Unwirksamkeit notarieller Beurkundung und Prüfungsumfang der Registergerichte bei notariell eingereichter Gesellschafterliste
Eine notarielle Beurkundung ist nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 BeurkG auch dann unwirksam, wenn bei der Beurkundung ein Dritter von der Ehefrau des beurkundenden Notars als Geschäftsführerin einer GmbH im Namen der GmbH bevollmächtigt wurde. Die Aufnahme einer vom Notar eingereichten Gesellschafterliste ins Handelsregister kann vom Registergericht abgelehnt werden, wenn ohne weitere Ermittlungen sichere Kenntnis von der Unrichtigkeit besteht.
Sachverhalt
Alleingesellschafterin der Antragsteller-GmbH war eine GmbH. Die alleinige Geschäftsführerin der Antragsteller-GmbH war zugleich auch alleinige Geschäftsführerin der Alleingesellschafterin. Der Ehemann der alleinigen Geschäftsführerin beurkundete einen den Geschäftsanteil der Antragsteller-GmbH betreffenden Kauf- und Abtretungsvertrag sowie eine Gesellschafterversammlung der Antragsteller-GmbH, in welcher Satzungsänderungen sowie die sofortige Abberufung der alleinigen Geschäftsführerin und die Bestellung eines neuen Geschäftsführers beschlossen wurde. Vertreten wurde die Alleingesellschafterin dabei durch den Neffen des beurkundenden Notars, welcher durch die Geschäftsführerin der Alleingesellschafterin sowohl hinsichtlich der Veräußerung von Geschäftsanteilen als auch der Ausübung von Stimmrechten aus Geschäftsanteilen bevollmächtigt wurde.
Am Tag der Beurkundung meldete der neue Geschäftsführer neben seiner Neubestellung die Abberufung der bisherigen Geschäftsführerin sowie die Änderungen der Satzung zugleich zur Eintragung im Handelsregister an. Der beurkundende Notar reichte zudem eine neue Gesellschafterliste zur Eintragung im Handelsregister ein. Das Registergericht wies die Anmeldungen jedoch zurück und lehnte den Antrag auf Freigabe der Gesellschafterliste ab.
Die hiergegen eingelegte Beschwerde des Beschwerdegerichts blieb ohne Erfolg.
Entscheidung des BGH
Der BGH schloss sich im Ergebnis der Auffassung des Beschwerdegerichts an und wies die gegen die Entscheidung des Beschwerdegerichts eingelegte Rechtsbeschwerde zurück. Nach Auffassung des BGH sei das Beschwerdegericht rechtsfehlerfrei zu dem Ergebnis gekommen, dass die notarielle Beurkundung des den Geschäftsanteil der Antragstellerin betreffenden Kauf- und Abtretungsvertrages gem. § 6 Abs. 1 Nr. 4 BeurkG unwirksam ist. Infolge der Unwirksamkeit der Beurkundung sei auch eine Aufnahme der veränderten Gesellschafterliste ins Handelsregister nicht möglich, wobei diese Feststellung vom Prüfungsumfang der Registergerichte grds. nicht umfasst sei.
Unwirksamkeit der notariellen Beurkundung gem. § 6 Abs. 1 Nr. 4 BeurkG
Die Beurkundung von Willenserklärungen ist gem. § 6 Abs. 1 Nr. 4 BeurkG unwirksam, wenn ein Vertreter der in § 6 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 BeurkG bezeichneten Personen (der Notar selbst, sein Ehegatte, sein Lebenspartner oder eine Person, die mit ihm in gerader Linie verwandt ist oder war) an der Beurkundung beteiligt ist. § 6 Abs. 2 BeurkG stellt klar, dass an der Beurkundung die Erschienenen beteiligt sind, deren im eigenen oder fremden Namen abgegebene Erklärungen beurkundet werden sollen.
Ob § 6 Abs. 1 Nr. 4 BeurkG auch Fälle erfasst, in denen ein Dritter wie im vorliegenden Fall von der Ehefrau des Notars als alleinige Geschäftsführerin einer GmbH zwar nicht im eigenen, sondern im Namen der GmbH bevollmächtigt wurde, wurde bislang unterschiedlich beurteilt. Teilweise wurde dies unter Anführung des Schutzzwecks von § 6 Abs. 1 Nr. 4 BeurkG bereits angenommen, wohingegen von der Gegenansicht vorgebracht wurde, dass § 6 Abs. 2 BeurkG nur auf den formell Beteiligten abstelle und der Gesetzgeber die Unwirksamkeit der Urkunde im Interesse der Rechtssicherheit bewusst auf Fälle beschränkt habe, in denen sich ihr Grund aus der Urkunde selbst ergebe.
Der BGH schloss sich mit seiner Entscheidung nun der erstgenannten Auffassung an. Aus seiner Sicht komme es nach dem Wortlaut von § 6 Abs. 1 Nr. 4 BeurkG darauf an, dass der Vertreter, dessen im Namen abgegebene Erklärungen beurkundet werden sollen, für eine der in § 6 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 genannten Personen handelt. Dies spreche für ein weites Verständnis, weshalb auch der Fall erfasst sei, in welchem der Beteiligte zwar im Namen eines Dritten auftrete, seine Befugnisse jedoch als Vertreter einer der genannten Personen ableite. Dies unterlaufe nach Auffassung des BGH auch nicht das im Gesetz angelegte Stufenverhältnis der notariellen Mitwirkungsbeschränkungen.
