November 2024 Blog

Die elektronische Einreichung von Antragsunterlagen im Planfeststellungsverfahren

Die Politik strebt eine vollständige Digitalisierung der Genehmigungsverfahren an. Was bedeutet das für die elektronische Einreichung von Antragsunterlagen im Planfeststellungsverfahren? 

Einleitung

Perspektivisch strebt der Gesetzgeber eine vollständige Digitalisierung der Genehmigungsverfahren an. So statuierte die aktuelle Bundesregierung 2021 in ihrem Koalitionsvertrag: 

„Die Digitalisierung von Planungs- und Genehmigungsprozessen werden wir priorisiert umsetzen“. 

In den letzten Jahren sind daher zahlreiche Neuregelungen zur Digitalisierung der Verwaltungsverfahren in Kraft getreten. Mit Blick auf Planfeststellungsverfahren ist beispielsweise an den § 3 Abs. 3 PlanSiG zu denken, der seit der Corona-Pandemie der zuständigen Behörde die Möglichkeit eröffnet, die Einreichung der Unterlagen zum Zweck der Bekanntmachung in einem verkehrsüblichen elektronischen Format zu verlangen. Die § 17a Abs. 2 Nr. 1 FStrG und § 18a Abs. 2 Nr. 1 AEG gehen noch weiter: Nach diesen Regelungen soll die Anhörungsbehörde die Planeinreichung ausschließlich oder ergänzend in elektronischer Form fordern. Zudem muss bereits seit 2013 jede Behörde nach § 2 Abs. 1 EGovG einen Zugang für die Übermittlung elektronischer Dokumente eröffnen. Die Regelung ist „technikoffen“ ausgestaltet, denkbar ist neben der Übersendung per einfacher E-Mail auch ein Webportal mit Upload-Funktion. Zudem sieht das Onlinezugangsgesetz aus dem Jahr 2017 vor, dass der Bund und die Länder ihre Verwaltungsleistungen online anbieten und über einen gemeinsamen Portalverbund zugänglich machen. Ein durchsetzbarer Anspruch auf eine digitale Verwaltung besteht für Bürgerinnen und Bürger jedoch erst ab dem Jahr 2029. Unternehmensbezogene Verwaltungsleistungen sollen spätestens 2030 ausschließlich elektronisch angeboten werden.

Es fällt auf, dass die derzeit bestehenden Digitalisierungsregelungen nahezu ausschließlich darauf ausgerichtet sind, dass die Behörden als Empfänger der Antragsunterlagen vom Vorhabenträger die Dokumente nunmehr in elektronischer Form verlangen dürfen. Hingegen fehlt es an direkten Vorgaben, die die Behörden verpflichten, die elektronische Einreichung von Unterlagen durch den Vorhabenträger zu akzeptieren. Es kommt daher die Frage auf, ob Vorhabenträger im Planfeststellungsverfahren bereits heutzutage auf eine elektronische Einreichung von Unterlagen bestehen können, um vollumfänglich von den Vorteilen eines digitalisierten Planfeststellungsverfahrens profitieren zu können. 

Der Beginn des Planfeststellungsverfahrens

Das Planfeststellungsverfahren beginnt mit der Antragstellung durch den Vorhabenträger. Das spezielle Fachplanungsrecht beinhaltet keine ausdrücklichen Vorgaben zum Verfahrensbeginn. Es gelten daher die allgemeinen Regelungen aus dem Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG). Ein entsprechender Verweis ist etwa in § 43 Abs. 4 EnWG zu finden, der besagt: 

Für das Planfeststellungsverfahren sind die §§ 72 bis 78 des Verwaltungsverfahrensgesetzes nach Maßgabe dieses Gesetzes anzuwenden.“ 

Eine identische Bestimmung enthalten unter anderem auch § 17 FStrG, § 28 PBefG, § 8 LuftVG und § 18 AEG.

