November 2020 Blog

Covid 19 in der Türkei: Arbeits­rechts­rechtliche Instru­mente zur Ab­milderung der Folgen der Pan­demie

Infolge der Corona-Krise hat die türkische Regierung am 18.03.2020 das sogenannte Wirtschaftsstabilitätsschutzschildpaket (Ekonomik İstikrar Kalkanı Paketi) veröffentlicht mit dem unter anderem auch arbeits-, sozial- und arbeitsschutzrechtliche Maßnahmen verkündet wurden. Die Auswirkungen von Covid-19 haben zu zahlreichen Änderungen in der Gesetzgebung geführt um die negativen Folgen der Pandemie abzumildern.

Krankengeld und Entgeltfortzahlung bei Krankheit

Mit dem sogenannten Wirtschaftsstabilitätsschutzschildpaket wird angeordnet, dass Covid-19 als Krankheit nach dem Gesetz Nr. 5510 zur Sozialversicherung und zur Allgemeinen Krankenversicherung anzuerkennen ist. Dies wirkt sich auch auf den Krankengeldanspruch der Versicherten im Krankheitsfall aus. Patienten, die sich wegen Covid-19 in Quarantäne befinden oder wegen einer Covid-19-Erkrankung behandelt werden, können somit ab dem dritten Tag Krankengeld in Anspruch nehmen.

Neue Regelungen über Kurzarbeit

Wegen der Corona-Krise hat die Regierung den Zugang zu Kurzarbeitergeld erleichtert. Der Gesetzgeber hat durch Gesetz Nr. 7226 vom 25.3.2020 eine neue Übergangsregelung geschaffen (Über-gangs-Artikel 23). Dieser Artikel bestimmt, dass bei Kurzarbeitergeldanträgen, auf Grund der Corona-Krise, bis zum 20.6.2020 die Leistungsvoraussetzungen gelockert werden: Damit genügt es, dass der Versicherte in den vergangenen drei Jahren für 450 Tage (statt 600 Tage) Beiträge entrichtet hat. Auch muss er vor dem Leistungsanspruch lediglich 60 (statt 120) Tage ununterbrochen beschäftigt gewesen sein.

Weiterhin wurde der Präsident ermächtigt, die Geltungsfrist dieser Bestimmung bis zum 31.12.2020 zu verlängern sowie die Maßstäbe für die Berechnung des Kurzarbeitergelds zu ändern (Übergangs-Artikel 23 Abs. 3). Zuletzt wurde veröffentlicht, dass die Geltungsdauer erneut um zwei zusätzliche Monate verlängert wird (Amtsblatt vom 27. Oktober 2020).

Um die Anträge schnellstmöglich zu bearbeiten, wurde mit einem neuen Gesetz (Gesetz Nr. 7244) vom 16.4.2020 der Übergangs-Artikel 25 eingeführt, wonach das Kurzarbeitergeld auf Antrag des Arbeitgebers sofort zu leisten ist. Aufgrund dieser Norm hat das Arbeitsamt das Kurzarbeitergeld sofort – ohne das übliche Kontrollverfahren – zu leisten. Sollte der Arbeitgeber jedoch falsche Unterlagen vorgelegt bzw. falsche Erklärungen abgegeben haben, sind die erbrachten Leistungen mit gesetzlichen Zinsen vom Arbeitgeber zurückzufordern.

Mit dem Gesetz Nr. 7244 wurde eine weitere Regelung in das Arbeitslosenversicherungsgesetz (Übergangs-Artikel 24) eingefügt. Nach dieser Bestimmung soll der Arbeitslosenversicherungsfonds Arbeitnehmern, denen kein Kurzarbeitergeld zusteht und die vom Arbeitgeber unbezahlt freigestellt wurden, ein Zuschuss (Nakdi Ücret Desteği) in Höhe von 39,24 TL bzw. von monatlich 1.177,2 TL gezahlt werden. Für Arbeitnehmer, die einen Zuschuss erhalten, übernimmt der Arbeitslosenversicherungsfonds die Beiträge zur allgemeinen Krankenversicherung (Übergangs-Artikel 24 Abs. 3).

Kündigungsverbot

Der türkische Gesetzgeber hat gemäß Art. 9 des Gesetzes Nr. 7244 (Das Gesetz zur Reduzierung der Wirtschaftlichen und Sozialen Auswirkungen der Covid-19 Pandemie und zur Änderung Bestimmter Gesetze „Gesetz Nr. 7244“) vom 16.4.2020 in das Arbeitsgesetz (ArbG, Gesetz Nr.: 4857) einen Sonderkündigungsschutz aufgenommen.

Laut dieser Bestimmung gilt mit Inkrafttreten des Gesetzes ein Kündigungsverbot für alle Arbeitsverhältnisse für eine Dauer von drei Monaten. Eine Ausnahme besteht lediglich im Fall einer außerordentlichen (fristlosen) Kündigung, d.h. wenn das Verhalten des Arbeitnehmers mit den guten Sitten und dem Grundsatz von Treu und Glauben nicht vereinbar ist.

Die Frist von drei Monaten für den Sonderkündigungsschutz kann per Präsidialdekret (Dekret von Präsident Erdoğan) bis zu sechs Monate verlängert werden. Jüngst wurde die Geltungsdauer des Kündigungsverbots durch das Präsidialdekret vom 27. Oktober 2020 erneut um zwei zusätzliche Monate (bis 17.1.2021) verlängert.

Gegen Arbeitgeber oder Arbeitgebervertreter, die entgegen dieser Vorschrift den Arbeitsvertrag kündigen, wird, für jeden gekündigten Arbeitnehmer ein Bußgeld in Höhe des geltenden monatlichen gesetzlichen Mindestlohns (brutto) verhängt.

Unbezahlte Freistellung

Das Gesetz Nr. 7244 sieht weiterhin vor, dass der Arbeitgeber seinen Arbeitnehmer ab dem Inkrafttreten des Gesetzes für bis zu drei Monate vollständig oder teilweise beurlauben kann und den Lohn nicht zahlen muss. Es handelt sich nach deutschem Rechtsverständnis hierbei um eine unbezahlte Freistellung. Sollte der Arbeitgeber von dieser Regelung Gebrauch machen, so steht dem Arbeitgeber während dieser Zeit nicht das Recht zu, das Arbeitsverhältnis fristlos zu kündigen. Sollte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis dennoch kündigen und somit gegen diese Bestimmung verstoßen, hat der Arbeitgeber für jeden einzelnen Fall ein Bußgeld in Höhe des geltenden monatlichen Bruttomindestlohnes zu zahlen. Das Gesetz ermächtigt den Präsidenten, die dreimonatige Dauer der unbezahlten Freistellung auf sechs Monate auszudehnen. Auch diese Geltungsdauer wurde bis 17.01.2021 verlängert.

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