März 2020 Blog

Folgen des Ent­wurfs eines Ge­setzes zur Ab­milderung der Folgen der COVID-19-Pandemie für das Straf­verfahrens­recht

Die Bundesregierung plant auch eine wesentliche Änderung im Strafverfahrensrecht. Während nach geltendem Recht ein Strafverfahren in der Regel für höchstens drei Wochen (in Ausnahmefällen vier Wochen) unterbrochen werden darf, ohne den Prozess neu beginnen zu müssen (vgl. § 229 StPO), soll nunmehr vor dem Hintergrund der Corona-Krise ein befristeter zusätzlicher Hemmungstatbestand für die Unterbrechungsfrist eingeführt werden. Insoweit ist vorgesehen, es den Gerichten zu erlauben, die strafrechtliche Hauptverhandlung für max. drei Monate und zehn Tage zu unterbrechen, wenn diese aufgrund von Maßnahmen zur Vermeidung der Verbreitung der Corona-Pandemie nicht durchgeführt werden kann. Der Gesetzgeber greift hier die jüngst eingeführten Regelungen zur Unterbrechung bei Krankheit, Mutterschutz und Elternzeit auf (vgl. § 229 Abs. 3 StPO), die eine Erkrankung mit COVID-19 erfasst hätte. Die Neuregelung gestattet nunmehr eine entsprechende Hemmung bereits zur Einhaltung von Infektionsschutzmaßnahmen.

Eine dreimonatige Unterbrechung einer Hauptverhandlung erscheint vor dem Hintergrund der Corona-Krise durchaus angemessen. Es ist zu erwarten, dass bei einer entsprechenden Gesetzesänderung die Gerichte von dem neuen Hemmungstatbestand für die Unterbrechungsfrist einer strafgerichtlichen Hauptverhandlung erheblich Gebrauch machen werden, um ein „Platzen“ bereits begonnener Prozesse zu vermeiden. Soweit Strafgerichte Anklagen zwar zugelassen und die Eröffnung des Hauptverfahrens beschlossen haben, aber bislang die Hauptverhandlung noch nicht terminiert wurde, zeigt die aktuelle Praxis, dass Terminierungen für Hauptverhandlungen nur in dringenden Fällen vorgenommen werden. Nach Möglichkeit warten die Strafgerichte zurzeit ab, wie sich die Corona-Pandemie weiter entwickelt. Die geplante Neuregelung würde auch bei bereits begonnenen Hauptverhandlungen eine längere Unterbrechung gestatten.

Dr. Michael Nicolaus
Stefan Glock

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