Den Antrag stellt der Vorhabenträger durch die Einreichung des Plans. Zwar befinden sich auch im Abschnitt zum Planfeststellungsverfahren im Verwaltungsverfahrensgesetz keine gesonderten Regelungen zur Verfahrenseinleitung. Jedoch ergibt sich aus den weiteren Vorschriften, dass die Planfeststellungsbehörde nicht von Amts wegen, sondern nur auf Veranlassung des Vorhabenträgers tätig wird. So bestimmt § 73 Abs. 1 Satz 1 VwVfG zum Anhörungsverfahren: 

Der Träger des Vorhabens hat den Plan der Anhörungsbehörde zur Durchführung des Anhörungsverfahrens einzureichen“. 

Im Planfeststellungsverfahren entspricht die Einreichung des Plans daher der Antragstellung i. S. d. § 22 Satz 2 Nr. 1 Alt. 2 VwVfG. 

Keine Formvorschriften für Antragsunterlagen

Weder die spezielleren Fachplanungsgesetze noch das allgemeine Planfeststellungsrecht enthalten Formvorschriften für die Antragsunterlagen. Insbesondere sind gemäß § 72 Abs. 1 2. HS VwVfG die Vorschriften über das förmliche Verfahren (darunter § 64 VwVfG, nach dem ein Antrag stets schriftlich oder zur Niederschrift bei der Behörde zu stellen ist) unanwendbar. Es gilt daher der Grundsatz der Nichtförmlichkeit des Verwaltungsverfahrens, nach dem das Verwaltungsverfahrensrecht bei Nichtvorliegen von Formvorschriften grundsätzlich formfrei ist (§ 10 VwVfG). 

Während die Literatur bislang aus der allgemeinen behördlichen Auslegungspflicht des Plans nach § 73 Abs. 3 Satz 1 VwVfG, wonach

„die Gemeinden […] den Plan innerhalb von drei Wochen nach Zugang für die Dauer eines Monats zur Einsicht auszulegen“

haben, schlussfolgerte, dass der Plan durch den Vorhabenträger in jedem Falle auch schriftlich vorzulegen ist, ist eine derart pauschale Annahme mittlerweile wohl überholt. Denn zahlreiche neue Digitalisierungsvorschriften des spezielleren Fachplanungsrecht verdrängen die klassische Auslegung der Antragsunterlagen in physischer Form. Beispielsweise ist seit dem Ende des letzten Jahres für Planfeststellungsverfahren für Energieanlagen in § 43a Satz 2 EnWG geregelt:

„Die Auslegung (…) wird dadurch bewirkt, dass die Dokumente auf der Internetseite der für die Auslegung zuständigen Behörde zugänglich gemacht werden.“

Eine vergleichbare Regelung beinhalten beispielsweise auch § 17a Abs. 3 Satz 1 FStrG und § 18a Abs. 3 Satz 1 AEG. 

Für diese Zwecke genügt regelmäßig auch die ausschließliche Übersendung von Antragsunterlagen in digitaler Form.

Fazit und Stellungnahme

Ein durchsetzbares Recht des Vorhabenträgers, den Übertragungsweg für die Antragsunterlagen frei zu wählen und Unterlagen ausschließlich auf elektronischem Wege einzureichen, besteht derzeit (noch) nicht. Seitens der Behörden dürften jedoch zumindest in der Theorie keine technischen Hindernisse bestehen, die einer rein digitalen Antragstellung entgegenstehen. 

Dass Behörden bereits vor dem Jahr 2029 auf die Übersendung von Unterlagen (zusätzlich) auf dem analogen Wege weitestgehend verzichten, wäre daher mehr als wünschenswert. Denn die elektronische Antragstellung hat neben der Verfahrenserleichterung und –beschleunigung zahlreiche weitere positive Effekte und erleichtert dem Vorhabenträger beispielsweise die Nutzung digitaler Planungstools. Ferner würde ein Verzicht auf analoge Antragsdokumente auch zu einer Vereinheitlichung führen, denn bereits heute muss der Vorhabenträger bestimmte Unterlagen zwingend (auch) elektronisch einzureichen. Hierzu gehört beispielweise seit 2017 der regelmäßig erforderliche UVP-Bericht (§ 16 Abs. 9 UVPG).

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