August 2025 Blog

Transatlantischer Neustart: Das neue Handelsrahmenabkommen zwischen EU und USA

Die Europäische Union und die Vereinigten Staaten haben eine Erklärung veröffentlicht, die einen neuen Rahmen für den transatlantischen Handel schafft und die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen der EU und der USA auf eine neue Grundlage stellt. Ziel sei ein gegenseitiger, fairer und ausgewogener Handel, der durch Zollsenkungen, den Abbau technischer Handelshemmnisse und gemeinsame Standards für Nachhaltigkeit und Investitionen gestützt wird. Das Rahmenabkommen sei ein strategischer Schritt zur Stärkung der transatlantischen Partnerschaft in Zeiten globaler Unsicherheit.

Zoll

Ein zentraler Bestandteil des Abkommens ist die Neuausrichtung der Zollpolitik.

Die USA führen einen einheitlichen Zollsatz von 15 % für die meisten EU-Exporte ein. Für bestimmte strategische Produkte wie Flugzeugteile, Generika und kritische Rohstoffe bleibt es beim regulären MFN-Zollsatz (Most Favored Nation). Der MFN-Zollsatz ist ein völkerrechtlicher Grundsatz, der im Rahmen der Welthandelsorganisation (WTO) gilt. Hiernach muss ein WTO-Mitglied allen anderen WTO-Mitgliedern die gleichen Zollvergünstigungen gewähren, die es einem einzelnen Mitglied gewährt – es dürfen also keine diskriminierenden Zollsätze angewendet werden.

Die EU wird im Gegenzug sämtliche Zölle auf US-Industriegüter abschaffen und den Marktzugang für ausgewählte Agrar- und Fischereiprodukte erleichtern. Dazu zählen unter anderem verarbeitete Lebensmittel, pflanzliche Öle und Fleischprodukte. Sobald die EU diese Zölle abgeschafft hat, werden die USA sicherstellen, dass die Zölle nach Section 232 des Trade Expansion Act of 1962, die für Waren mit Ursprung aus der EU angewendet wird, 15 % nicht übersteigen. Für Fahrzeuge und Fahrzeugteile gelten abgestufte Regelungen, abhängig vom jeweiligen MFN-Satz. Im Bereich Stahl und Aluminium sollen zukünftig Zollkontingentlösungen eingeführt werden, um Überkapazitäten zu begrenzen und die Versorgungssicherheit zu stärken.

Die EU und die USA wollen zudem gemeinsame Ursprungsregeln entwickeln, um sicherzustellen, dass die beschlossenen Handelsvorteile vorwiegend auch den Vertragsparteien zugutekommen. Zudem wird sich die EU über die Digitalisierung von Handelsverfahren sowie zur Umsetzung der derzeit im Trilogverfahren beratenen EU-Zollreform mit den USA und US-Händlern austauschen. 

Nichttarifäre Handelshemmnisse

Die Parteien streben zudem eine engere regulatorische Zusammenarbeit an. Im Industriesektor, insbesondere bei Fahrzeugen, soll die gegenseitige Anerkennung technischer Standards ausgeweitet werden. Auch die Konformitätsbewertung soll vereinfacht werden, um Doppelprüfungen zu vermeiden. Im Agrarbereich wird die Vereinfachung von Gesundheitszertifikaten für bestimmte Fleisch- und Milchprodukte angestrebt, um den Handel zu erleichtern und administrative Hürden abzubauen.

Green Trade Regulation

Nachhaltigkeit und Umweltstandards spielen ebenfalls eine zentrale Rolle in dem Abkommen. Die EU prüft die Auswirkungen ihrer Verordnung über entwaldungsfreie Produkte (EUDR) auf US-Exporte und will negative Effekte abmildern. Im Rahmen des Carbon Border Adjustment Mechanism (CBAM) sollen zusätzliche Ausnahmen für kleine und mittlere US-Unternehmen geschaffen werden. Die EU will zudem die Belastungen durch die Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD) und die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) für Drittstaatenunternehmen mit gleichwertigen Standards reduzieren und hierdurch insbesondere den transatlantischen Handel stärken. Beide Seiten wollen zudem gemeinsam für einen starken Schutz international anerkannter Arbeitnehmerrechte eintreten, einschließlich der Beseitigung von Zwangsarbeit in Lieferketten.

Exportkontrolle und FDI

Beide Parteien wollen auch bei inbound und outbound investment screenings sowie im Rahmen der Exportkontrolle verstärkt zusammenarbeiten. Ziel ist es, Umgehungsstrategien zu verhindern und sensible Sektoren besser zu schützen. 

Sonstiges

Weitere Punkte der Rahmenvereinbarung betreffen unter anderem die Sektoren Energie, Verteidigung und Digitalisierung. So verpflichtet sich die EU beispielsweise zum Erwerb großer Mengen US-amerikanischer Energieprodukte im Wert von USD 750 Mrd., darunter LNG und Nuklearenergie, um ihre Abhängigkeit von Drittstaaten zu reduzieren. Europäische Unternehmen sollen zudem umfangreiche Investitionen in den USA in Höhe von USD 600 Mrd., insbesondere in strategischen Sektoren wie Halbleiter, KI und Infrastruktur tätigen. Die EU wird ihre militärtechnische Beschaffung aus den USA ausweiten, um die Interoperabilität innerhalb der NATO zu stärken. Auch ein Abkommen zur gegenseitigen Anerkennung im Bereich Cybersicherheit ist geplant. Im digitalen Handel wollen beide Seiten auf Netzgebühren verzichten und die zollfreie Übertragung elektronischer Daten beibehalten.

Nächste Schritte

Die EU wird zeitnah Gesetzesvorschläge zur Umsetzung der vereinbarten Zollmaßnahmen vorlegen. Mit Spannung bleibt abzuwarten, ob das EU-Parlament diese Vorschläge unverändert absegnet. Sobald diese aber wie vereinbart verabschiedet sind, treten die US-Zollerleichterungen in Kraft. Erste Erleichterungen für bestimmte Produktgruppen sollen bereits ab dem 1. September 2025 wirksam werden. Weitere Verhandlungen zu Ursprungsregeln, Investitionsschutz und Nachhaltigkeitsstandards sind geplant. Hier ist jedoch noch völlig offen, ob und wie hier die Regelungen aussehen könnten. 

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