Juli 2025 Blog

EU verabschiedet 18. Sanktionspaket gegen Russland

Nach wochenlanger Blockade durch die Slowakei haben sich die Vertreter der EU-Mitgliedstaaten in der Nacht zum 18. Juli auf ein weiteres umfassendes Sanktionspaket gegen Russland geeinigt. 

EU-Außenbeauftragte und Vizekommissionspräsidentin Kaja Kallas bezeichnete es als „eines der bislang stärksten Sanktionspakete der EU“.

Im Zentrum des neuen Maßnahmenpakets steht das Ziel, die russischen Einnahmen aus dem Export von Öl in Drittstaaten weiter zu beschneiden, den Finanzsektor Russlands gezielt zu schwächen und den Technologietransfer in militärisch relevante Bereiche einzuschränken.

Überblick

Das neue Sanktionspaket besteht aus mehreren Verordnungen und Durchführungsverordnungen, die bestehende Sanktionsregelwerke anpassen und erweitern:

  • Verordnung (EU) 2025/1494 zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 833/2014 enthält neue Einfuhr- und Ausfuhrverbote, Anpassungen im Energiebereich sowie Maßnahmen zur Preisdeckelung russischen Öls.
  • Verordnung (EU) 2025/1472 des Rates vom 18. Juli 2025 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 765/2006 enthält unter anderem eine Erweiterung der gelisteten natürlichen und juristischen Personen, sowie auch eine Erweiterung der von Ausfuhrbeschränkungen betroffenen Güter in Bezug auf Belarus.
  • Durchführungsverordnung (EU) 2025/1469 des Rates vom 18. Juli 2025 zur Durchführung des Artikels 8a Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 765/2006 erweitert den Anhang I um acht neue juristische Personen.
  • Durchführungsverordnung (EU) 2025/1476 des Rates vom 18. Juli 2025 zur Durchführung der Verordnung (EU) Nr. 269/2014 erweitert den Anhang I um weitere 14 Personen und 41 Organisationen.

Anpassung des Ölpreisdeckels

Ein zentrales Element des Pakets ist die Anpassung des Ölpreisdeckels. Bisher lag dieser bei 60 US-Dollar pro Barrel, nun wird er dynamisch angepasst und auf 47,6 US-Dollar pro Barrel gesenkt – und damit auf rund 15 % unter dem durchschnittlichen Marktpreis. Ziel ist es, Russlands Einnahmen aus dem Rohölexport weiter zu reduzieren, ohne gleichzeitig den globalen Ölmarkt zu destabilisieren.

Die EU betont, dass der neue Mechanismus flexibel ist und auf Marktveränderungen reagieren kann. Damit soll die Umgehung des Preisdeckels durch intransparente Handelsstrukturen wie die Schattenflotte eingedämmt werden.

Maßnahmen gegen die Schattenflotte

Das Paket listet weitere 105 Schiffe der russischen Schattenflotte, die gezielt zur Umgehung von Sanktionen eingesetzt werden. Nach Artikel 3s der Verordnung (EU) Nr. 833/2014 dürfen diese Schiffe keine EU-Häfen anlaufen. Außerdem ist es europäischen Unternehmen verboten, diesen Schiffen oder ihren Betreibern Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Schifffahrt anzubieten bzw. zu erbringen. Die Zahl der gelisteten Schiffe steigt damit auf insgesamt 444.

Ziel ist es, insbesondere unsichere, fälschlich unter nicht-russischer Flagge fahrende Tanker zu identifizieren und von der maritimen Infrastruktur der EU auszuschließen.

Transaktionsverbot für Nord Stream 1 und 2

Mit dem neuen Sanktionspaket verhängt die EU ein vollständiges Transaktionsverbot im Zusammenhang mit Nord Stream 1 und 2. Damit werden sämtliche Aktivitäten rund um Fertigstellung, Betrieb, Wartung und eine mögliche zukünftige Nutzung der Gaspipelines faktisch gestoppt.

Verbot importierter Raffinerieprodukte aus Drittstaaten

Ein weiterer neuer Aspekt ist das Importverbot für Raffinerieprodukte, die aus russischem Rohöl hergestellt wurden – auch dann, wenn sie über Drittstaaten wie Indien, die Türkei oder China eingeführt werden. Die EU will damit die indirekte Finanzierung des russischen Haushalts durch verschleierte Ölverkäufe unterbinden. Nach einer sechsmonatigen Übergangsfrist ist es EU-Unternehmen verboten, entsprechende Produkte zu erwerben, einzuführen, weiterzuleiten oder technische Hilfe hierzu zu leisten. Ausnahmen gelten lediglich für ausgewählte Partnerländer wie Kanada, Norwegen, die Schweiz, das Vereinigte Königreich und die USA.

