Türkei: Neues Gesetz zur Einrichtung eines Schiedszentrums in Istanbul
Am 1. Januar 2015 ist ein neues Gesetz (Nr. 6570 - veröffentlicht am 29. November 2014) in Kraft getreten, welches die Gründung eines Schiedszentrums in Istanbul bewilligt. Diese neue Institution soll als Aufsicht über Schiedsverfahren sowohl für internationale wie auch nationale Auseinandersetzungen fungieren.
Das Gesetz soll die Inanspruchnahme von Schiedsverfahren in der Türkei fördern, insbesondere bei Auseinandersetzungen mit Auslandsbezug. Das Schiedszentrum in Istanbul ist dafür vorgesehen, durch die Bereitstellung eines effizienteren Schlichtungsmechanismus, insbesondere mit Blick auf komplexe Sachverhalte, weitere Auslandsinvestitionen anzuziehen. Das Gesetz benennt keine Verfahrensregeln, deren Entwicklung und Anwendung dem Zentrum überlassen ist. In Übereinstimmung mit den allgemeinen Schiedsgrundsätzen ordnet das Gesetz auch eine Geheimhaltungsverpflichtung für die Mitarbeiter des Zentrums an.
Das Schiedszentrum in Istanbul bietet in- und ausländischen Unternehmen die Möglichkeit, Auseinandersetzungen durch eine Facheinrichtung in Istanbul schiedsrichterlich beilegen zu lassen. Dies ist insbesondere für Unternehmen mit Projekten in der Türkei oder türkische Unternehmen wichtig, da die enge örtliche Nähe zum Gericht die Kosten für Schiedsgerichtsverfahren erheblich senken kann. Das Zentrum wird auch als Forum für Meetings und Konferenzen fungieren und dadurch die Sichtbarkeit von Schiedsfachkräften in der Türkei erhöhen und die Ermittlung und Auswahl von Schiedsrichtern und Experten vereinfachen. Wie bei allen Schiedsverfahren wird die Inanspruchnahme des Zentrums durch eine Vereinbarung zwischen den Parteien geregelt.
Die volle Tragweite des Schiedszentrums in Istanbul für die Schiedsgerichtsbarkeit in der Türkei wird erst deutlich werden, wenn die Verfahrensregeln eingeführt werden. Sobald diese verfügbar sind, haben Vertragsparteien die Möglichkeit, Auseinandersetzungen an das Schiedszentrum in Istanbul zu verweisen. Die Auswahl der Schlichtungsmethode und die Festlegung des Zentrums in Schiedsklauseln stellen eine strategische Entscheidung da, die in der Vertragsentwurfsphase sorgfältig abgewogen werden sollte.
Die Türkei hat seit 2001 ein Internationales Schiedsgesetz (Gesetz Nr. 4686 über Internationale Schiedsgerichtsbarkeit), welches sich – wie die einschlägige Vorschriften der deutschen ZPO - an das UNCITRAL-Modelgesetz anlehnt.
Dr. Gökçe Uzar Schüller, Avukat