Abrechnung des Werklohnes in der Insolvenz
In Insolvenzverfahren von Bauunternehmen bleiben, sofern die Sanierung nicht gelingt, diverse Bauvorhaben stecken. Mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens bleibt der Werkvertrag zwar bestehen; bei teilbaren Leistungen tritt jedoch eine insolvenzrechtliche Spaltung ein. Der Unternehmer behält für vorinsolvenzlich erbrachte Leistungen einen anteiligen Vergütungsanspruch. Fraglich ist, wie sich eine Mangelhaftigkeit dieser Teilleistungen auf den Anspruch auswirkt. Dies hat der BGH mit Urteil vom 17.07.2025 – IX ZR 70/24 nun entschieden.
Sachverhalt
Der Kläger ist Insolvenzverwalter im Verfahren über das Vermögen eines Dachdeckers. Dieser hatte für den Beklagten Dachdecker- und Klempnerarbeiten ausgeführt und im März 2021 eine Schlussrechnung mit einer Restforderung von rund 68.000 € gestellt. Der Dachdecker klagte die Forderung ein, wurde jedoch insolvent. Nach Übernahme des Prozesses durch den Kläger ergab die Beweisaufnahme Mängel der Werkleistung, woraufhin der Kläger die Vertragserfüllung gemäß § 103 InsO ablehnte, gleichwohl den Vergütungsanspruch für die erbrachte Teilleistung weiterhin einklagte.
Das Berufungsgericht wies die Klage ab: Mangels Abnahme sei der Werklohn nicht fällig; die Leistung sei wegen der Mängel auch nicht abnahmereif. Aus der Erfüllungsablehnung folge zudem kein Abrechnungsverhältnis.
Entscheidung
Der BGH hob auf und verwies zurück: Nach §§ 103, 105 InsO könne der Insolvenzverwalter die Vergütung für vorinsolvenzlich erbrachte (teilbare) Leistungen verlangen, ohne die Risiken einer Erfüllungswahl zu tragen. Auch bei Mängeln sei die Leistung insoweit erbracht, wie sie mangelfrei ist. Für diesen Teil werde der Werklohn ohne Abnahme fällig. Nacherfüllungsansprüche beträfen allein den nicht erfüllten Vertragsteil. Vergütungsmaßstab sei der vertraglich vereinbarte Wert der mangelfreien Teilleistung. Das Berufungsgericht müsse nun die Höhe des Vergütungsanspruchs klären, da der Kläger geltend macht, die erbrachte Leistung übersteige die Gegenleistung des Beklagten.
Praxishinweis
Werkvertraglich setzt die Fälligkeit des Werklohns die Abnahme voraus (§ 641 BGB). Das gilt auch beim gekündigten Bauvertrag, der den Vergütungsanspruch des Unternehmers auf die bis zur Kündigung erbrachten Leistungen beschränkt. Ohne Abnahme ist der Werklohn nicht fällig, sodass sich der Besteller auch nach Nutzung des Werkes hierauf berufen kann. Eine
Ausnahme besteht nur, wenn der Werkvertrag in ein Abrechnungsverhältnis übergeht, etwa bei Geltendmachung von Schadensersatz statt Erfüllung oder bei Minderung.
Im Insolvenzverfahren wird diese werkvertragliche Sichtweise jedoch durch das Insolvenzrecht überlagert. Nach §§ 103 ff. InsO bleibt der Vertrag zwar grundsätzlich in seiner bisherigen Lage bestehen, wird insolvenzrechtlich aber „gespalten“: Für bereits vor Insolvenzverfahrenseröffnung erbrachte Leistungen besteht ein eigenständiger Vergütungsanspruch, während über die übrigen Leistungspflichten nach Wahl des Insolvenzverwalters zu entscheiden ist.
Strittig war, ob die Fälligkeit dieses Vergütungsanspruchs von einer Abnahme abhängt. Der BGH verneint dies: Ist die Leistung teilbar, kann der Insolvenzverwalter Vergütung für den mangelfreien Teil verlangen. Mängel mindern lediglich den Wert, der objektiv zu bestimmen und anteilig auf die Gesamtvergütung umzulegen ist.
Durch die Entscheidung wird die Durchsetzung etwaiger offener Vergütungsansprüche für den Insolvenzverwalter vereinfacht.
(BGH, Urteil vom 17.07.2025 - IX ZR 70/24)

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