Verbrauchervertrag vs. Verbraucherbauvertrag
Ein Verbraucherbauvertrag setzt den Bau eines neuen Gebäudes oder erhebliche Umbaumaßnahmen an einem bestehenden Gebäude, die im Umfang einem Neubau gleichkommen und mehrere Gewerke umfassen voraus.
Das OLG Celle hält den Anwendungsbereich des Verbraucherbauvertrags gemäß § 650i BGB im Falle von Arbeiten an Außenanlagen wie Hof/Terrasse/Pflasterung mangels Vorliegen erheblicher Umbaumaßnahmen für nicht eröffnet.
Sachverhalt
Der Beklagte wurde von dem Kläger mit Vertrag vom 18. August 2020 für Arbeiten an Außenanlagen (Hof/Terrasse/Pflasterung) beauftragt. Die Parteien hatten den Vertrag an der Haustür des Klägers geschlossen. Vereinbart war die Reinigung und Versiegelung von Dachpfannen und Pflastersteinen sowie die Sanierung von Holz zu einem Preis von 21.000 Euro. Nachdem der Beklagte die Arbeiten teilweise erbracht hatte, widerrief der Kläger den Vertrag und machte eine Rückzahlung bereits geleisteter Abschlagszahlungen in Höhe von 12.500,- Euro geltend. Der Beklagte rechnete dagegen mit einen eigenen Anspruch für erbrachte Werkleistungen im Umfang von 8.050,- Euro auf.
Das erstinstanzlich zuständige Landgericht Brückeburg (Urteil vom 30.01.2021 Az. 1 O 152/20) verurteilte den Beklagten antragsgemäß zur Rückzahlung. Dagegen legte der Beklagte Berufung ein.
Entscheidung
Auch das OLG Celle sieht in dem streitgegenständlichen Bauvertrag keinen Verbraucherbauvertrag im Sinne von § 650i Abs. 1 BGB. Es handelt sich lediglich um einen Bauvertrag nach § 650a BGB und schlichten Verbrauchervertag im Sinne von § 312 Abs. 1 BGB. Als Rechtsfolge eines wirksamen Widerrufs kommt daher lediglich § 357a BGB zur Anwendung. Ein Anspruch auf Wertersatz nach § 357a Abs. 1 BGB besteht mangels ordnungsgemäßer Widerrufsbelehrung nicht.
Begründung
Die Abgrenzung vom Verbraucherbauvertrag gemäß § 650i Abs. 1 BGB zum Bauvertrag nach § 650a BGB ergibt sich wie folgt: Ein Verbraucherbauvertrag ist ein Vertrag, durch den sich der Unternehmer zum Bau eines neuen Gebäudes für einen Verbraucher oder zu erheblichen Umbaumaßnahmen an einem bestehenden Gebäude verpflichtet.
Die Begrifflichkeit der „erheblichen“ Umbaumaßnahmen im Sinne von § 650i Abs. 1 BGB ist eng auszulegen. Die Erheblichkeitsschwelle ist daher erst erreicht, wenn die Umbaumaßnahmen in ihrem Umfang einem Neubau gleichkommen und mehrere Gewerke umfassen (ebenso KG Urteil vom 16. November 2021 – 21 U 41/21). Dafür sind Maßnahmen zur Errichtung oder zum Umbau an Gebäuden – nicht Außenanlagen - erforderlich (vgl. OLG Schleswig, Urteil vom 15. Oktober 2021 – 1 U 122/20).
Der Widerruf richtet sich daher nach den Vorschriften für außerhalb von Geschäftsräumen abgeschlossene Verträge. Gemäß § 357a Abs. 1 BGB hat der Verbraucher nur dann Wertersatz zu leisten, wenn er ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht belehrt wurde.
Bei einem Verbraucherbauvertrag i.S.d. § 650i BGB schuldet der Verbraucher dagegen unabhängig von der Widerrufsbelehrung Wertersatz.
Eine analoge Anwendung des § 357e BGB scheidet aus. Dieser ist auf Verbraucherbauverträge beschränkt, da eine entsprechende Anwendung auf Bauverträge als Verbraucherverträge die EU-Verbraucherrichtlinie und damit § 357e BGB unterlaufen würde (ebenso KG Urteil vom 16. November 2021 – 21 U 41/21).
Praxishinweis
Bei einem schlichten Bauvertrag, bei dem der Anwendungsbereich des Verbraucherschutzes gemäß §§ 312 Abs. 1 und 355 ff. BGB eröffnet ist und dem Verbraucher daher ein Widerrufsrecht zusteht, erhält der Handwerker nur Wertersatz, wenn er den Verbraucher ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht belehrt hat.
Bei einem Verbraucherbauvertrag i.S.d. § 650i BGB schuldet der Verbraucher dagegen unabhängig von einer ordnungsgemäßen Widerrufsbelehrung Wertersatz.
Im Hinblick auf den eingeschränkten Anwendungsbereich des Verbraucherbauvertrages i.S.d. § 650i BGB bleibt es dabei, dass der Unternehmer tunlichst auf eine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung achten muss.
(OLG Celle Beschluss vom 28.03.2022 - 6 U 6/22)