Mehr Digitalisierung im Arbeitsrecht ab 2025: Viele Arbeitsverträge werden online möglich
Das 4. Bürokratieentlastungsgesetz ist in Kraft (BGBl. 2024 I, Nr. 323 v. 29.10.2024). Es ändert über 70 Gesetze, darunter etliche, die für die HR-Praxis bedeutsam sind und die die Digitalisierung von HR-Prozessen vereinfachen. Insbesondere können ab dem 1. Januar 2025 viele Arbeitsverträge digital geschlossen werden.
Digitale Arbeitsverträge
Bislang verpflichtet das Nachweisgesetz dazu, jedem Arbeitnehmer[1] ein eigenhändig unterzeichnetes Schriftstück auszuhändigen, das die wesentlichen Vertragsbedingungen des Arbeitsverhältnisses enthält. Da diese Vertragsbedingungen in der Praxis im Arbeitsvertrag festgehalten werden, unterliegen Arbeitsverträge bislang rein faktisch einem Schriftformzwang. Das ändert sich jetzt:
Das 4. Bürokratieentlastungsgesetz ändert das Nachweisgesetz (NachwG n.F.). Ab dem 1. Januar 2025 dürfen Arbeitgeber den Nachweis der Vertragsbedingungen in Textform (i.S.v § 126b BGB) abfassen und elektronisch übermitteln. Die Textform erfordert keine eigenhändige Unterschrift, sondern nur die Benennung des Erklärenden (z.B. Druckbuchstaben: ppa. Hans Müller). Eine qualifizierte elektronische Signatur ist nicht erforderlich. Der Textform genügen z.B. E-Mails oder DocuSign.
Wichtig: Die Textform ist nur unter folgenden Voraussetzungen zulässig (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 2 NachwG n.F.):
- Das Dokument muss für den Arbeitnehmer zugänglich sein (etwa durch Übersendung an die E-Mail-Adresse des Arbeitnehmers).
- Der Arbeitnehmer muss das Dokument speichern und ausdrucken können. Die Sicherheitseinstellungen der übersandten Datei dürfen das nicht verhindern.
- Der Arbeitgeber muss den Arbeitnehmer mit der Übermittlung des Dokuments auffordern, einen Empfangsnachweis zu erteilen (z.B. per E-Mail).
Hierbei wird es sich anbieten, die Aufforderung zur Empfangsbestätigung mit einer Einverständniserklärung zum Arbeitsvertrag zu verknüpfen. Die Textform entbindet den Arbeitnehmer nicht von der Annahme des ihm in Textform unterbreiteten Vertragsangebots.
Damit wird der Weg frei für den Abschluss „digitaler Arbeitsverträge“ (zu Ausnahmen und Beschränkungen siehe unten). Arbeitgeber können unbefristete Arbeitsverträge ab 2025 elektronisch als PDF-Datei zur Verfügung stellen indem sie z.B.
- den Arbeitsvertrag ausdrucken, eigenhändig unterschreiben und als eingescanntes Dokument übersenden, oder
- den Arbeitsvertrag mittels DocuSign unterzeichnen, oder
- digital unterschreiben, z.B. auf einem Smartphone, oder
- die Benennung des Erklärenden am Vertragsende mit dem Hinweis „ohne Unterschrift gültig“ versehen.
Änderungen in bestehenden Beschäftigungsverhältnissen sind ab 2025 ebenfalls in digitaler Form zulässig.
Gesetzliche sowie tarifliche Ausnahmen und Beschränkungen
- Befristungsvereinbarungen unterliegen weiterhin dem (strengen) gesetzlichen Schriftformerfordernis (§ 14 Abs. 4 TzBfG); insoweit ist allenfalls der Abschluss in elektronischer Form im Sinne von § 126a BGB unter Verwendung einer qualifizierten elektronischen Signatur zulässig.
