April 2025 Blog

Über Gewährleistungs­marken

Gewährleistungsmarken sind etwas Besonderes. Sie dienen nämlich nicht, wie normale Marken, der Unterscheidung von Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von denen eines anderen, sondern der Unterscheidung von Waren und Dienstleistungen, die bestimmte, gewährleistete Eigenschaften haben, von solchen, bei denen das nicht der Fall ist, z.B. die Eigenschaft, vegan zu sein, oder die, bestimmten technischen Standards zu genügen. 

So weit, so gut. Aber woran erkennt man, dass eine Marke eine Gewährleistungsmarke ist? Und was macht ihre „Unterscheidungskraft“ aus? Es liegt nahe, einen Hinweis auf die gewährleisteten Eigenschaften einfach in die Marke aufzunehmen. Eine Marke ist aber in gewisser Hinsicht ein Monopol, nämlich ein ausschließliches Recht an einer Bezeichnung. Es gibt keinen Grund, ausschließliche Rechte an der Bezeichnung der Eigenschaften von Waren oder Dienstleistungen zu vergeben. Das Markenrecht – auch insofern EU-weit harmonisiert – gewährt deshalb Zeichen keinen Schutz, also dem Inhaber kein Ausschließlichkeitsrecht, die der Verkehr nur als Hinweis auf Eigenschaften der Ware auffasst. „bio mineralwasser“ zum Beispiel. Oder?

Dem Bundespatentgericht stellte sich genau diese Frage. Es hat sie verneint, die Entscheidung wurde vor wenigen Tagen veröffentlicht (Beschl. v. 16.12.2024, 26 W (pat) 31/20 - bio mineralwasser). Zuvor war bereits das EUIPO, das EU-Design- u. Markenamt, bezüglich der entsprechenden EU-Markenanmeldung zum selben Ergebnis gekommen (Entscheidung der 5. Beschwerdekammer des EUIPO vom 27. Oktober 2021 - R 2112/2019-5).

Das als Gewährleistungsmarke angemeldete Zeichen   

sah aus, wie man sich ein Gütesiegel vorstellen mag: Ein Zeichen, das besagt, dass ein Mineralwasser „bio“ ist, was immer das heißt. Das reicht aber, sagt das Bundespatentgericht, nicht für eine Gewährleistungsmarke. Es muß zwar nicht zum Ausdruck kommen, dass hier Waren eines Herstellers von denen eines anderen unterschieden werden sollen, was ja sicherlich nicht der Fall ist, denn „Bio-Mineralwasser“, was immer es sein mag, wird der Verkehr nicht als – wenn man so sagen darf – aus ein und derselben Quelle stammend halten, nur weil „bio mineralwasser“, grafisch ausgestaltet, auf der Flasche steht. 

Es kommt aber bei dem angemeldeten Zeichen auch nicht zum Ausdruck, so das Gericht, dass jemand Bestimmtes tatsächlich gewährleistet, dass auch „bio“ drin ist. Eine Gewährleistungsmarke müsse eine „auf die Gewährleistung bezogene Herkunftsfunktion“ erfüllen können. Was aber ist das genau, wie sieht so etwas aus? Praktisch liegt übrigens nahe, einfach ein zweifelsfrei unterscheidungskräftiges Zeichen mit Angaben zu kombinieren, denen der Verkehr einen Hinweis auf die gewährleisteten Eigenschaften entnimmt. Das ist aber ein Kompromiß, der dem Problem ausweicht, wie auch die Formel des Gerichts - „auf die Gewährleistung bezogene Herkunftsfunktion“ -  noch keine Lösung gibt, sondern nur die Aufgabe beschreibt, die darin besteht - wenn man den praktischen Ausweg nicht gehen mag -, in einem einzigen Zeichen beides, Herkunftshinweis und Gewährleistungsanzeige, zu integrieren. Das Gesetz macht es im Ausgangspunkt eigentlich nicht so schwer. Die „Unterscheidungskraft“ muß nicht positiv festgestellt werden. Sie muß nur irgendwie da sein, darf jedenfalls nicht völlig fehlen, eine noch so geringe reicht aus. 

Der Anmelder vertrat vor diesem Hintergrund die Auffassung, der Zweischneidigkeit des Arguments bewußt, „bio“ sei immerhin nicht so eindeutig warenbeschreibend wie „mineralwasser“, aber im Zusammenhang, also auch mit Rücksicht auf die grafische Gestaltung, doch ausreichend, um den Gewährleistungscharakter des Zeichens kenntlich zu machen. Das war indes zu kurz gesprungen. Zwar sei, so das Gericht, gar nicht ausgemacht, dass eine „Gewährleistungsmarke“ die Tatsache der Gewährleistung auch im Zeichen selbst zum Ausdruck bringen müsse (z.B. mittels der Angabe „geprüfte Qualität“ oder ähnlich). Irgendwie müsse der Verkehr aber doch erkennen, dass hier nicht nur Waren mit bestimmten Eigenschaften vermarktet würden, sondern dass es auch jemanden gebe, der, ohne selbst Hersteller zu sein, diese Eigenschaften gewährleiste.

Das Gericht hat die Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof aber zugelassen: Die Frage, was denn die „Unterscheidungskraft“ einer Gewährleistungsmarke ausmache, in Abgrenzung zur Unterscheidungskraft einer „normalen“ Marke, sei von grundsätzlicher Bedeutung.

Die Anmelderin hat weder die Entscheidung der Beschwerdekammer angegriffen, noch die selten gewährte Gunst des Bundespatentgerichts genutzt, den Bundesgerichtshof mit diesen Fragen zu befassen; er hätte sich vermutlich auch in die Entscheidungen eingereiht. Statt dessen hat die Anmelderin, die Qualitätsgemeinschaft Bio-Mineralwasser e.V., eine neue Marke angemeldet. Sie sieht fast genauso aus, wie die hier besprochene, aber nur fast:

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