März 2025 Blog

Änderung der Anlageverordnung: Erhöhung der Infrastrukturquote und mehr Flexibilität für Pensionskassen, kleine Versicherungsunternehmen und Versorgungswerke

Überraschend hat das Bundesfinanzministerium noch vor neuen Regierungsbildung eine seit längerem geplante Änderung der Anlageverordnung umgesetzt, die am 7. Februar 2025 in Kraft getreten sind. Sie ermöglichen Investoren, die von der Anlageverordnung betroffen sind, mehr Investitionen in Infrastruktur und geben insgesamt mehr Flexibilität.

Bedeutung der Anlageverordnung

Die aktuelle Anlageverordnung (AnlV) – kurz für „Verordnung über die Anlage des Sicherungsvermögens von Pensionskassen, Sterbekassen und kleinen Versicherungsunternehmen“ – wurde erstmals im Jahr 2016 vom Bundesministerium der Finanzen (BMF) aufgrund der Ermächtigung im Versicherungsaufsichtsgesetz (VAG) erlassen. Sie enthält Regeln, die Unternehmen im Geltungsbereich der Verordnung bei der Anlage ihrer Sicherungsvermögen befolgen müssen.

Die frühere Anlageverordnung aus dem Jahr 2001 galt zunächst für Anlagen des gebundenen Vermögens aller Versicherungsunternehmen. Um die Regeln der „Solvency II“-Richtlinie in deutsches Recht umzusetzen, wurden das VAG und die AnlV im Jahr 2016 in überarbeiteter Form neu erlassen. Seitdem gilt die Anlageverordnung nur für Anlagen des Sicherungsvermögens von:

  • kleinen Versicherungsunternehmen (§ 211 VAG),
  • Sterbekassen (§ 218 VAG) und
  • Pensionskassen (§ 232 VAG).

Darüber hinaus müssen die meisten auf Landesrecht basierenden Versorgungseinrichtungen die Regeln der Anlageverordnung einhalten. Versicherer, die den Solvency II-Regeln unterliegen, fallen dagegen nicht in den Geltungsbereich.

Die Anlageverordnung enthält eine Liste zulässiger Anlagen (§ 2 AnlV). In der Vergangenheit wurden Infrastrukturinvestitionen in der Liste nicht ausdrücklich genannt. Sie bezog sich nur allgemein auf Anteile an bestimmten Arten von inländischen alternativen Investmentfonds (AIF), die von einer deutschen oder EU-regulierten Kapitalverwaltungsgesellschaft (KVG) verwaltet werden, oder vergleichbare AIF aus anderen EWR- oder OECD-Ländern (§ 2 (1) Nr. 13 b) AnlV). Dabei fehlte bisher sogar ein Verweis auf AIF, die in Infrastrukturprojektgesellschaften investieren.

Darüber hinaus sieht die Anlageverordnung bestimmte Anlagequoten vor (§ 3 AnlV). Sie legt spezifische Quoten für verschiedene Arten von Anlagen fest, um ein ausgewogenes und diversifiziertes Portfolio für die Anlagen sicherzustellen. Diese Quoten begrenzen den Anteil der Sicherungsvermögen, der in bestimmte Anlageklassen investiert werden kann, um das Risiko zu streuen.

Zusätzlich legt die Anlageverordnung Grenzen für Anlagen bei einem Schuldner oder für Anlagen in nur einer Immobilie fest (§ 4 AnlV).

Änderungen der Anlageverordnung

Im Juni 2024 enthielt ein Entwurf für ein „Zweites Gesetz zur Stärkung der betrieblichen Altersversorgung und zur Änderung anderer Gesetze“ (2. Betriebsrentenstärkungsgesetz) unter anderem vorgeschlagene Änderungen der Anlageverordnung. Die Änderungen wurden in überarbeiteter Form in einen entsprechenden Regierungsentwurf des 2. Betriebsrentenstärkungsgesetzes vom 11. Oktober 2024 aufgenommen. Das Gesetz wurde jedoch vom Parlament vor dem Ende der Ampel-Koalition nicht verabschiedet.

Da die Anlageverordnung vom BMF auf Grundlage der ihm durch das VAG verliehenen Befugnis erlassen wurde und Änderungen daher keine Entscheidung des Parlaments erfordern, war es dem BMF möglich, die vorgeschlagenen Änderungen in der Anlageverordnung durch eine – für den Markt durchaus etwas überraschende – Änderungsverordnung umzusetzen. Die Änderungen sind am 7. Februar 2025 in Kraft getreten.

Die Änderungen in Bezug auf Infrastrukturinvestitionen zielen nach der Begründung des ursprünglichen Gesetzentwurfs ausdrücklich darauf ab, solche Investitionen für Anleger, die in den Geltungsbereich der Anlageverordnung fallen, zu erleichtern.

Klarstellung bezüglich AIF-Investitionen in Infrastrukturprojektgesellschaften

Formal erlaubte die bisherige Anlageverordnung keine Investitionen in geschlossene AIF, die Anteile an Infrastrukturprojektgesellschaften erwerben. Hierzu der Verweis auf die relevanten Bestimmungen des Kapitalanlagegesetzbuchs (KAGB) entsprechend geändert (§ 2 (1) Nr. 13 b) aa) AnlV verweist nun auch auf § 261 (1) Nr. 2 KAGB). Dies wird keine praktischen Auswirkungen haben, da die BaFin solche Investitionen bereits in der Vergangenheit im Rahmen der aufsichtsrechtlichen Verwaltungspraxis erlaubt hat und die Änderungen daher nur die bestehende Praxis abbilden.

