März 2019 Blog

EU-Richt­lin­ie zur Mo­der­ni­sier­ung des Ur­he­ber­rechts ver­ab­schie­det

Am 26. März 2019 hat das Europäische Parlament einen umstrittenen Richtlinienentwurf zur Reform des Urheberrechts im digitalen Binnenmarkt (DBM-RL) verabschiedet. Darin finden sich zahlreiche Regelungen, die für die digitale Wirtschaft zukünftig von wesentlicher Bedeutung sein werden. 

Nach der für Anfang April 2019 erwarteten Zustimmung der Mitgliedstaaten zum Richtlinien-Vorschlag haben die Mitgliedstaaten zwei Jahre Zeit, um die Vorgaben der Richtlinie in nationales Recht umzusetzen. Bis zuletzt waren – vor allem in Deutschland – insbesondere die vorgeschlagenen Regelungen zur Haftung von Online-Plattformen für Urheberrechtsverletzungen und deren mögliche Folgen durch die Einrichtung von sog. „Uploadfiltern“ sowie die Einführung eines europäischen Leistungsschutzrechts für Presseverlage gegen die Nutzung von Presseveröffentlichungen durch Onlinedienste, wie Google News, umstritten. Daneben sieht die nun verabschiedete DBM-RL zahlreiche weitere Neuregelungen zum Schutz der Urheber und Leistungsschutzberechtigten im digitalen Zeitalter im Sinne einer EU-weiten Harmonisierung des Rechtsrahmens vor, von denen die wichtigsten nachfolgend kurz vorgestellt werden sollen.

Haftung von Online-Plattformen

Online-Plattformen müssen gemäß Art. 17 DBM-RL zukünftig Lizenzvereinbarungen mit den Inhabern von Urheberrechten über die Online-Nutzung ihrer Werke abschließen. Erfolgt dies nicht, müssen die Plattformen sicherstellen, dass Nutzer die betreffenden Werke nicht auf ihre Plattform veröffentlichen können. Praktisch lässt sich dies nur durch die Einrichtung sog. Uploadfilter gewährleisten, die jedoch zum einen zulässige Nutzungen wie Parodien oder Satire nicht erkennen und die sich zum anderen nur die großen Plattform-Anbieter leisten können. Es werden daher erhebliche Beschränkungen der Meinungsfreiheit befürchtet, auch wenn von der Regelung Plattformen ausgenommen sind, die jünger als drei Jahre sind, weniger als 10 Mio. Euro Umsatz machen und weniger als 5 Mio. Besucher pro Monat haben.

Leistungsschutzrecht für Presseverleger

Nachdem in Deutschland bereits 2013 ein Leistungsschutzrecht für Presseverleger zum Schutz ihrer Presseveröffentlichungen gegen die kommerzielle Nutzung durch Onlinedienste eingeführt wurde, ohne dass dieses bislang zu nennenswerten Einnahmen der Presseverlage geführt hätte, sind nach Art. 15 DBM-RL Presseveröffentlichungen nunmehr auch EU-weit für die Dauer von zwei Jahren nach der Veröffentlichung gegen die kommerzielle Onlinenutzung geschützt. Ausgenommen ist lediglich – wie in Deutschland – die Nutzung einzelner Wörter oder sehr kurzer Auszüge aus einer Presseveröffentlichung.

Text und Data Mining zulässig

Die automatische Algorithmus-basierte Analyse großer Datenmengen auf verborgene Muster und Zusammenhänge (sog. Text und Data Mining), die für die Digitalisierung von Prozessen von maßgeblicher Bedeutung ist und in Deutschland bislang nur für die wissenschaftliche Forschung und nichtkommerzielle Zwecke vom Urheberrechtsschutz freigestellt war, ist gemäß Art. 4 DBM-RL zukünftig uneingeschränkt und vergütungsfrei zulässig. Daneben werden auch neue Schrankenregelungen zur Freistellung von Unterrichts- und Lehrtätigkeiten (Art. 5 DBM-RL und zur Erhaltung des Kulturerbes (Art. 6 DBM-RL) eingeführt.

Schutz von Urhebern im Urhebervertragsrecht

Erstmals werden auf EU-Ebene Regelungen zum Schutz der Urheber im Urhebervertragsrecht eingeführt, die in Deutschland bereits länger existierten. Über die deutschen Regelungen hinausgehend ist jetzt in Art. 18 DBM-RL ein allgemeiner Anspruch auf angemessene Vergütung vorgesehen. Darüber hinaus haben die Urheber gemäß Art. 20 DBM-RL zukünftig einen Anspruch auf eine zusätzliche Vergütung im Wege der Vertragsanpassung, wenn sich die ursprünglich vereinbarte Vergütung angesichts der späteren Einnahmen als unverhältnismäßig niedrig erweist. Neu ist außerdem die Transparenzpflicht der Verwerter in Art. 19 DBM-RL, die eine regelmäßige, mindestens jährliche Pflicht der Verwerter zur umfassenden Auskunftserteilung über die Art der Verwertungen, die erzielten Einnahmen und die eingeräumten (Unter-)Nutzungsrechte begründet. Außerdem wird den Urhebern in Art. 22 DBM-RL ein Recht zum Widerruf eingeräumter Nutzungsrechte eingeräumt, wenn ihr Werk nicht verwertet wird.

Fazit

Auch wenn die jetzt verabschiedeten Urheberrechtsreform auf europäischer Ebene sowohl von Kritikern als auch von Befürwortern nicht als großer Wurf angesehen wird und vielfach derzeit noch unklar ist, wie die Regelungen letztlich in den Mitgliedstaaten konkret umgesetzt und ausgestaltet werden, war es knapp 20 Jahre nach der letzten großen Urheberrechtsreform an der Zeit, längst überholte Regelungen an das digitale Zeitalter anzupassen. Ein Anfang ist beispielsweise mit der Freistellung des Text und Data Mining gemacht. Sicher ist jedenfalls, dass die Diskussionen in dem besonderen Konfliktfeld zwischen dem Schutz geistigen Eigentums und dem freien Zugang zu digitalen Diensten hiermit nicht beendet sind, sondern im Zweifel erst begonnen haben.

Dr. Christian Triebe, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Urheber- und Medienrecht und gewerblichen Rechtsschutz
Hamburg

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