Januar 2018 Blog

Gesetzgeber schließt „Gender-Pay-Gap“! Oder doch nicht?!

Das Bundesfamilienministerium hat sich in der letzten Legislaturperiode nicht weniger zur Aufgabe gemacht, als die sog. „Gender-Pay-Gap“ zu schließen. Diese belaufe sich - nach dessen Auswertung - auf bis zu 21 % bezogen auf das Bruttostundenentgelt (BT-Drs. 18/11133, 18). Zu diesem Zwecke wurde nach langen rechtspolitischen und rechtsdogmatischen Auseinandersetzungen das Entgelttransparenzgesetz (EntgTranspG) beschlossen, welches am 06.07.2017 in Kraft trat und ab 06.01.2018 vollends seine Wirkungen entfaltet.

Regelungskern

Dreh- und Angelpunkt der gesetzlichen Neuregelung ist der in § 10 EntgTranspG normierte Auskunftsanspruch des Beschäftigten gegenüber dem Betriebsrat bzw. in besonderen Konstellationen gegenüber dem Arbeitgeber. Dieser Auskunftsanspruch kann seit dem 06.01.2018 (vgl. § 25 Abs. 1 S. 1 EntgTranspG) geltend gemacht werden. Dadurch wird en passent auch der Betriebsrat gestärkt, da er mit zusätzlichen Einsichtsrechten in die Entgeltstruktursystematik des Betriebs ausgestattet wird.

Der Anspruch besteht jedoch nicht in jedem begründeten Arbeitsverhältnis und bezogen auf willkürliche Vergleichsgruppen.

Zum einen besteht der Auskunftsanspruch nur bei Betrieben mit in der Regel mehr als 200 Beschäftigten bei demselben Arbeitgeber. Kleinere und mittlere Betriebe werden daher von der Neuregelung nicht betroffen.

Der Anspruch bezieht sich auf die Kriterien und das Verfahren zur Festlegung des Entgelts sowie Informationen über das Entgelt für Vergleichstätigkeiten. Entscheidend ist daher, was unter dieser „Vergleichstätigkeit“ verstanden wird. Dabei hat der Beschäftigte diese gegenüber dem Betriebsrat bzw. Arbeitnehmer ausdrücklich und in textlicher Form zu benennen. Nach § 10 Abs. 1 EntgTranspG ist eine „Vergleichstätigkeit“ eine „gleiche oder gleichwertige“ Tätigkeit. Eine exakt gleiche Tätigkeit zu benennen, kann den Antragsteller dabei vor große Herausforderungen stellen. Bis auf Akkordarbeiten an Fließbändern o.ä., an denen jeder Arbeitnehmer standardisierte, wiederkehrende Handgriffe tätigt, wird es wohl schwierig werden, eine solche „gleiche Arbeit“ zu benennen. Einfacher liegt es da bei der „gleichwertigen Arbeit“. Hier spielen Faktoren, wie die Art der Arbeit, Qualifikationen und Arbeitsbedingungen eine stärkere Rolle. Mithin Faktoren, die einen größeren Spielraum belassen und daher einfacher vom Beschäftigten benannt werden können.

Wird die Auskunft in der Folge verweigert, so führt dies zu einem für den Beschäftigten günstigen prozessualen Vorteil. Gemäß § 15 Abs. 5 EntgTranspG findet eine Beweislastumkehr statt. Insofern hat in einem Prozess der Arbeitgeber zu beweisen, dass kein Verstoß gegen das in § 4 Abs. 4 statuierte Entgeltgleichheitsgebot vorliegt.

Wird nach Auskunftserteilung eine Diskriminierung positiv festgestellt, stehen dem Betroffenen mehrere Möglichkeiten offen. Zum einen könnte der entsprechende Arbeitsvertrag nachverhandelt werden und für die zurückliegende Zeit eine entsprechende Ausgleichssumme vereinbart werden. Aber auch der Weg zu Gericht stünde offen. Handelt es sich tatsächlich um eine Geschlechterdiskriminierung, so kann gem. § 15 Abs. 2 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz die vorenthaltene Leistung, mithin das zu wenig gezahlte Arbeitsentgelt, verlangt werden und der entsprechende Arbeitsvertrag diskriminierungsfrei geschlossen werden.

Flankiert wird dieser individuelle Auskunftsanspruch mit einem Entgeltprüfverfahren für Betriebe mit in der Regel mehr als 500 Beschäftigten nach § 17 EntgTranspG. Diese sind gehalten das Entgeltgleichheitsgebot regelmäßig zu überprüfen und dabei insbesondere Entgeltreglungen, verschiedene Entgeltbestandteile und deren Anwendung ins Auge zu fassen und die Regelungen im Betrieb ggf. entsprechend anzupassen.

Ausblick

Die Auswirkungen auf die Praxis bleiben indes weiter unklar. Zum einen kann nicht abgesehen werden, wie viele Arbeitnehmer den Auskunftsanspruch tatsächlich geltend machen bzw. sogar eventuell gerichtlich durchsetzen, da viele Arbeitnehmer ein solches Vorgehen gegenüber dem eigenen Arbeitgeber scheuen. Zum anderen ist der bürokratische Aufwand, gerade auch in Bezug auf das Entgeltprüfverfahren, für die betroffenen Betriebe hoch. Daher werden die wenigsten Betriebe der „Soll-“Regelung des § 17 EntgTranspG auch zu ihrer Anwendung verhelfen wollen. Einer echten Gleichbehandlung liegen somit noch etliche Steine im Weg. Die erste Evaluation der Bundesregierung, welche für zwei Jahre nach in Kraft treten der Regelung geplant ist, kann daher mit Spannung erwartet werden.

Christof Kleinmann, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht
Dr. Christoph Gerhard, Rechtsreferendar
beide Frankfurt am Main

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