Für einen Befristungsfall gibt es davon ab 2025 eine Ausnahme: Befristungen auf das Erreichen der Regelaltersgrenze werden digital möglich. Für solche „Rentenaustrittsklauseln“ reicht dann die einfache Textform (vgl. § 41 Abs. 2 SGB VI n.F.). Für Arbeitsverträge mit sonstigen Befristungsabreden ist von einem Vertragsschluss per E-Mail dringend abzuraten.
- Auch für die Vereinbarung eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots bleibt die Schriftform gesetzlich vorgeschrieben (§ 74 Abs. 1 HGB).
- Die in § 2a Abs. 1 SchwarzArbG genannten Branchen (Bau-, Gaststätten- und Beherbergungsgewerbe, Personenbeförderungs-, Speditions-, Transport- und damit verbundenes Logistikgewerbe, Schaustellergewerbe, Unternehmen der Forstwirtschaft, Gebäudereinigungs- und Messebaugewerbe, Fleischwirtschaft, Prostitutions- sowie Wach- und Sicherheitsgewerbe) sind von den Formerleichterungen im NachwG n.F. ausgenommen.
- Die Niederschrift der wesentlichen Arbeitsbedingungen von Praktikantinnen und Praktikanten bedarf nach § 2 Abs. 1a NachwG n.F. ab 2025 „nur“ noch dann der Schriftform, wenn das Praktikum nicht dem Mindestlohn unterliegt (§ 1 NachwG).
- Die schon seit 1. August 2022 geltenden Verschärfungen des NachwG sind auch bei Abschluss eines „digitalen Arbeitsvertrages“ zu beachten. Um das Risiko von Bußgeldern zu vermeiden, sollten Arbeitgeber prüfen, ob alle Pflichtangaben des verschärften NachwG in ihren Arbeitsvertragsmustern enthalten sind, soweit nicht schon erfolgt.
- Auf Verlangen eines Arbeitnehmers muss der Arbeitgeber diesem die Niederschrift über die wesentlichen Arbeitsbedingungen weiter in Schriftform erteilen (§ 2 Abs. 1 Satz 3 NachwG n.F.).
- Für die Beendigung von Arbeitsverhältnissen durch Kündigung oder Aufhebungsvertrag verbleibt es ebenfalls bei der strengen Schriftform (§ 623 BGB).
- Findet ein Tarifvertrag Anwendung, kann sich daraus für die Form von Arbeitsverträgen anderes ergeben. Das ist von Branche zu Branche verschieden und bedarf einer Prüfung im Einzelfall. Soweit ein einschlägiger Tarifvertrag vorsieht, dass der Arbeitsvertrag schriftlich zu vereinbaren ist, wird ein Formverstoß aber regelmäßig nicht zur Unwirksamkeit des Arbeitsvertrages führen.
Weitere Formerleichterungen ab 2025
- Arbeitnehmerüberlassungsverträge zwischen Verleiher und Entleiher können ebenfalls in Textform, also z.B. per E-Mail, geschlossen werden.
- Die Schriftform für die dem Betriebsrat des Entleihers vorzulegende Erklärung über das Bestehen einer Überlassungserlaubnis des Verleihers entfällt.
- Für Elternzeitverlangen, Anträge auf Teilzeitarbeit während der Elternzeit sowie die Ablehnung solcher Anträge durch den Arbeitgeber genügt ab 1. Mai 2025 ebenfalls die Textform, ab dem 1. Januar 2025 ebenso für die Geltendmachung von Pflegezeit oder Familienpflegezeit.
- Das Arbeitszeugnis kann mit Zustimmung des Arbeitnehmers künftig in elektronischer Form unter Verwendung einer qualifizierten elektronischen Signatur (§ 126a BGB) ausgestellt werden.
- Die in § 16 ArbZG vorgesehene Aushangpflicht für das Arbeitszeitgesetz und weiterer Vorschriften kann digital durch die Nutzung der im Betrieb üblichen Informations- und Kommunikationstechnik (wie z. B. Intranet) erfüllt werden.