Darf man im Internet zugängliche Fotos für eigene Zwecke verwenden?
Es kommt darauf an. Aber worauf? Das kann nicht einmal der Bundesgerichtshof verbindlich sagen. Er hat die Frage dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) vorgelegt, der es nun entscheiden muss.
Hintergrund
Der Fall ist einfach. Ein Reisebüro warb im Internet mit einer Fotografie der spanischen Stadt Cordoba. Der Fotograf hatte es ihm für diesen Zweck zur Verfügung gestellt. Die Seite und das Bild waren jedermann frei zugänglich. Eine Schülerin kopierte das Foto und verwendete es in einem Referat über Spanien. Ihren Lehrern gefiel das Referat offenbar, die Schule stellte es auf ihre Webseite, samt Foto.
Der Fotograf verklagte die Schule und das Land, als Schulträger, auf Unterlassung und Schadensersatz (400,- EUR). Die Gerichte mußten die Frage beantworten, ob das, was die Schule macht, eine „öffentliche Wiedergabe“ der Fotografie ist, und zwar in der Form der unschön so genannten „öffentlichen Zugänglichmachung“. Die öffentliche Wiedergabe der Fotografie ist eine Form der Verwertung, und als solche dem Urheber, dem Fotografen, vorbehalten. Das folgt aus §§ 15, 19, 19a UrhG. Der Inhalt des Rechts der „öffentlichen Wiedergabe“ ist allerdings durch Unionsrecht vorgegeben, nämlich durch Art. 3 (1) der Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft. Danach müssen die Mitgliedstaaten dafür sorgen, „dass den Urhebern das ausschließliche Recht zusteht, die drahtgebundene oder drahtlose öffentliche Wiedergabe ihrer Werke einschließlich der öffentlichen Zugänglichmachung der Werke in der Weise, dass sie Mitgliedern der Öffentlichkeit von Orten und zu Zeiten ihrer Wahl zugänglich sind, zu erlauben oder zu verbieten.“.
EuGH zur öffentlichen Zugänglichmachung
Wenn man nun mit einem umgangssprachlichen Verständnis fragt, ob die Schule das Cordoba-Foto öffentlich zugänglich gemacht hat, kann an der Antwort kein Zweifel bestehen. Natürlich hat sie das. Allerdings kommt man damit nicht weit. Das Foto war ja schon öffentlich zugänglich, wenn auch nicht durch die Schule, sondern durch das Reisebüro, dem der Fotograf ein entsprechendes Nutzungsrecht eingeräumt hatte. Die Frage ist, welche Rolle das spielt. Der EuGH hatte in einem ähnlichen Fall (C-466/12 vom 13.2.2014 - Svensson) entschieden, dass ein Link auf einen bereits im Internet veröffentlichten Artikel keine „öffentliche Wiedergabe“ sei, weil der Link dem Werk kein neues Publikum verschaffe. Auch das leuchtet ein.
Auffassung des BGH
Der Bundesgerichtshof meint aber, der Fall „Cordoba“ liege anders als der zuvor vom EuGH entschiedene: Beim Link auf eine fremde Seite werde der Nutzer auf das schon in einem bestimmten Kontext vom Urheber oder mit dessen Einwilligung veröffentlichte Werk geleitet. Das Bild wird also nicht eigentlich „öffentlich wiedergegeben“, sondern es wird nur auf die schon erfolgte öffentliche Wiedergabe hingewiesen. Demgegenüber werde, so der BGH, beim Kopieren und Einstellen auf die eigene Seite das Werk in den eigenen Kontext hereingenommen, wozu es auch vervielfältigt werden muß. Es werde deshalb einem neuen Publikum, eben den Besuchern der neuen Seite, zugänglich gemacht.
Der BGH hat den Fall deshalb nicht entschieden, sondern dem EuGH mit der Frage vorgelegt, ob es ein „öffentliches Zugänglichmachen“ i.S.d. Art. 3 (1) der Richtlinie darstellt, wenn jemand eine im Internet frei verfügbare Fotografie auf seine eigene Webseite stellt. Der Fall, der einige praktische Relevanz hat, wird beim EuGH unter dem Az. C-161/17 geführt.
(BGH Beschl. v. 23.2.2017 I ZR 267/15 – Cordoba)
Dr. Kristofer Bott, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz
GvW Frankfurt