Einführung einer „Infrastrukturquote“

Anders ist dies bei der Einführung einer separaten „Infrastrukturquote“ in der Anlageverordnung (§ 3 (7) AnlV). Diese Quote erlaubt es Anlegern, die den Regeln der Anlageverordnung unterliegen, bis zu 5 % der Sicherungsvermögen direkt oder indirekt zur Finanzierung von Infrastrukturanlagen und Infrastrukturunternehmen zu investieren. In der Vergangenheit waren solche Investitionen zwar zulässig. Die Investitionen wurden jedoch auf die bestehenden Mischungsquoten angerechnet, beispielsweise für Risikokapitalanlagen oder Immobilienanlagen. Aufgrund der gestiegenen Investitionen regulierter Anleger in alternative Anlageformen können die zulässigen relevanten Quoten erschöpft sein, so dass Infrastrukturinvestitionen konkurrieren mit anderen Investitionen in derselben begrenzten Quote.

Durch die Änderungen der Anlageverordnung werden Infrastrukturinvestitionen nicht mehr auf die bisher bestehenden Quoten angerechnet, sondern erhalten eine eigene Quote von bis zu 5 % des Sicherungsvermögens, so dass Infrastrukturinvestitionen auf diese neue Infrastrukturquote angerechnet werden können. Dabei begrenzt die Infrastrukturquote die Investitionen nicht auf diese 5 %. Investitionen in Infrastruktur können zusätzlich wie bisher innerhalb der anderen Mischungsquoten gemäß ihrer Anlageform berücksichtigt werden (§ 2 (1) AnlV). Sie müssen nicht (primär) der Infrastrukturquote zugeordnet werden. 
Andererseits können Investitionen zur Finanzierung von Infrastruktur über einen offenen Spezial-AIF ebenfalls auf die Infrastrukturquote angerechnet werden.

Investitionen in Infrastruktur

Infrastrukturinvestitionen im Sinne der Anlageverordnung sind Investitionen, die der Errichtung, dem Ausbau, der Sanierung, der Erhaltung, dem Bereitstellen, dem Halten, dem Betreiben oder dem Bewirtschaften von Infrastruktur dienen. Die Anlageverordnung enthält dabei keine Definition des Begriffs „Infrastruktur“. 
Unseres Erachtens kann für die Infrastrukturdefinition auf die Definition für Infrastruktur-Projektgesellschaften und Infrastruktur-Sondervermögen im Sinne des deutschen Kapitalanlagegesetzbuchs zurückgegriffen werden (§ 1 (19) Nr. 23a, § 260a KAGB). Basierend darauf sind Infrastruktur-Projektgesellschaften Unternehmen, die nach ihrem Gesellschaftsvertrag oder ihrer Satzung gegründet wurden, um dem Funktionieren des Gemeinwesens dienende Einrichtungen, Anlagen, Bauwerke oder jeweils Teile davon zu errichten, zu sanieren, zu betreiben oder zu bewirtschaften. Nach Äußerungen der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) zu Infrastruktur-Sondervermögen könnte die Definition im Gesetz über das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI-Gesetz) und der BSI-Verordnung zur Interpretation (allerdings ohne die Schwellenwerte für die „Kritikalität“) herangezogen werden.

Erhöhung der Risikokapitalquote

Die Änderungen der Anlageverordnung erhöhen auch die bestehende Risikokapitalquote von 35 % auf 40 % der Sicherungsvermögen (§ 3 (3) AnlV). Diese Quote umfasst Investitionen in Unternehmensbeteiligungen, börsennotierte Aktien und Private-Equity-Fonds. Die Erhöhung dieser Quote bietet Anlegern im Geltungsbereich der Anlageverordnung größere Flexibilität, in renditestärkere Anlagen zu investieren, um die Gesamtrendite des Anlageportfolios potenziell zu verbessern.

Erweiterung der „Öffnungsklausel“

Schließlich wurde die Anlageverordnung bezüglich der sogenannten „Öffnungsklausel“ (§ 2 (2) AnlV) geändert. Diese erlaubt Investitionen in Vermögenswerte, die sonst nicht als zulässige Vermögenswerte (§ 2 (1) AnlV) qualifizieren, für bis zu 5 % des Sicherungsvermögens (mit BaFin-Genehmigung bis zu 10 %), sofern die absoluten Anlageverbote gemäß § 2 (4) AnlV eingehalten werden. Diese Öffnungsklausel wurde nun erweitert, um zusätzliche Flexibilität zu bieten, indem Investitionen zugelassen werden, die die Mischungsgrenzen in Bezug auf einen einzelnen Schuldner/Emittenten der Investition oder einzelne Vermögenswerte überschreiten (§ 4 AnlV).

Fazit

Die Änderungen der Anlageverordnung bringen Erleichterungen und neue Möglichkeiten sowohl für Kapitalsuchende als auch regulierte Anleger im Bereich der Infrastrukturinvestitionen. Weiterhin muss auf beiden Seiten darauf geachtet werden, dass die Investitionsmöglichkeiten insgesamt den Vorgaben der Anlageverordnung entsprechen, um von den Quoten Gebrauch machen zu können.

 

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