Dezember 2012 Blog

Überstunden: „mit drin“ reicht aus

Um die Einzelabrechnung von Überstunden – sei es aufgrund vertraglicher oder gesetzlicher Grundlage – zu vermeiden, ist die pauschale Abgeltung von Überstunden oder zumindest eines Teils davon in Arbeitsverträgen in den vergangenen Jahren immer häufiger geworden. Über die Ausgestaltung solcher Abgeltungs-Klauseln musste dann des Öfteren das Bundesarbeitsgericht entscheiden. Dabei war Tenor solcher Entscheidungen stets, dass eine vollständig pauschale Überstundenabgeltung nicht wirksam ist, sondern gegen § 307 Abs. 1 S. 2 BGB verstößt und deshalb gem. § 306 Abs. 1 BGB unwirksam ist.

Der Arbeitnehmer hat einen Anspruch darauf, dass sich aus dem Arbeitsvertrag selbst ergibt, welche Arbeitsleistungen von ihm verlangt und von dem Arbeitsvertrag erfasst werden und ab wann eine Vergütung für zusätzliche Leistungen vereinbart ist. Es muss erkennbar sein, welche Leistung der Arbeitnehmer für welche vereinbarte Vergütung erbringen muss (so etwa BAG vom 01.09.2010 – 5 AZR 517/09). Konkret heißt dies, dass bei Berücksichtigung des Arbeitszeitgesetzes eine Klausel mit einer festgelegten Anzahl von Überstunden, die pauschaliert mit dem Arbeitsentgelt abgegolten sind, zulässig ist. Vorsicht ist allerdings geboten bei Klauseln, die sich generalisierend allein auf die zulässige Höchstarbeitszeit (also 48 Stunden/pro Woche) beziehen, ohne die Stunden zu benennen. Solche Klauseln dürften vor der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht bestehen.
Wenn dann der Arbeitgeber eine solche grundsätzlich zulässige Klausel gewählt hat, bleibt trotzdem die Frage, ob die Klausel nicht weitere Aussagen darüber treffen müsste, unter welchen Umständen der Arbeitgeber solche Überstunden anordnen darf, das heißt, ob nicht eine weitere Inhaltskontrolle stattfinden muss. Dies hat das Bundesarbeitsgericht nun endgültig verneint (BAG vom 16.05.2012 – 5 AZR 331/11). In dem zu entscheidenden Fall hatte der Arbeitnehmer vorgetragen, eine Klausel in einem auch noch mündlichen Vertrag, in dem – allerdings unstreitig – besprochen und vereinbart war, dass 20 Überstunden im Monat „mit drin“ seien, sei zu unbestimmt. Dies hat das Bundesarbeitsgericht jedoch verneint und darauf hingewiesen, dass eine solche Klausel, auch wenn sie mündlich geschlossen aber wie hier unstreitig ist, durchaus ausreichend sei. Explizit hat es dabei abgelehnt, eine weitergehende Inhaltskontrolle vorzunehmen und festgehalten, dass eine solche nur dann möglich sei, wenn zusätzliche Parameter, wie z. B. die Art der Anordnung, mitgeregelt sind.
Dies heißt für die Gestaltung eines Arbeitsvertrages, dass es empfehlenswert ist, allein den Umfang der durch das Gehalt mit abgegoltenen Überstunden zu regeln, weiteres jedoch nicht aufzunehmen. Im Übrigen ist eine solche Regelung bezüglich einer zeitlich limitierten Abgeltung von Überstunden ausreichend transparent, nicht mehr überraschend und unterliegt keiner weiteren Inhaltskontrolle.
Allerdings: Das Bundesarbeitsgericht geht bei „Diensten höherer Art“ (nach Ansicht des Gerichts solchen, die mit mehr als etwa brutto 5.600,- EUR monatlich vergütet werden) davon aus, dass zumindest ein gesetzlicher Anspruch auf Überstundenzahlung nicht besteht, sondern Überstunden mit diesem Betrag abgegolten sind (BAG vom 22.02,2012 – 5 AZR 765/10). Ein Regelungsbedürfnis besteht dann – zumindest aus der Sicht des Arbeitgebers – nicht mehr.
Dr. Holger Kühl LL.M., Rechtsanwalt

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