Veräußerung von GmbH-Vermögen als existenzvernichtender Eingriff
Veräußern die Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH in der Liquidation das Gesellschaftsvermögen an eine Gesellschaft, die von ihnen abhängig ist, kann nach einer aktuellen Entscheidung des BGH vom 23.4.2012 (Az.: II ZR 252/10) darin nur dann ein sog. existenzvernichtender Eingriff liegen, wenn die Vermögensgegenstände unter Wert übertragen werden.
Nach der Rechtsprechung des BGH kommt eine Haftung der Gesellschafter einer GmbH aus § 826 BGB für existenzvernichtende Eingriffe grundsätzlich dann in Betracht, wenn der Gesellschaft in sittenwidriger Weise das zur Tilgung ihrer Schulden erforderliche Vermögen entzogen und damit eine Insolvenz verursacht wird. Dass diese Grundsätze auch im Stadium der Liquidation der Gesellschaft Anwendung finden, hatte der BGH bereits im Jahr 2009 entschieden. Nun wurde diese Rechtsprechung weiter konkretisiert und klargestellt, dass eine Verlagerung des Geschäftsbetriebs mit seinen Vermögenswerten auf eine von den Gesellschaftern abhängige andere Gesellschaft zulässig sei, sofern hierbei nicht die Gläubiger der Altgesellschaft benachteiligt werden. Laut dem BGH kommt eine Benachteiligung insbesondere dann in Betracht, wenn das Gesellschaftsvermögen unter Wert auf die Neugesellschaft übertragen wird. Diese Voraussetzung war im zu entscheidenden Fall allerdings nicht erfüllt.
Neben diesem Aspekt hatte der BGH zudem Gelegenheit, über die Reichweite des Kreditverbots nach § 43a GmbHG zu entscheiden. Danach darf einem Geschäftsführer aus Gläubigerschutzgründen kein Kredit aus dem zur Erhaltung des Stammkapitals erforderlichen Vermögen der Gesellschaft gewährt werden. Zunächst stellte der BGH klar, dass diese Bestimmung nicht nur bei Fremdgeschäftsführern, sondern auch bei Gesellschafter-Geschäftsführern eingreift.
Ausdrücklich verboten ist nach § 43a GmbHG aber nur ein Darlehen, das bei bestehender Unterbilanz ausgereicht wird oder durch dessen Ausreichung eine Unterbilanz entsteht. Ob diese Norm auch dann Anwendung findet, wenn das Gesellschaftsvermögen erst nach der tatsächlichen Leistung oder Auszahlung des Kredits unter die Stammkapitalziffer sinkt, ist in der Literatur umstritten gewesen.
Der BGH hat sich nun der herrschenden Meinung in der Literatur angeschlossen und entschieden, dass § 43a GmbHG sich nur auf den Zeitpunkt der Ausreichung des Darlehens beziehe. Gerate die Gesellschaft später in eine Unterbilanz, habe dies nicht die Folge, dass ein Rückzahlungsanspruch gegen den Geschäftsführer aus einem unter Beachtung des § 43a GmbHG geschlossenen Darlehensvertrag nachträglich nach § 43a GmbHG zur sofortigen Rückzahlung fällig werden würde. Eine andere Sichtweise komme ausnahmsweise nur in bestimmten Umgehungsfällen in Betracht, z.B. bei Gewinnausschüttung an einen Gesellschafter-Geschäftsführer nach Darlehensgewährung.
(BGH, Urteil vom 23.4.2012 - II ZR 252/10)
Wissenschaftliche Mitarbeiterin Diana Popow / Rechtsanwalt Dr. Lars Weber