Januar 2019 Blog

Vorsicht bei Fest­preis­klau­seln!

Festpreisklauseln sollen im Rahmen von Bauverträgen sicherstellen, dass Lohnkosten- oder Materialpreiserhöhungen während der Bauphase nicht auf den Auftraggeber abgewälzt werden können. Mit der Wirksamkeit solcher Klauseln befasste sich der Bundesgerichtshof bereits in einem Urteil aus 2017. Aktueller Zündstoff ergibt sich allerdings aus dem 2017 noch wenig beachteten Urteil in Zusammenhang mit dem neuen Bauvertragsrecht.

In Frage stand die AGB-Klausel: „Die dem Angebot des Aufragnehmers zugrunde liegenden Preise sind grundsätzlich Festpreise und bleiben für die gesamte Vertragsdauer bindend“. Eine Klausel, die man in vielen Bauverträgen fand. Im genannten Rechtsstreit befasste sich der BGH mit der Wirksamkeit dieser Klausel. Streitgegenständlich war ein seitens des Auftragnehmers geltend gemachter Anspruch auf zusätzliche Vergütung aus § 2 Abs. 3 VOB/B. Nach dieser Regelung ist der Auftragnehmer berechtigt, bei Massenminderungen über 10% eine entstehende Unterdeckung von Gemeinkosten erstattet zu verlangen. Der Auftraggeber berief sich hiergegen auf die vorgenannte Festpreisklausel, unterlag hierbei jedoch. Dies mit der Begründung, die Festpreisklausel sei unwirksam, da Sie –trotz der einschränkenden Formulierung „grundsätzlich“ – auch Ansprüche des Auftragnehmers wegen Störung der Geschäftsgrundlage aus § 313 BGB ausschließt. Dieser Anspruch richtet sich auf die Anpassung eines Vertrages, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann, was der Kläger vorliegend gar nicht geltend machte. Die so begründete Unwirksamkeit der Festpreisklausel führte zum einen dazu, dass dem Kläger der geltend gemachte Anspruch auf zusätzliche Vergütung aus § 2 Abs. 3 VOB/B zugesprochen wurde und führte zum anderen dazu, dass Festpreisklauseln in der Beratungspraxis um eine klarstellende Formulierung ergänzt wurden, die eine Einschränkung des § 313 BGB ausschließt. So wurden die Festpreisklauseln wieder wirksam – bedenklich mit Blick auf das neue Bauvertragsrecht. Dies jedenfalls aus Sicht eines Auftraggebers.

Denn das neue Bauvertragsrecht sieht viele für Auftraggeber nachteilige Regelungen vor. So können Leistungsänderungen nicht, wie aus der VOB/B bekannt, ad hoc und dem Grunde nach, also ohne Vereinbarung einer geänderten Vergütung angeordnet werden. Vielmehr bedarf dies nun des Ablaufs einer 30-tägigen Verhandlungsfrist oder der vorherigen Einigung mit dem Auftragnehmer auf eine geänderte Vergütung, wobei das Zeitmoment dem Auftragnehmer hier einen deutlichen Verhandlungsvorteil bietet. Die vorgenannte Regelung aus der VOB/B hält einer isolierten Inhaltskontrolle, angesichts des neuen gesetzlichen Leitbildes, nicht mehr Stand. Sie ist daher nun unwirksam.

Ein Ausweg für die Auftraggeber ist eine Vereinbarung der VOB/B in der aktuellen Fassung, ohne jede Änderung. Denn nur so kann die gesetzliche Privilegierung der VOB/B aus § 310 Abs. 1 S. 3 BGB ausgenutzt und eine Inhaltskontrolle verhindert werden. So bleibt die Geltung der für Auftraggeber vorteilhaften Nachtragsregelungen aus der VOB/B, vorrangig vor den neuen gesetzlichen Regelungen, erhalten.

Die nun um eine Klarstellung betreffend § 313 BGB ertüchtigten Festpreisklauseln verhindern aber genau dies, wie sich aus dem hier besprochenen Urteil ergibt. So urteilte der Bundesgerichtshof, die in Streit stehende Festpreisklausel würde die Anwendung von § 2 Abs. 3 VOB/B ausschließen, wenn sie nicht aus anderem, vorgenanntem Grund unwirksam wäre. Die nun ertüchtigten Festpreisklauseln machen genau dies. Sie ändern die VOB/B und eröffnen damit wieder die Möglichkeit einer AGB-Prüfung der VOB/B. Die Folge wurde vorstehend beschrieben, es gelten doch wieder die für Auftraggeber nachteiligen Nachtragsregeln des BGB.

Daher der Tipp für die Praxis: Werden Festpreisklauseln verwendet, sollte nicht nur auf eine Klarstellung betreffend § 313 BGB geachtet werden, sondern auch klargestellt sein, dass Ansprüche der Vertragsparteien aus § 2 Abs. 3 VOB/B unberührt bleiben sollen.

(Bundesgerichtshof, Urteil vom 20.07.2017 – VII ZR 259/16)

Martin Knoll, Rechtsanwalt
München

Anmeldung zum GvW Newsletter

Melden Sie sich hier zu unserem GvW Newsletter an - und wir halten Sie über die aktuellen Rechtsentwicklungen informiert!