April 2019 Blog

Share Deals bei Immo­bi­lien­trans­ak­tio­nen vor dem Aus?

Die bereits vergangenes Jahr befürchtete Verschärfung der Grunderwerbsteuerpflicht für sog. Share Deals in der Immobilienbranche scheint jetzt auf dem Weg zu sein. Bundesfinanzminister Olaf Scholz hat im März 2019 zugesagt, die entsprechenden Forderungen der Finanzministerkonferenz vollumfänglich aufzugreifen.

Hintergrund und geplante Änderungen

Hintergrund ist, dass der Anfall von Grunderwerbsteuer bislang mittels Übertragung von Anteilen an einer grundstückshaltenden Gesellschaft („Share Deal“) anstelle der direkten Übertragung des Grundstücks („Asset Deal“) vergleichsweise leicht vermieden werden konnte.

Das Bundesfinanzministerium (BMF) plant nunmehr einen Gesetzesentwurf basierend auf den Vorschlägen der Finanzministerkonferenz vom November 2018. Der Entwurf soll in das Jahressteuergesetz 2019 aufgenommen werden. Sein Inkrafttreten kann als sehr wahrscheinlich gelten.

Bisher sieht das Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG) vor, dass bei Gesellschaften mit inländischem Grundbesitz der Übergang von mindestens 95 % der Anteile bzw. die Vereinigung von 95 % der Anteile in einer natürlichen oder juristischen Person der Grunderwerbsteuer unterfällt.

Darüber hinaus löst die (mittelbare) Änderung im Gesellschafterbestand einer Personengesellschaft mit inländischem Grundbesitz i.H.v. 95 % oder mehr innerhalb von fünf Jahren Grunderwerbsteuer aus. Weiter werden Vorgänge der Grunderwerbsteuer unterworfen, die zu einer wirtschaftlichen, d.h. jedenfalls mittelbaren Beteiligung i.H.v. mindestens 95 % an einer grundstückshaltenden Gesellschaft führen.

Um den Anfall von Grunderwerbsteuer zu vermeiden, ist der gängige Weg der Praxis, weniger als 95 % der Anteile zu übertragen bzw. diese Quote durch entsprechende Gestaltungen (z.B. mit Co-Investoren oder sog. RETT-Blockern) zu unterschreiten. Je nach Transaktion muss bislang alternativ die Fünf-Jahres-Frist abgewartet werden.

Derartigen Planungen und Gestaltungen soll mit der Neuregelung des GrEStG entgegengetreten werden: So ist geplant, die Beteiligungsschwelle mindestens auf 90 % abzusenken und die Fristen auf zehn Jahre auszudehnen. Darüber hinaus ist vorgesehen, dass künftig auch geringere Änderungen im Gesellschafterbestand von Kapitalgesellschaften mit inländischem Grundbesitz der Besteuerung unterfallen.

Sollte der Vorschlag des BMF Gesetz werden, ist von einer rückwirkenden Anwendung bereits auf Transaktionen nach dem 31. Dezember 2018 auszugehen. Teilweise wird sogar eine noch weitergehende Rückwirkung befürchtet: Nachdem das Hessische Finanzministerium am 21. Juni 2018 einen Beschluss der Landesfinanzminister zur Reform der Grunderwerbsteuer bekannt gemacht hat, konnte ggf. bereits ab diesem Zeitpunkt kein schutzwürdiges Vertrauen mehr in die alte Rechtslage bestehen. Unabhängig davon ist zu bedenken, dass die Beteiligungsschwelle von 90 % vor dem Hintergrund der bisherigen Regelung in vielen Fällen überschritten sein dürfte und seit dem 1. Januar 2019 grundsätzlich der Besteuerung nach GrEStG unterfällt – Bestandsschutz ist insoweit nicht zu erwarten.

Konsequenzen für die Praxis und mögliche Gestaltungen

Die vorhandenen Beteiligungsstrukturen sind demnach unbedingt im Hinblick auf die neuen Beteiligungsschwellen zu überprüfen und ggf. anzupassen. Geplante Transaktionen sollten möglichst bereits die Neuregelung berücksichtigen oder aber bedürfen einer sorgfältigen Gestaltung.

Selbst wenn der Vorschlag keinen Eingang in das Jahressteuergesetz 2019 finden sollte, ist kurz- bis mittelfristig mit einer entsprechenden Ausweitung der Grunderwerbsteuerpflicht zu rechnen.

Vor diesem Hintergrund erhöht sich die Relevanz möglicher Gestaltungen, die die Zurechnung bzw. Vereinigung eines grunderwerbsteuerauslösenden Anteils verhindern, beispielsweise durch Stiftungen als sog. long-term-RETT-Blocker: Da an Stiftungen keine gesellschaftsrechtlichen Beteiligungen bestehen, kann das Erreichen der schädlichen Beteiligungsschwelle ggf. dauerhaft vermieden werden.

Anna-Maria Drescher, Rechtsanwältin
Lars-Olaf Leskovar, LL.M., Rechtsanwalt
beide Frankfurt am Main

 

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