Kapitalerhöhung mit Hindernissen: Ausgegliedertes Einzelunternehmen als Sachagio unzulässig
Ein Beschluss des OLG Celle vom 13.06.2024 setzt der gängigen Praxis, Einzelunternehmen als Sachagio zwecks Bargründung oder –kapitalerhöhung in eine GmbH einzubringen, klare Grenzen.
Anwaltliche Gestaltungspraxis
In der Praxis erfolgt die Einbringung eines Unternehmens in eine (neue) GmbH im Zusammenhang mit der Gründung dieser GmbH oder mit einer Erhöhung des Stammkapitals. Um den formellen Aufwand der Sachgründung bzw. Sachkapitalerhöhung zu vermeiden, wird häufig eine Bargründung oder Barkapitalerhöhung gewählt, bei der das Stammkapital durch Bareinlagen der Gesellschafter aufgebracht wird. Zugleich wird vereinbart, das (weitere) Unternehmen eines Gesellschafters in die Kapitalrücklage der GmbH im Wege eines Aufgeldes (Sachagio) einzubringen. Seit einer Entscheidung des BFH aus dem Jahr 2010 ist diese Gestaltungspraxis von der Rechtsprechung anerkannt (BFH, Urteil vom 7. 4. 2010 – Az. I R 55/09). Als Folge kann die Einbringung steuerneutral ohne Aufdeckung stiller Reserven erfolgen und ohne dabei die strengen Vorschriften über Sachgründung berücksichtigen zu müssen. Diese Gestaltungsvariante bietet sich insbesondere an, wenn das einzubringende Unternehmen in der Rechtsform der GmbH betrieben wird.
Alternativ kann die Einbringung eines Unternehmens in eine bestehende oder neu zu gründende GmbH durch Umwandlungsmaßnahmen im Sinne des § 123 UmwG (Aufspaltungen, Abspaltungen und Ausgliederungen) erfolgen. Vorteil dieser Gestaltungsvariante ist die (partielle) Gesamtrechtsnachfolge der GmbH für das Unternehmen. Diese Gestaltungsvariante wird zumeist gewählt, wenn ein kaufmännisches Einzelunternehmen oder ein bestimmter Betriebsteil in eine neue GmbH überführt werden sollen.
Sachverhalt
In dem Sachverhalt, der dem Beschluss des OLG Celle vom 13.06.2024 zugrunde liegt, wurde versucht, die beiden zuvor genannten Gestaltungsalternativen sowie deren Vorteile miteinander zu verbinden.
Eine GmbH begehrte als Beschwerdeführerin die Eintragung einer (Bar-) Kapitalerhöhung ihres ursprünglich EUR 25.000 betragenden Stammkapitals um EUR 100 in das Handelsregister. Die neu ausgegebenen Geschäftsanteile sollten durch den Alleingesellschafter der Beschwedereführerin übernommen werden. Mit der Kapitalerhöhung verbunden wurde eine Änderung des Gesellschaftsvertrages der Beschwerdeführerin. In einer neu eingefügten Satzungsregelung verpflichtete sich der Alleingesellschafter der Beschwerdeführerin, ein kaufmännisches Einzelunternehmen, dessen Inhaber er ist, durch Abschluss eines Ausgliederungs- und Übertragungsvertrags vollständig in die GmbH als Nebenleistung im Sinne des § 3 Abs. 2 GmbHG (Aufgeld bzw. Sachagio) einzubringen.
Das zuständige Registergericht lehnte mit einer Zwischenverfügung die Eintragung ab. Es verwies darauf, dass die Verknüpfung einer Ausgliederung eines Einzelunternehmens und einer Kapitalerhöhung nebst Sachagio unzulässig sei.
Entscheidung
Zwar hob der 9. Zivilsenat des OLG Celle die Zwischenverfügung des Registergerichts aus formellen Gründen auf, doch bestätigte er vorläufig in einem obiter dictum dessen Rechtsauffassung. Danach ist die Verknüpfung einer Barkapitalerhöhung einer GmbH mit der Ausgliederung und Einbringung eines einzelkaufmännischen Unternehmens in die GmbH durch ein Sachagio wegen eines Verstoßes gegen § 126 Nr. 2 UmwG unzulässig. § 126 Nr. 2 UmwG schreibe vor, dass die Übertragung der Gesamtheit des ausgegliederten Vermögens des übertragenden Rechtsträgers nur gegen Gewährung von Anteilen oder Mitgliedschaften am übernehmenden Rechtsträger erfolgen könne. Demnach hätten die neuen Geschäftsanteile der Beschwerdeführerin durch den Alleingesellschafter als Gegenleistung für die Ausgliederung und Einbringung seines Einzelunternehmens übernommen werden müssen und nicht allein für die Erhöhung des Stammkapitals.
Praxisfolgen
Der Rechtsprechung des BFH hat das OLG Celle keine Beachtung geschenkt. Danach kann bei einer Bargründung oder -kapitalerhöhung einer GmbH auch dann eine Sacheinlage im Sinne des UmwStG vorliegen, wenn der Einlagegegenstand nach der zugrundeliegenden Vereinbarung als Aufgeld Bestandteil des vom Gesellschafter für die übernommenen Geschäftsanteile zu entrichtenden Entgelt ist (BFH, Urteil vom 7. 4. 2010 – Az. I R 55/09). Nach der Rechtsprechung des BFH ist eine Verknüpfung einer Barkapitalerhöhung mit zeitgleicher Einbringung eines Unternehmens im Wege eines Sachagios zulässig. Es erschließt sich nicht, warum der Rechtsgedanke der Rechtsprechung des BFH, dass ein im Rahmen einer Bargründung oder Barkapitalerhöhung vereinbartes Sachagio als Teil einer Gegenleistung anzusehen ist, nicht auch auf Ausgliederungen eines Einzelunternehmens übertragen werden kann. Dies gilt insbesondere, solange ein enger zeitlicher und sachlicher Zusammenhang zwischen der Einbringung des Sachagios und der Bargründung bzw. Barkapitalerhöhung besteht.
Zur Vermeidung von Streitigkeiten mit dem Registergericht, empfiehlt sich in der Praxis im Falle der Personenidentität der Gesellschafter des übertragenden und übernehmenden Rechtsträgers (gerade im Falle der Überführung eines kaufmännischen Einzelunternehmens in eine GmbH) auf die Gewährung von Anteilen oder Mitgliedschaften im Sinne des § 126 Nr. 2 UmwG zu verzichten. Die Verzichtserklärung bedarf der notariellen Beurkundung. Für gewöhnlich kann die Beurkundung des Ausgliederungs- und Übernahmevertrages und der Verzichtserklärung in einer notariellen Urkunde verbunden werden. In diesem Fall bedarf es keiner gesonderten Kapitalerhöhung auf Ebene der aufnehmenden GmbH.
(OLG Celle, Beschluss vom 13.06.2024 – Az. 9 W 37/24)