Juli 2021 Blog

Unwirksam­keit einer Abschlags­zah­lungs­regelung führt zu einem Scha­dens­er­satz­an­spruch des Ver­brauch­ers

Zahlungspläne eines Unternehmers in einem Bauvertrag mit einem Verbraucher, welcher Abschlagszahlungen nach Baufortschritt vorsieht, dem Verbraucher aber keine Erfüllungssicherheit gewährt, sind in AGB unwirksam. Der Unternehmer ist in dem Fall zum Schadensersatz verpflichtet; den Schaden des Verbrauchers hat er in Form einer Sicherheitsleistung des Bauunternehmers in Höhe von 5 Prozent des vereinbarten Werklohns zu ersetzen.

Sachverhalt

Die Klägerin ist Verbraucherin und Eigentümerin eines unbebauten Grundstücks. Sie beauftragte die Beklagte mit der Errichtung eines Einfamilienhauses zu einem Pauschalfestpreis in Höhe von 398.000,00 EUR. In dem Bauvertrag waren Abschlagszahlungen in Form eines Zahlungsplans nach Baufortschritt vorgesehen. Die Regelung lautete:

㤠5 Zahlungen/Zahlungsplan

1.7 % Bauanzeige/Bauantrag
2.12 % nach Fundament/Sohle
3.15 % nach EG-Decke
4.12 % nach Richten des Dachstuhls
5.[...] 
6.[...] 
 [...] 
13.2 % nach Einbau Innentüren.“

 

 

 

 

 

 

 

Die Klägerin begehrte wegen der Verwendung unzulässiger Vertragsbedingungen durch den Unternehmer teilweise Rückzahlung der bereits geleisteten Abschlagszahlungen oder hilfsweise die Stellung einer Vertragserfüllungssicherheit in Höhe von 5 Prozent durch den Unternehmer.

Entscheidung

Das OLG Schleswig sieht in der Zahlungsreglung in § 5 des Bauvertrages einen Verstoß gegen das Verbot der unangemessenen Benachteiligung in Form der Abweichung von einem gesetzlichen Leitgedanken.

Wegen der Verwendung unwirksamer AGB ist der Bauunternehmer der Klägerin unter dem Aspekt der Verletzung der Schutz- und Rücksichtnahmepflichten zum Schadensersatz verpflichtet.

Begründung der Unwirksamkeit des Zahlungsplans

§ 632 a BGB a.F. bzw. § 650 m BGB regelt abweichend von der grundsätzlichen Vorleistungspflicht des Unternehmers im Werkvertragsrecht die Möglichkeit, Abschlagszahlungen zu verlangen. Bei Verbrauchereigenschaft des Bauherrn ist diesem bei einem Bauvertrag dann aber eine Erfüllungssicherheit in Höhe von 5 Prozent des Vergütungsanspruchs zu leisten.

Zwischen der Möglichkeit für den Unternehmer, Abschlagszahlungen zu verlangen und der Stellung einer Sicherheit durch diesen, wurde vom Gesetzgeber bei einem Verbraucherbauvertrag eine untrennbare Verknüpfung vorgenommen. Damit sollte dem Verbraucher ein Ausgleich zur Umkehrung der grundsätzlich gesetzlich vorgesehenen Vorleistungspflicht des Werkunternehmers im Werkvertragsrecht gegeben werden. Hierdurch soll dem Verbraucher jedenfalls ein gesetzliches Mindestmaß als Druckmittel zur mangelfreien Herstellung des Werks verbleiben.

Verlangen kann der Verbraucher jedoch keine Rückzahlung der geleisteten Abschlagszahlungen in Höhe der gesetzlichen Erfüllungssicherheit, sondern entsprechend der gesetzlichen Wertung des § 650 m Abs. 2 BGB eben nur Sicherheitsstellung in Höhe von 5 Prozent durch den Unternehmer. In zeitlicher Hinsicht ist der Schadensersatzanspruch bis zur erfolgten Abnahme bzw. Abnahmereife des Werks beschränkt.

