die Beschäftigten in möglichst kleine Arbeitsgruppen einzuteilen. Um betriebsbedingte Kontakte der Beschäftigten möglichst zu vermeiden und die Kontaktnachverfolgung zu erleichtern, soll es sich um feste Arbeitsgruppen handeln. Personenkontakte zwischen den einzelnen Arbeitsgruppen im Betriebsablauf sowie Änderungen der Einteilung sind soweit wie möglich zu reduzieren. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, nach Möglichkeit zeitversetztes Arbeiten zu ermöglichen (§ 2 Abs. 6 Corona-ArbSchV).

5. Bereitstellung von Atemschutzmasken

Die betrieblichen Umstände werden in der Praxis häufig dazu führen, dass nicht alle Maßnahmen des betrieblichen Infektionsschutzes eingehalten werden können. Der Arbeitgeber muss betroffenen Beschäftigten medizinische Gesichtsmasken, FFP2-Masken oder vergleichbare Atemschutzmasken zur Verfügung stellen, wenn

  • die Anforderungen an die Raumbelegung (vgl. Ziffer 2) nicht erfüllt werden,
  • der Mindestabstand von 1,5 m nicht eingehalten werden kann, oder
  • bei den ausgeführten Tätigkeiten mit einer Gefährdung durch erhöhten Aerosolausstoß zu rechnen ist.

Die betroffenen Arbeitnehmer sind verpflichtet, die vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellten Masken zu tragen.

Anstatt für die Beschäftigten Masken bereitzuhalten, kann der Arbeitgeber andere ebenso wirksame Maßnahmen treffen (§ 3 Corona-ArbSchV). Welche Maßnahmen das sein können, nennt die Verordnung nicht. Diese Regelung dient dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz.

6. Aktualisierung der Gefährdungsbeurteilung

Jeder Arbeitgeber ist gemäß § 5 Arbeitsschutzgesetz verpflichtet, die Gefährdung seiner Beschäftigten durch ihre Arbeit zu beurteilen und zu ermitteln, welche Maßnahmen des Arbeitsschutzes erforderlich sind. Diese Gefährdungsbeurteilung hat der Arbeitgeber angesichts der aktuellen Covid-19-Pandemie hinsichtlich zusätzlich erforderlicher Maßnahmen des betrieblichen Infektionsschutzes zu überprüfen und zu aktualisieren (§ 2 Abs. 1 Corona-ArbSchV).

Praxistipps:

  • Um nicht unnötig unter Zeitdruck zu geraten, sollte eine bestehende Gefährdungsbeurteilung zeitnah überprüft und ggf. angepasst werden. In die Beratung sollten eine Fachkraft für Arbeitssicherheit und der/die Betriebsarzt/-ärztin einbezogen werden.
  • Arbeitgeber sollten dokumentieren, welche konkreten Maßnahmen sie zur Verbesserung des Infektionsschutzes vorgenommen haben.

Sanktionen

Ein Verstoß des Arbeitgebers gegen die in der Verordnung vorgesehenen Pflichten ist nicht unmittelbar bußgeldbewehrt. Jedoch fordern bereits jetzt einige Arbeitsschutzbehörden von Unternehmen einen Nachweis darüber, welche zusätzlichen Maßnahmen sie zum betrieblichen Infektionsschutz ergriffen haben. Bei Verstoß gegen Anordnungen der Arbeitsschutzbehörde drohen die Untersagung bestimmter Tätigkeiten und Bußgelder (§§ 22 Abs. 3, 25 ArbSchG).

Geltungsdauer

Die Rechtsverordnung wurde am 22.01.2021 im Bundesanzeiger veröffentlicht und tritt am 27.01.2021 in Kraft. Falls ihre Geltungsdauer nicht verlängert wird, tritt sie am 15.03.2021 außer Kraft (§ 4 Corona-ArbSchV).

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