Aus Sicht des BGH spreche schließlich der Sinn und Zweck der Regelung dafür, den hiesigen Fall der Bevollmächtigung eines Dritten in den Anwendungsbereich der Norm fallen zu lassen. Zwecks Vermeidung von Umgehungen sei die Regelung nicht auf Fälle zu beschränken, in denen ein Vertreter im Namen des Notars oder einer ihm nahestehenden Person handelt. Maßgeblich sei vielmehr, dass der Ausschließungsgrund durch die Einschaltung eines Dritten umgangen wird, was bei der Hinzuziehung eines Vertreters durch die Ehefrau des Notars als alleinige Geschäftsführerin einer GmbH der Fall sei, da ein Interessenkonflikt und die Gefahr einer Parteinahme durch den Notar hier gleichermaßen gegeben seien.
Ablehnung der Anmeldungen zum Handelsregister
Nach Auffassung des BGH habe das Registergericht die Anmeldungen infolge des Verstoßes gegen § 6 Abs. 1 Nr. 4 BeurkG zu Recht abgelehnt. Da die Unwirksamkeit der notariellen Beurkundung die Nichtigkeit der Amtshandlung zu Folge habe, entsprach der Kauf- und Abtretungsvertrag nicht der notariellen Form gem. § 15 Abs. 3, Abs. 4 S. 1 GmbHG, sodass dieser nach § 125 S. 1 BGB nichtig sei.
Gleiches gelte im Ergebnis für die Beschlüsse über die Satzungsänderungen. Zwar handele es sich hier nicht um die Beurkundung von Willenserklärungen – wurden aber neben der Beurkundung von Versammlungsbeschlüssen auch rechtsgeschäftliche Erklärungen beurkundet, unterliege die Beurkundung insgesamt den Formvorschriften für Willenserklärungen, sodass sich die Unwirksamkeitsfolge des § 6 Abs. 1 Nr. 3 BeurkG auf die gesamte Beurkundung erstrecke. Durch die Nichtwahrung der in § 53 Abs. 3 S. 1 GmbHG vorgesehenen notariellen Form seien daher auch die Beschlüsse über die Satzungsänderungen entsprechend § 241 Nr. 2 AktG nichtig gewesen.
Ablehnung der Aufnahme der Gesellschafterliste
Ob den Registergerichten neben der Prüfung der formalen Anforderungen des § 40 GmbHG auch ein begrenztes inhaltliches Prüfungsrecht zusteht, wonach die Aufnahme der Gesellschafterliste verweigert werden kann, wenn das Registergericht sichere Kenntnis von der inhaltlichen Unrichtigkeit hat, hat der BGH bislang offengelassen. Von den Oberlandesgerichten wurde dies mit überwiegender Zustimmung des Schrifttums bislang angenommen. Von der Gegenansicht wurde hiergegen angeführt, dass grds. ein Interesse an der Schnelligkeit der Aufnahme in das Handelsregister bestehe, sodass (nicht selten unberechtigte) Beanstandungen seitens der Registergerichte nicht zu Verzögerungen der Aufnahme in das Handelsregister führen dürften.
Der BGH stellt mit der vorliegenden Entscheidung nun klar, dass das Prüfungsrecht der Registergerichte lediglich auf offensichtliche inhaltliche Mängel beschränkt sei, von denen es ohne weitere Ermittlungen sichere Kenntnis habe. Solch eine sichere Kenntnis liege vor, wenn das Registergericht im Hinblick auf das Vorliegen eines die Ablehnung der Aufnahme begründenden Mangels in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht keinem Zweifel unterliegt.
Für den begrenzten Prüfungsumfang spreche aus Sicht des BGH zunächst die Funktion der Gesellschafterliste als Rechtsscheinträger, welche eine zügige Aufnahme einer geänderten Gesellschafterliste in das Handelsregister gebiete. Das registerrechtliche Verfahren sei zudem lediglich auf die Entgegennahme und Verwahrung der Gesellschafterliste, nicht die Prüfung ihrer inhaltlichen Richtigkeit gerichtet. Die Verantwortung für die Einreichung der Gesellschafterliste liege nach der Vorstellung des Gesetzgebers allein beim Notar, welche die Einreichung bei Zweifeln über die Richtigkeit der Gesellschafterliste zurückzustellen habe. Gleichwohl dürften die Registergerichte infolge ihrer Rechtsbindung (Art. 20 Abs. 3 GG) und der daraus resultierenden Pflicht, Rechtsverletzungen zu Lasten der von der Aufnahme der Gesellschafterliste Betroffenen zu verhindern, nicht verpflichtet sein, sehenden Auges eine unzutreffende Gesellschafterliste in das Handelsregister aufzunehmen.
(BGH, Beschluss vom 18.3.2025 – II ZB 11/24)

Melden Sie sich hier zu unserem GvW Newsletter an - und wir halten Sie über die aktuellen Rechtsentwicklungen informiert!