Praxishinweis

Die Rechte des Verbrauchers werden ein weiteres Mal groß geschrieben und konsequent gesichert – vermeintlich. Denn erstaunlich ist, dass die Verbraucherrechte hier nicht präventiv geschützt werden. Dadurch, dass der Unternehmer durch den unwirksamen Zahlungsplan am Ende nur das gewähren muss, was das Gesetz dem Verbraucher zugesteht, nämlich eine fünfprozentige Erfüllungssicherheit, geht er kein Risiko ein, die unwirksame Zahlungsregelung zu verwenden. Der Versuch, einem unwissenden Verbraucher die Zahlungsregelung ohne Sicherheitsstellung unterzujubeln, ist somit nicht „strafbar“. Der Verbraucher ist daher im Ergebnis auf Kenntnis von seinem Recht angewiesen. Der Unternehmer hingegen kann nur gewinnen; für den Fall eines aufmerksamen Verbrauchers muss er das gewähren, was er gesetzlich ohnehin gewähren müsste; er wird für sein unlauteres Vorgehen der Verwendung unwirksamer AGB, die gegen den Kerngehalt des Verbraucherschutzrechts verstoßen nicht sanktioniert. Nur dann wäre der Verbraucher umfassend und präventiv auch vor dem Versuch eines Unternehmers geschützt. Würde er das Risiko tragen müssen bei Berufung des Verbrauchers auf die Unwirksamkeit der Zahlungsregelung keinerlei wirksame Abschlagszahlungsvereinbarung erreicht zu haben und es so bei der gesetzlichen Vorleistungspflicht verbleiben, würde er sich vor der Verwendung einer solchen Regelung hüten. - Ein glatter Verstoß gegen das Verbot der geltungserhaltenden Reduktion der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle.

Im Übrigen ergibt sich der Anspruch zugleich aus dem Bereicherungsrecht (§ 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB Leistungskondiktion).

In Betracht käme hier aber ein Ausschluss wegen fehlender Fälligkeit des Werklohnanspruchs des Unternehmers gemäß § 813 Abs. 2 BGB. Die Einrede der § 813 Abs. 2 BGB stellt klar, dass Leistungen auf eine ansonsten einredefrei bestehende, aber noch nicht fällige Verbindlichkeit nicht kondiziert werden können.

Wegen der Unwirksamkeit des Zahlungsplans hätte die Klägerin keine Abschlagszahlungen leisten müssen. Eine fällige Werklohnforderung des Unternehmers entsteht jedoch erst mit Abnahme, § 641 Abs. 1 BGB. Bei Zahlung auf die noch nicht fällige, aber erfüllbare Werklohnforderung erlischt diese in dem Moment der Zahlung, sodass keine Minderung der Vermögenslage auf Seiten der Klägerin eintrete.

§ 813 Abs. 2 Hs. 1 ist nicht anzuwenden, sofern das Behalten der Zahlung vor Fälligkeit durch den Empfänger gegen den Zweck einer Verbotsnorm spricht. Die Rechtsprechung wendet § 813 Abs. 2 bei Zahlungen vor Fälligkeit im Zusammenhang mit einer Kondiktion nach § 817 Abs. 1 dann nicht an, wenn der Kondiktionsausschluss gerade dem Zweck eines Verbotsgesetzes, das die Annahme von Zahlungen vor Fälligkeit verbietet, zuwiderliefe. Das ist z.B. bei einem Verstoß gegen § 3 Abs. 1, 2 MaBV (Makler- und Bauträgerverordnung) der Fall. Darin sieht der BGH ein gesetzliches Verbot i.S.d. § 134 BGB, bei dessen Verstoß durch Entgegennahme des Bauträgers vorzeitiger Zahlungen ein Anspruch des Bestellers auf Rückzahlung gemäß § 817 S. 1 BGB gegeben ist. Die Regelung des § 813 Abs. 2 BGB könne danach jedenfalls insoweit Anwendung finden, soweit sie den vom Verbotsgesetz bezweckten Schutz des dortigen Erwerbs ausschalten würde. (BGH, Urt. v. 22.03.2017 – VII ZR 268/05)

(OLG Schleswig, Urteil vom 07. April 2021 – 12 U 147/20, BeckRS 2021, 12048)

Marie-Christin Molitor, Rechtsanwältin, Fachanwältin für Bau- und Architektenrecht
Stuttgart

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