März 2018 Blog

Was lange währt wird endlich gut? Der neue Erlass zu § 8c KStG

Am 28. November 2017 hat das Bundesministerium der Finanzen (BMF) fast zehn Jahre nach dem ersten Anwendungsschreiben und nach zahlreichen Änderungen der 2008 eingeführten Vorschrift des § 8c KStG zum Untergang körperschaftsteuerlicher Verluste ein neues Anwendungsschreiben veröffentlicht und für einige Rechtssicherheit gesorgt.

Hintergrund

§ 8c KStG beschränkt die Befugnis zur Verlustnutzung bei Körperschaften nach bestimmten Übertragungen des gezeichneten Kapitals oder von Mitgliedschaftsrechten. Seit der Einführung haben sich neben verfassungsrechtlichen Bedenken (dazu noch unten) auch einige Unklarheiten hinsichtlich der Auslegung verschiedener Tatbestandsmerkmale ergeben, die nun teilweise geklärt wurden. Dem Anwendungsschreiben vom 28. November 2017 war bereits in 2014 ein erster Entwurf vorausgegangen. Im Folgenden werden einige wesentliche Punkte des nunmehr veröffentlichen Anwendungsschreibens kurz erläutert.

Unterjähriger Beteiligungserwerb

Endgültig klargestellt ist nun, dass ein bis zum unterjährigen schädlichen Beteiligungserwerb erzielter Gewinn mit bis dahin noch nicht genutzten Verlusten verrechnet werden kann. Wie schon im Entwurf aus 2014 folgt die Finanzverwaltung damit der bisherigen Rechtsprechung (BFH, Urt. v. 30.11.2011 – I R 14/11). Maßgeblich ist der bis zum schädlichen Beteiligungserwerb erwirtschaftete positive Gesamtbetrag der Einkünfte. Das Ergebnis des gesamten Wirtschaftsjahres ist für die Verrechnung nach wirtschaftlichen Kriterien aufzuteilen. Die Verlustnutzung ist damit auch bei einem negativen Gesamtergebnis möglich. Im Falle einer steuerlichen Organschaft ist die Verlustabzugsbeschränkung jeweils auf Ebene von Organträger und Organgesellschaft getrennt anzuwenden; eine Zwischenkonsolidierung ist ausgeschlossen.

Konzern- und Stille-Reserven-Klausel

Die sogenannte Konzernklausel begünstigt Übertragungen innerhalb von Unternehmensgruppen und lässt einen ansonsten schädlichen Beteiligungserwerb unter gewissen Voraussetzungen entfallen. Bereits im Rahmen des Steueränderungsgesetzes vom 02.11.2015 (BGBl. I 2015, S. 1834) wurde die Konzernklausel neu gefasst, wodurch Unklarheiten beseitigt wurden. Insbesondere lassen sich nunmehr Übertragungen durch oder auf die Konzernobergesellschaft zweifelsfrei in den Anwendungsbereich der Vorschrift einbeziehen. Die einzelnen Begrifflichkeiten der Vorschrift sowie auch die Anwendungsbereiche der Verkürzung bzw. Verlängerung der Beteiligungskette werden im neuen Anwendungsschreiben ausgiebig erklärt.

Verluste sind bei einem inländischen schädlichen Beteiligungserwerb weiterhin abziehbar, soweit sie die inländischen steuerpflichtigen stillen Reserven der Verlustgesellschaft nicht übersteigen (sogenannte Stille-Reserven-Klausel). Das Schreiben bestimmt, dass bei mehrstufigem Beteiligungserwerb die Tatbestandsvoraussetzungen des § 8c Abs. 1 Satz 6-9 KStG für jede Verlustgesellschaft getrennt zu prüfen und allein die inländischen stillen Reserven maßgebend sind. Bei Organschaften sind die stillen Reserven der Organgesellschaft beim Organträger nicht zu berücksichtigen. Das pauschale Abzugsverbot des § 8b Abs. 3 Satz 1 KStG führt nicht zu einer entsprechenden anteiligen Berücksichtigung der stillen Reserven Beteiligung bei § 8c KStG.

Schädlicher Beteiligungserwerb - Vorweggenommene Erbfolge

Entgegen der Auffassung des Finanzgerichts Münster (Urt. v. 4.11.2015 - 9 K 3478/13 F) bestimmt das Schreiben, dass ein Erwerb durch unentgeltliche vorweggenommene Erbfolge unschädlich ist. Gleiches gilt für den Beteiligungserwerb durch Erbfall und unentgeltliche Erbauseinandersetzung. Voraussetzung ist, dass es sich um Verfügungen zwischen Angehörigen im Sinne von § 15 der Abgabenordnung (AO) handelt. Ein Entgelt in auch nur geringem Umfang führt zu einem schädlichen Erwerb.

Anwendungsvorschriften

§ 8c KStG ist erstmals für den Veranlagungszeitraum 2008 und auf Beteiligungserwerbe anzuwenden, bei denen das wirtschaftliche Eigentum nach dem 31. Dezember 2007 übergegangen ist. Die Konzern- und die Stille-Reserven-Klausel sind erstmals für schädliche Beteiligungserwerbe nach dem 31.12.2009 anwendbar.

Aufgrund des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 29. März 2017 (2 BvL 6/11), in dem das BVerfG § 8c Satz 1 2007 KStG und § 8c Abs. 1 Satz 1 KStG 2008 für verfassungswidrig erklärt hat, sind diese Vorschriften für unmittelbare Beteiligungserwerbe von Anteilen an Kapitalgesellschaften vor dem 1. Januar 2016 bis zu einer Neuregelung nicht anzuwenden. Demnach wird die Finanzverwaltung bei mittelbarem Beteiligungserwerb aber wohl weiterhin eine Verlustkürzung vornehmen. Dem Gesetzgeber wurde eine Neuregelung bis zum 31. Dezember 2018 aufgegeben, die rückwirkend für alle Erwerbe vom 1. Januar 2008 bis zum 31. Dezember 2015 gilt. Sollte keine Neuregelung erlassen werden, tritt am 1. Januar 2019 rückwirkend zum 1. Januar 2008 die Nichtigkeit der Regelungen ein.

Bewertung und Konsequenzen für die Praxis

Die Stellungnahme des BMF führt erfreulicherweise zu mehr Rechtssicherheit, wenn auch einige praxisrelevante Fragen nicht behandelt wurden. Vor dem Hintergrund, dass nun auch § 8c Satz 2 KStG 2008 (der § 8c Abs. 1 Satz 2 KStG entspricht) dem BVerfG durch das FG Hamburg (Beschl. v. 29. 08.2017 - 2 K 245/17) vorgelegt wurde, wird der Ruf nach einer umfassenden Neuregelung der Vorschrift immer lauter. Insgesamt stellt sich auch die Frage, wie aussagekräftig das Schreiben im Hinblick auf die zu erwartende Neuregelung sein kann.

Lars-Olaf Leskovar, LL.M., Rechtsanwalt
Frankfurt am Main

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