März 2025 Blog

Entlastung vom Verzugsvorwurf nur mit bauablaufbezogener Darstellung

Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat in seinem Urteil vom 01.03.2024 entschieden, dass ein Unternehmer detailliert darlegen muss, wie Störungen den Bauablauf beeinflusst haben, um sich von Verzugsansprüchen zu entlasten.  

Sachverhalt

Die Beklagte verkaufte mit Vertrag vom 28.08.2020 ein mit einem Bestandsgebäude bebautes Grundstück an die Klägerin. Zugleich verpflichtete sie sich gegenüber der Klägerin, auf diesem Grundstück und einem Nachbargrundstück eine zweigeschossige Kindertagesstätte nebst Außenfläche zu erstellen und dafür zu sorgen, dass zwischen der Klägerin und der Stadt ein Mietvertrag zum Betrieb einer Kindertagesstätte abgeschlossen wird, welcher seinem wesentlichen Inhalt nach dem als Anlage der Bezugsurkunde beigefügten Entwurf entspricht. Für die Übertragung des Grundstücks und die Erstellung der Kindertagesstätte sollte die Beklagte einen Kaufpreis in Höhe von 2.472.251,00 EUR erhalten, der von der Klägerin in vier Raten gezahlt werden sollte. 

Als Baubeginn vereinbarten die Parteien den 01.11.2020, der späteste Fertigstellungstermin sollte der 01.11.2021 sein. 

Die Parteien vereinbarten in § 26 Kaufvertrag ein (Teil-) Rücktrittsrecht für den Fall, dass die Voraussetzungen für die Fälligkeit der zweiten bis vierten Kaufpreisrate erst zu einem Zeitpunkt vorliegen, der später als zwei Monate nach einem im Ratenplan gemäß Anlage 4.3 vorgesehenen Zeitpunkt liegt.
Die Klägerin leistete die erste Rate in Höhe von 950.000,00 EUR. Weitere Raten leistete sie nicht, weil die Voraussetzungen für die Fälligkeit der nachfolgenden Raten nicht eingetreten waren. Sie erklärte den Teilrücktritt.

Die Beklagte machte geltend, dass der Rücktritt zu Unrecht erfolgt sei. Die Klägerin bzw. die Stadt hätten gegen Mitwirkungspflichten verstoßen, weil für die Ausführungsplanung benötigte Entscheidungen nicht getroffen worden seien. 

Entscheidung

Das OLG Düsseldorf hält den erklärten Teilrücktritt der Klägerin für berechtigt. Das Landgericht habe zu Recht die Wirksamkeit des Rücktritts festgestellt. 
Die Beklagte verteidigte sich ausschließlich damit, dass sie den eingetretenen Verzug nicht zu vertreten habe; dieser sei nur wegen der verzögerten Entscheidungsfindung der Klägerin hinsichtlich der Ausführungsplanung entstanden. 

Nach den Ausführungen des Gerichts setze das vertraglich vereinbarte Rücktrittsrecht aber kein Verschulden voraus, sondern knüpfe lediglich an objektive Voraussetzungen an. Durch die Regelung sollte die Klägerin insbesondere dahin vertraglich abgesichert werden, dass sie im Falle einer Verzögerung der Ausführung des Bauvorhabens die bauvertraglichen Rechte und Pflichten beseitigen kann, um allein das Grundstück zu erwerben. Dementsprechend seien die vertraglich geregelten Voraussetzungen des Teilrücktritts wegen der unstreitig eingetretenen Verzögerungen erfüllt gewesen.

Die Behauptung der Beklagten, sie hätte eine Ausführungsplanung zeitgerecht erstellen und das Bauvorhaben termingerecht fertigstellen können, sei nicht ausreichend begründet. Die Beklagte berief sich zwar darauf, dass der von ihr zugesagte Fertigstellungstermin wegen von der Klägerin zu verantwortender Behinderungen nicht habe eingehalten werden können. Ob das tatsächlich der Fall gewesen sei, könne anhand des Vortrags der Beklagten aber nicht beurteilt werden. 

Beruft sich ein Unternehmer darauf, dass er wegen Störungen den Fertigstellungstermin nicht habe einhalten können, genügt es zu seiner Entlastung nicht, wenn er zu (vermeintlichen) Störungen des Bauablaufs vorträgt. Nicht jede Störung wirkt sich auf den Bauablauf aus, weshalb es einer bauablaufbezogenen Darstellung bedarf. Die Beklagte müsste also darlegen, wie sie den (hypothetischen, störungsfreien) Bauablauf geplant hatte und in welcher Art und Weise sich die Störungen unter Berücksichtigung des tatsächlichen Bauablaufs ausgewirkt haben. 

Der Vortrag der Beklagten wurde diesen Anforderungen nicht gerecht. Sie hatte lediglich in allgemeiner Form geltend gemacht, sie wäre ohne Störungen dazu in der Lage gewesen, das Bauvorhaben so voranzutreiben, dass die Voraussetzungen des Teilkündigungsrechts nicht eingetreten wären bzw. der zeitliche Rahmen bis 01.12.2021 für eine Fertigstellung des Bauvorhabens ausgereicht hätte. Dieser Vortrag der Beklagten lasse vollständig offen, wie sie den Bauablauf plante. Danach könne insbesondere nicht beurteilt werden, ob ihre Planung des Bauablaufs (und der vorangehenden Planungsphase) realistisch war, sie also den spätesten Fertigstellungstermin überhaupt hätte einhalten können. Einer bauablaufbezogenen Darstellung genüge dieser Vortrag nicht.

Praxishinweis

Das Urteil des OLG Düsseldorf unterstreicht die Bedeutung einer detaillierten bauablaufbezogenen Darstellung bei der Geltendmachung von Verzugsansprüchen.  Unternehmer müssen genau darlegen, wie Störungen den Bauablauf beeinflusst haben, um sich von Verzugsansprüchen zu entlasten.  Zudem zeigt das Urteil, dass vertraglich vereinbarte Rücktrittsrechte auch ohne Verschulden des Vertragspartners wirksam sein können, wenn objektive Voraussetzungen erfüllt sind.  Eine umfassende Dokumentation und klare vertragliche Regelungen sind daher unerlässlich, um im Streitfall rechtlich abgesichert zu sein.

(OLG Düsseldorf, Urteil vom 01.03.2024 – 22 U 208/23)
 

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