Neue Exportverbote

Ein zentrales Element des 18. Sanktionspakets ist die erneute Ausweitung der Exportbeschränkungen, mit denen die EU gezielt die industrielle und militärische Leistungsfähigkeit Russlands einschränken will. 

So werden neue Ausfuhrverbote für spezifische Güter und Technologien eingeführt, die für die russische Rüstungsindustrie von strategischer Bedeutung sind. Konkret betrifft dies sechs chemische Verbindungen, die bei der Herstellung von Festtreibstoffen verwendet werden, sowie zwei Arten von CNC-Maschinen (Computerized Numerical Control), wie sie typischerweise zur Fertigung von militärischer Ausrüstung zum Einsatz kommen – etwa für die Produktion von Kh-59-Marschflugkörpern, unbemannten Luftfahrzeugen (Drohnen), Hubschrauberkomponenten und Panzersystemen.

Darüber hinaus werden die bereits bestehenden Exportverbote gemäß Anhang XXIII deutlich ausgeweitet. Neu betroffen sind:

  • weitere Maschinen und Geräte, insbesondere für den Energiesektor (z. B. Gasturbinen),
  • ausgewählte Chemikalien, die als Rohstoffe in der Industrie verwendet werden,
  • bestimmte Metalle wie raffinierter Kupfer, Aluminium sowie daraus gefertigte Bauteile,
  • sowie diverse Kunststoffe.

Ergänzt wird das Maßnahmenpaket durch die Aufnahme von 26 weiteren Unternehmen des russischen militärisch-industriellen Komplexes in die Sanktionsliste. Elf dieser gelisteten Unternehmen haben ihren Sitz in Drittstaaten außerhalb Russlands – sieben davon in China und Hongkong, vier in der Türkei. Sie sollen an der Umgehung von EU-Exportbeschränkungen beteiligt gewesen sein, unter anderem bei der Lieferung von Komponenten für unbemannte Luftfahrzeuge (Drohnen). 

Damit wird auch die Sanktionierung einer nur indirekten Unterstützung Russlands vorangetrieben.

Maßnahmen gegen Propaganda, Repression und kulturelle Aneignung

Die EU belegt eine weitere Person mit Sanktionen, die aktiv an der sogenannten „militärischen Erziehung“ ukrainischer Kinder durch Russland beteiligt ist. Damit steigt die Zahl der sanktionierten Akteure im Zusammenhang mit der Verschleppung und Indoktrination ukrainischer Kinder auf über 90. Zudem werden mehrere russische Vertreter in den besetzten Gebieten gelistet – darunter ein Verantwortlicher für die Instrumentalisierung ukrainischer Kulturgüter, ein prominenter russischer Unternehmer sowie ein bekannter Propagandist.

Schutz vor missbräuchlichen Schiedsverfahren

Mit dem neuen Sanktionspaket stärkt die EU den Schutz ihrer Mitgliedstaaten vor missbräuchlichen Schiedsverfahren, die russische Unternehmen oder Oligarchen im Rahmen bilateraler Investitionsabkommen (BIT) anstrengen. Vorgesehen sind gezielte Maßnahmen wie etwa Nichtanerkennungsregeln für solche Verfahren innerhalb der EU, Verpflichtungen für Mitgliedstaaten zur aktiven Verteidigung sowie Regelungen zum Ausschluss von Entschädigungsansprüchen. Ziel ist es, zu verhindern, dass Russland Sanktionen auf juristischem Weg unterläuft.

Zusammenfassung

Das 18. Sanktionspaket markiert einen weiteren bedeutenden Schritt der EU, den wirtschaftlichen und technologischen Druck auf Russland zu erhöhen. Mit gezielten Maßnahmen gegen Drittländer, neue Listungen und weitreichenden Exportverboten zeigt die Union, dass sie Sanktionsumgehungen konsequenter bekämpfen will. Besonders der Fokus auf die Schattenflotte und die russischen Einnahmequellen aus der Öl- und Gasindustrie unterstreicht die strategische Ausrichtung der Sanktionen. 

Trotz interner Differenzen unter den Mitgliedstaaten setzt die EU damit ein klares Signal für ihre geschlossene Haltung gegenüber dem russischen Angriffskrieg.

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